In einem der ruhigsten Winkel des Lohrer Stadtteils Sendelbach verbringt der regional bekannte Arzt Gerd-Uwe Johnson seinen Unruhestand und kann an diesem Freitag seinen 75. Geburtstag begehen. Im Keller besitzt er eine komplette Ergometrie. Im Haus gibt es aber auch eine gut bestückte Elektronik-Werkstatt.
"Mir geht's ganz gut. Wir sind beide noch einigermaßen leistungsfähig", sagt der Arzt von sich und seiner ebenfalls promovierten Frau Morven, die er 1972 geheiratet hat. Beide berichten, dass sie fast täglich eine Fahrradtour über 20 Kilometer unternehmen (allerdings mit E-Bike-Unterstützung) und viermal in der Woche ein Video-Fitnessprogramm absolvieren.
Mediziner in vierter Generation
Stolz führt der Jubilar seine familiäre Mediziner-Tradition in vierter Generation fort. Der in Bad Ischl geborene Arztsohn kam 1959 nach Lohr und studierte in Würzburg, Paris und Glasgow Medizin. Als Kardiologe arbeitete er an den Universitäten Würzburg und Ulm und kehrte 1976 auf Wunsch seiner schwerkranken Mutter nach Lohr zurück. Er wirkte in der Inneren Abteilung des Kreiskrankenhauses und nachts als Notarzt. 1979 übernahm er Hermann Thannheimers Allgemeinarztpraxis, die er drei Jahrzehnte später samt Personal an Irina Schubert weitergab.
Nebenbei betreute Johnson die Rettungstaucher der Wasserwacht, Atemschutzgeräteträger der Feuerwehren (bis Anfang 2021) und Aktive des Technischen Hilfswerks. Er kümmerte sich nicht nur um seine Patienten, sondern darüber hinaus um die Verbesserung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum, um die flächendeckende Notfallversorgung.
Zu seinen bleibenden Verdiensten gehören der Ausbau des Rettungsdienstes in Unterfranken und ebenfalls über Jahrzehnte der Aufbau der derzeit coronabedingt eingestellten Lohrer Herzsportgruppe. Den Vorsitz der Rehasportgemeinschaft Lohr gab er erst 2014 wegen einer eigenen schweren Erkrankung ab. Inzwischen trägt er selbst einen Herzschrittmacher.
Er half aber nicht nur, damit Menschen nach einem Infarkt ein halbwegs normales Leben führen können. Johnson saß auch von 1984 bis 1990 in der Fraktion der Main-Spessart-Union im Lohrer Stadtrat, hörte aber dort aus zeitlichen Gründen und enttäuscht auf. Er hielt viele Vorträge für die Herzstiftung und zehn Jahre Vorlesungen an der Uni Würzburg. Als dort die Abteilung für Allgemeinmedizin eingerichtet wurde, half er Mediziner ausbilden.
Gerd-Uwe Johnson baut nebenbei selbst Computer zusammen und ist auch sonst handwerklich noch intensiv tätig. Das bewies er nicht nur seit dem Rohbau seines Hauses, in dem er Arbeiten vom Garten bis zum Hartlöten selbst ausführt. Auch in seiner Elektronikwerkstatt gilt sein Grundsatz: "Man muss in die Dinge reinschauen. Anschauen reicht nicht."
Zeitungen nur noch online
Reinschauen tut er nicht nur in die reichliche Fachliteratur, sondern als eifriger Leser und großer Krimi-Freund vor allem in entsprechende sozialkritische skandinavische Literatur. Zeitungen und Zeitschriften werden im Hause Johnson nicht mehr auf Papier, sondern nur noch am Bildschirm gelesen. Längst hat sich der Hausherr auf den Glasfaseranschluss vorbereitet.
Der Jubilar, der nach eigener Einschätzung schon in über 70 Ländern der Erde weilte, möchte gerne wieder in die Ferne reisen: Zunächst nach Schottland, dann auf einer Schiffstour in den Norden. Ein Leben mit Büchern und Kunst findet er schön. Aber er wünscht sich auch mehr Platz für kommunale Entscheidungen: beispielsweise für Radwege in Lohr und für einen Landschaftssee im Lohrtal bis zur Roten Mühle.
