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STEINBACH
Friedrich Karl von Hutten: Erst Schlossherr, dann Burgherr
Schloss Steinbach       -  Das barocke Schloss in Steinbach hat Friedrich Karl von Hutten wieder aufgebaut.
Foto: Hutten | Das barocke Schloss in Steinbach hat Friedrich Karl von Hutten wieder aufgebaut.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:12 Uhr

Rund 350 Jahre lang lebte in der Burg in Altengronau (Main-Kinzig-Kreis), im Volksmund Huttenburg genannt, kein Mitglied der Adelsfamilie von Hutten mehr. Seit 20 Jahren nun führen der aus Steinbach stammende Friedrich Karl Freiherr von Hutten zum Stolzenberg und seine Frau Luise mit den gemeinsamen Söhnen Frowin und Lorenz die Familientradition an der Ulrich-von-Hutten-Straße fort. Vergangenes Jahr wurde Hutten 80 Jahre alt – Grund genug für einen Besuch.

Am besten erreicht man Altengronau von Main-Spessart aus, wenn man den Sinngrund hochfährt. Hinter Obersinn kommt irgendwann die hessische Grenze, dann der Ort Jossa und als nächstes Altengronau. Würde man der Sinn weiter folgen, käme man ins schon wieder bayerische Zeitlofs und irgendwann nach Bad Brückenau.

Bezug zu Familie ist ihm wichtig

Jossa und Altengronau sind so lange schon hessisch, wie die zunächst als Ringfestung wohl schon um 1300 erbaute Huttenburg nicht mehr der Familie von Hutten gehörte: seit dem Dreißigjährigen Krieg. Damals verkaufte der inzwischen längst ausgestorbene Familienzweig von Hutten zu Gronau das kriegszerstörte Gebäude samt Waldbesitz an Hessen-Kassel. Es wurde wieder aufgebaut, ging später an die Gemeinde und diente bis in die 1960er als örtliche Schule.

Der 80-Jährige bezeichnet sich nicht als adelsstolz, legt keinen Wert auf feine Kleidung, aber auf das „von“ legt er Wert. Außerdem fühlt er sich den früheren Mitgliedern der Adelsfamilie, die um Fulda herum ihren Ursprung hat, verbunden, spricht davon, dass „wir“ die Burg einst verkauften.

Den Zusatz „zum Stolzenberg“ trägt der Steinbacher Familienzweig nach einer gleichnamigen Burg bei Bad Soden-Salmünster. In der Gegend liegen die Wurzeln der Adelsfamilie von Hutten, Hutten heißt auch ein Stadtteil von Schlüchtern.

Auch mit 80 Jahren ist der Freiherr noch hochgewachsen. Über seine insgesamt fünf Söhne, im Schnitt zwei Meter groß, sagt er gerne: „Ich habe zehn Meter Söhne.“ Wo die Größe herkommt, könne er nicht sagen, sein Vater war aber schon groß, sein Großvater auch, sein Urgroßvater dagegen sei ganz klein gewesen. Er selbst ist in London geboren, weil sein sprachbegabter Vater damals eine Stelle bei einem Verlag hatte. Stolz ist er auf den Brückenschlag über die Jahrhunderte: Sein Vater wurde im 19. Jahrhundert geboren, er selbst im 20. und sein jüngster Sohn im 21. Jahrhundert.

Den Bogen über die Jahrhunderte schlägt Hutten auch in seiner kleinen Burg. Im ungeheizten Erdgeschoss steht in einem Raum klassischerweise eine Ritterrüstung herum, dazu Hellebarden, Äxte und eine Armbrust – Fundstücke von Burg Frankenberg bei Uffenheim, die der evangelischen Linie der Familie gehörte. Bei Schulklassen kommen derlei Dinge natürlich gut an.

„Ingenieur mit Leib und Seele“

Was in dem hohen Raum auch steht, ist ein Schleudersitz. Der einstige Steinbacher Schlossherr hat Flugzeugbau studiert. „Ich bin mit Leib und Seele Ingenieur.“ Als solcher interessieren ihn an seiner Burg natürlich Details wie Schießscharten für Armbrüste und Gewehre, ein versteckter Gang unter dem Turm und ein tiefer Brunnen hinter der Burg, der früher einmal im Burghof lag.

Zur Fliegerei kam er, weil ihm die alliierten Fliegergeschwader im Zweiten Weltkrieg Angst machten, wie er sagt. Deshalb studierte er an der Technischen Hochschule Darmstadt Maschinen- und Flugzeugbau. Später arbeitete er als Diplom-Ingenieur, zuletzt in der skandinavischen Papier- und Zellstoffindustrie. Neben Englisch spricht er fließend Norwegisch und leidlich Russisch.

Natürlich hängen Bilder von Ahnen, darunter Bischöfe, in der Burg, dazu riesige Stammbäume, die bis ins 13. Jahrhundert zurückgehen. Viele Porträts wurden anhand eines einzelnen Fotos nachgemalt, versichert Hutten, die Originale wurden am Kriegsende bei der Bombardierung des Schlosses in Steinbach zerstört. Hutten lebt er mit seiner Frau im zweiten Stock, wo es schön warm ist. Inzwischen wird nicht mehr mühsam mit Holz, sondern mit Öl geheizt.

Warum Hutten nach Altengronau zog

Wie kam es, dass der Steinbacher, der nach dem Krieg das dortige Balthasar-Neumann-Schloss wieder aufgebaut hatte, nach Altengronau zog? Hutten erzählt, dass seine Mutter keine Frau neben sich geduldet habe, zudem habe sein Sohn Christoph signalisiert, dass er einmal das Schloss in Steinbach übernehmen wolle. 1983 haben sich Vertreter der hessischen Gemeinde bei ihm gemeldet, ob er als Hutten nicht Interesse an der maroden Huttenburg hätte.„Die haben gehört, da unten bei Lohr gibt's Hutten“, erzählt er.

Für eine Mark erwarb er die denkmalgeschützte Burg, richtete sie zunächst außen wieder her. Mit seiner dritten Frau Luise, einer ebenfalls hochgewachsenen Diplom-Kauffrau aus nichtadeligem Elternhaus in Schwaben, machte er sich ab 1995 an die Inneneinrichtung – das Denkmalamt, er und seine Frau teilten sich die Kosten von 900 000 Mark zu gleichen Teilen. Sohn Christoph leitete die Ausführung.

Begeisterung für alte Urkunden

Als er etwa 30 war, begann der Burgherr im Familienarchiv zu wühlen. Mit dem von ihm zusammengestellten Material entstand 2006 das Werk „Die Ritteradligen von Hutten“. Das Familienarchiv mit teils Jahrhunderte alten Urkunden nahm Hutten mit nach Altengronau, wo es im ungeheizten Nordturm der Burg lagerte. Seit vier Jahren gehört das Familienarchiv zum Staatsarchiv in Würzburg, wo es öffentlich zugänglich ist. Aber etwa die Tagebücher seines Großvaters hat er noch in Altengronau.

Worüber er sich immer noch ärgert, ist, dass der Mann seiner Tante, ein Freiherr von Teuffel, seinem Vater nach dem Krieg das halbe Familienerbe, nämlich 100 Hektar Acker und 50 Hektar Wald in Wiesenfeld, aus dem Kreuz leierte. Zwar habe sein Großvater seiner Tante diese Hälfte des Erbes versprochen, niedergeschrieben war diese Vereinbarung jedoch nie. Die teilweise nah an Wiesenfeld liegenden Äcker verkaufte Teuffel umgehend an 60 Bauern für wenig Geld, dort entstanden recht bald Wohnhäuser. Den Wald immerhin kaufte Hutten dem Sohn Teuffels wieder ab.

Unterschlupf in Wiesenfeld am Kriegsende

Zu Wiesenfeld hat Hutten insofern eine besondere Beziehung, weil er und zwei Schwestern am dortigen Gutshof sicher untergebracht waren, als am Kriegsende die Amerikaner einmarschierten. Seine fließend englisch sprechende Mutter bewahrte Wiesenfeld vor einem Beschuss durch die US-Truppen. Als er von Wiesenfeld zurück nach Steinbach kam, sah er vom Waldrand aus, wie gerade das letzte Zimmer des Schlosses mit Dach einstürzte.

So wie er es auch mit seinem Vater geregelt hatte, bekommt Friedrich Karl von seinem Sohn Christoph, dem er den Grundbesitz überschrieben hat, eine Rente bezahlt. Aus erster Ehe hat Hutten drei Söhne und eine Tochter, aus zweiter Ehe eine Tochter. Mittlerweile zählt er 14 Enkel. Nach Steinbach komme er öfter, dort möchte er dereinst auch begraben werden.

„Ich habe zehn Meter Söhne.“
Friedrich Karl Freiherr von Hutten über die Größe seiner Söhne
Friedrich Karl Freiherr von Hutten lebt mit seiner Frau Luise und den beiden Söhnen in der Huttenburg im hessischen Altengronau.
Foto: Björn Kohlhepp | Friedrich Karl Freiherr von Hutten lebt mit seiner Frau Luise und den beiden Söhnen in der Huttenburg im hessischen Altengronau.
Der Freiherr mit seiner Frau Luise Freifrau von Hutten vor einer Kopie des Familienstammbaums.
Foto: Björn Kohlhepp | Der Freiherr mit seiner Frau Luise Freifrau von Hutten vor einer Kopie des Familienstammbaums.
 
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