
Fast in Vergessenheit geraten ist Reinhard Keiser (1674 bis 1739), der zu seiner Zeit ein bekannter und geschätzter Opernkomponist war. Nicht vergessen hingegen ist seine Markus-Passion, die sogar Johann Sebastian Bach zu seinen Lebzeiten mehrmals aufgeführt hat. Nicht vergessen möchte auch Dekanatskantor Mark Genzel dieses Werk. Er eine hat eine Aufführung mit seinem Coro piccolo und vier Gesangssolisten vorbereitet.
Besonders ist der Termin: Die Aufführung wird direkt am Karfreitag um 18 Uhr in der Auferstehungskirche stattfinden. »Es reizte mich sehr, dieses Werk unmittelbar am Karfreitag aufzuführen. Für diesen Tag ist es ja komponiert worden und auch die Aufführungen der Bachschen Passionen fanden ja im Rahmen von Gottesdiensten eben am Karfreitag statt«, sagt Mark Genzel im persönlichen Gespräch vor einer Chorprobe.
Karfreitag intensiv erleben
»Für die Zuhörer bietet sich so die Möglichkeit, den Karfreitag auf sehr intensive Weise zu erleben und zum Beispiel den Besuch der Lohrer Karfreitagsprozession oder eines Gottesdienstes mit diesem Konzert zu verbinden«, so Genzel weiter. Der Coro piccolo war im Lutherjahr 2017 aus Anlass einer Aufführung der Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz entstanden. Er musiziert in kleiner Besetzung von rund 17 Sängerinnen und Sängern und widmete sich bisher vor allem der evangelischen Kirchenmusik der Barockzeit. Bei dem aktuellen Projekt wird der Chor von Elias Wolf stimmbildnerisch betreut, der auch für die Bamberger Dommusik in gleicher Funktion tätig ist.
»Die Aufführung am Karfreitag ist das erste abendfüllende Werk, das dieser Chor zur Aufführung bringt. Wenn ich mich richtig erinnere, gab es in Lohr auch schon lange keine Aufführung einer großen Passionsvertonung am Karfreitag, obwohl das ja eigentlich der naheliegende Tag dafür wäre«, meint Genzel. Er leitet öfters solche Projekte, auch mit dem Kantatenchor der Auferstehungskirche, aber dies ist Genzels erste Passion in Lohr.
Als Solisten werden Jakob Mack den Bass- und Oliver Kringel den Tenorpart (Evangelist) übernehmen. Die beiden waren schon mehrmals in der Auferstehungskirche zu hören. Die Sopransoli singt Anja Stegmann, den Alt Jasmine Koth. Begleitet wird das Ganze von der »Camerata Instrumentale« mit zeitgemäßen Instrumenten.
Geprobt wird allerdings mit den »Profis« erst am Aufführungstag am Karfreitag. Jedenfalls sind die Chormitglieder eifrig dabei, sich vorzubereiten.
»Einfach ein schönes Stück«
»Das hier ist ein neues Projekt, aber Keiser ist ein Zeitgenosse Bachs und deswegen sind die Kompositionen ähnlich. Bach habe ich schon gesungen und jetzt auch Parallelen gefunden. Die Passionsgeschichte wird von Chorälen umrahmt und so ist es in sich geformt. Einfach ein schönes Stück«, sagt der 41-jährige Hans-Christian Volk aus Lohr. Er ist schon länger bei Mark Genzels Projekten dabei und wird ihm auch weiter treu bleiben. Volk wünscht sich »noch ein wenig mehr erfahrene Männerstimmen, damit es etwas mehr ausgeglichen ist zu den Frauenstimmen.«
Zum ersten Mal bei Genzel dabei ist Manuel Mühlbauer (35) aus Lohr. Er schätzt die »gute Stimmung und schöne Atmosphäre« im Coro piccolo. »Es geht hier konzentriert, aber auch gemütlich zu. Ich singe schon seit meiner Kindheit, aber das ist schon etwas Besonderes.« Der Sänger genießt die Harmonien und das »spannende und abwechslungsreiche Stück.«

