"Er arbeitet bei Rexroth." In Lohr ist diese Aussage mehr als geläufig, doch manche der Frauen und Männer, die bei Bosch Rexroth täglich ihrer Arbeit nachgehen, wissen nicht mehr viel von den beiden Rexroth-Brüdern Georg Ludwig (1902 - 1999) und Alfred Rexroth (1899 - 1978), die als langjährige geschäftsführende Gesellschafter aus dem Lohrer Eisenwerk eine moderne Gießerei und Maschinenfabrik machten und auf den Weg zum Weltkonzern brachten. Der Ältere der beiden, Alfred Rexroth wurde vor 125 Jahren geboren.
Alfred Rexroth war nicht nur Chef, sondern auch begabter Techniker des Gießereiwesens. Als Anthroposoph begründete er die Partnerschaft im Unternehmen.
Sein erfülltes Leben endete am 13. Januar 1978 auf Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen, als er während eines Konzerts einem Herzinfarkt erlag. In Bochum wurde er beigesetzt. Nach Lehrjahren bei MAN in Nürnberg und dem Ingenieurstudium trat er 1923 in das väterliche Eisenwerk in Lohr ein, das unter der Nachkriegsarmut und Inflation litt.
Alfred Rexroth war es, der die Produktionsvoraussetzungen grundlegend änderte und dem Unternehmen damit eine Zukunft gab. Hoch beanspruchbarer Kokillenguss wurde zur Rexrothschen Spezialität, die das Überleben sicherte und später auch die Grundlage des Hydraulik-Erfolges bildete. Dem Erfinder und Tüftler unter den beiden bekannten Brüdern, gelangen beachtliche technische Neuerungen wie die zentrale Kupolofensteuerung und ein Verfahren zur vollen Abfallverwertung von Guss- und Drehspänen im Schmelzprozess. Alfred Rexroth konstruierte aber beispielsweise auch neue Schiffshaltevorrichtungen und anderes.
Soziale Verantwortung
Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ Alfred Rexroth das neue Gießereigebäude errichten. Seine Handschrift tragen auch die eigenartigen Hüte auf dem Gebäude in ihrer Kombination von Hyperbel und Parabel, die die Lohrer Silhouette neben den historischen Türmen so markant prägen.
Alfred Rexroth war sich auch sehr wohl der sozialen Verantwortung eines Mitunternehmers bewusst. Er unterstützte die Bestrebungen seines noch bekannteren Bruders Georg Ludwig, das Unternehmen im Geiste der Partnerschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu führen. Seine Gedanken hingen oft an neuen Unternehmensformen.
Als einer der ersten zeigte er sich bereit, den Erfolg mit seinen Leuten zu teilen. Als Anthroposoph war ihm die soziale Verantwortung als Unternehmer wichtig.
Der Unternehmenschef blieb zeit seines Lebens ein schlichter, einfacher Mensch, der in der Naturverbundenheit und in der Kunst einen Ausgleich zum harten Arbeitsleben fand.
Bei Alfred Rexroth paarten sich unternehmerisches Engagement, technisches Können und kreativer Schaffensdrang. Bei alledem blieb er immer ein Stiller und Bescheidener, der für Lohr Großes bewirkt und geschaffen hat.
Alfred Rexroth war es mit zu verdanken, dass sich aus dem kleinen und traditionsreichen Rexroth-Eisenwerk am Lohrbach im Laufe der Jahrzehnte ein Unternehmen mit Weltgeltung entwickelte. Entscheidende Weichen dazu wurden durch die Beteiligung der Mannesmann AG im Jahre 1968 gestellt. 1976 übernahm der Düsseldorfer Konzern dann ganz die G. L. Rexroth GmbH.
2001 erfolgten die Ausgliederung der Automatisierungstechnik aus der Robert Bosch GmbH und der Zusammenschluss mit der Mannesmann Rexroth AG zum neuen Unternehmen Bosch Rexroth AG. Seitdem ist es eine 100-prozentige Tochter der Robert Bosch GmbH.
Nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer des Gießereiunternehmens hatte sich Alfred Rexroth mehr und mehr der bildenden Kunst gewidmet. Ausstellungen seiner Eisengüsse in abstrakter Form fanden Anerkennung. Neben Eisen verwendete Alfred Rexroth auch Bronze, Kupfer und Silber. "Was ihn als Plastiker auszeichnet, ist neben einer großen Vertrautheit mit dem Material und einer reichen Strukturenfantasie die Disziplin, die bei aller bizarren Vielgestaltigkeit ein unkontrolliertes Wuchern der Form nicht zulässt", schrieb einmal ein Kritiker.
Abschied in Bochum
Nach seinem Tod am 13. Januar 1978 nahm eine vielhundertköpfige Trauergemeinde — darunter eine große Anzahl Lohrer Bürger — in der Johannes-Kirche der Christengemeinschaft Bochum-Glockengarten Abschied von Alfred Rexroth. Bischof Lenz (München) und Pfarrer Harlan (Bochum) vollzogen die Totenweihehandlung. In seiner Traueransprache betonte Bischof Lenz Alfred Rexroths helfende Gesinnung und beispielhafte Taten.
Ausgehend von der schicksalhaften Begegnung mit dem Nürnberger Werkmeister Ziegler in seinen Lehrjahren bei MAN, die Alfred Rexroth schon in jungen Jahren mit dem anthroposophischen Gedankengut Rudolf Steiners in Verbindung brachten, zeigte er seinen Lebensweg über die elterliche und später mit seinem Bruder geführte Unternehmung in anthroposophischer christlicher Haltung auf. Er schloss seine Erinnerungen ab mit den Worten: "So ist Alfred Rexroth für uns ein leuchtendes Beispiel des 20. Jahrhunderts, der mehr als ein Zeichen gesetzt hat. Er wird immer fortleben unter uns".
Wilhelm Ernst Barkhoff, Rechtsanwalt und Vorstandsmitglied der GLS-Gemeinschaftsbank (Bochum) und enger Vertrauter des Verstorbenen, zeichnete in seiner Rede das Bild des unvollendeten, tragischen Alfred Rexroth, auf, der letztlich als immer einsamer Sucher nur echte Heimat fand in der Liebe zu seiner Lebensgefährtin Friederike.
Oft missverstanden
Eingehend auf die beruhigende Umgebung des Waldhauses Lohr, der Natur und der Tiere, brachte Barkhoff zum Ausdruck, dass dort der Verstorbene Kraft fand für seine Unternehmungen und Aufgaben; dass er von dort aus versuchte, seine Gedanken zu verwirklichen für die Brüderlichkeit in Wirtschaft und Technik; dass dort seine Überlegungen entstanden, dass nur eine Gesellschaft freier Menschen brüderlich handeln könne. Jedoch wurde ihm nicht immer auch diese von ihm angestrebte Brüderlichkeit in Wirtschaft und Technik entgegengebracht. Er sei oft missverstanden worden.
Zähigkeit und ein langer Atem befähigten ihn, auch über Jahre hinweg ein Ziel nie aus dem Auge zu verlieren. Nur so konnte er sein Vermögen in den Dienst vieler gemeinnütziger Unternehmen für die Durchführung allgemeiner öffentlicher Aufgaben stellen und Firmen gründen, um die Gedanken der Brüderlichkeit in Wirtschaft und Technik zu verwirklichen. Als Unternehmer und Firmengründer konzentrierte Rexroth die Weltenkraft im Menschenstreben. So konnte er ein Lebenswerk hinterlassen.
Dabei behielt er seine leise, selbstverständliche Art zu helfen bei. Niemand, der ihn in wirklicher Not anging, blieb unbedacht. Materielles bedeutete ihm dann nur wenig, wenn er die Momente und Gedanken der Freiwilligkeit und Brüderlichkeit mit seinem Streben vereint sah. Schenken war seine Freude. Immer war es für ihn mit Hoffnung und Erwartung verbunden, doch blieb es immer unbestimmtes Handeln.