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Steinmark
Friedenslinde erinnert an Deutsch-Französischen Krieg 1870/71
Der Steinmarker Kohlenbrenner Andreas Emmerich IV. führte ein Tagebuch, in dem er auch die Pflanzung der Steinmarker Friedenslinde festhielt.
Foto: Repro Manfred Kern | Der Steinmarker Kohlenbrenner Andreas Emmerich IV. führte ein Tagebuch, in dem er auch die Pflanzung der Steinmarker Friedenslinde festhielt.
Ernst Dürr
Ernst Dürr
 |  aktualisiert: 06.01.2022 02:20 Uhr

Im Steinmarker Wald, zwischen Jägerkreuz und Schächerloch, steht an einer Wegkreuzung eine große Linde. Eine überdachte Sitzbank aus Holz lädt zur Rast ein. Einer Tafel können Wanderer entnehmen, dass es sich um eine "Friedenslinde" handelt, die im Jahr 1871 von Andreas Emmerich IV. aus Steinmark anlässlich der Beendigung des Deutsch-Französischen Krieges gepflanzt wurde.

Der Krieg endete zwar 1871, dass die Linde aber erst ein Jahr später gepflanzt wurde, lässt sich gleich zwei Quellen entnehmen. Der Steinmarker Kohlenbrenner Andreas Emmerich IV. (die römische Zahl steht dafür, dass er der vierte in seiner Familie mit diesem Namen war) führte von 1845 bis 1897 ein Tagebuch. Darin hielt er Geschehnisse in seinem Heimatdorf ebenso fest wie Wetter und Ernten. Auch Nachrichten aus Deutschland und der Welt schrieb er nieder, immer versehen mit ganz eigenen Kommentaren. Dem Tagebuch vertraute er auch ganz Privates an, wie etwa einen wunderlichen Elfentraum, der ihn nach seiner Überzeugung davor bewahrte, dass ein Kohlenmeiler niederbrannte.

Der Steinmarker Manfred Kern hat Auszüge daraus in seiner Steinmarker Chronik festgehalten. Zur Friedenslinde und zum Deutsch-Französischen Krieg notierte Emmerich demnach: "Im Jahr 1870 ist zwischen Deutschland und Frankreich Krieg ausgebrochen ganz ohne Ursache. Der Papst hat ein Konzil einberufen und sich für unfehlbar erklärt. Die Pfaffen und andere deutsche Päpstler und Napolion (gemeint ist Napoleon III., Kaiser der Franzosen) wollten Preußen und alle Protestanten ausrotten, aber Gott hat es zum Besten gewendet. Napolion haben die Deutschen bei Sedan mit seiner Armee gefangen, Viktor lmanuel von Italien (gemeint ist der italienische König) hat dem Papst seine weltliche Herrschaft zu gleicher Zeit genommen. Und so hat sie Gott, weil sie sich selbst erhöhen wollten, tief hinunter gestoßen. König Wilhelm von Preußen ist dann deutscher Kaiser geworden, der erste protestantische. Herrliche Siege, Elsaß und Lothringen sind wieder zu Deutsch-land kommen, die Franzosen mussten 3 Milliarden Franks bezahlen. Die Deutschen hatten 300 000 Gefangene gemacht. Dann kamen die Franzosen selbst hintereinander und brachten einander um und zerstörten Paris", beschreibt er weiter die Pariser Kommune. Dann heißt es: "Friedenslinde gesetzt, 1872 im April."

Von Lehrern geführt

Die zweite Quelle, die von der Pflanzaktion berichtet, ist die "Chronik der Landgemeinde Steinmark", ebenfalls von Manfred Kern veröffentlicht. Sie wurde von den jeweiligen Steinmarker Lehrern geführt. Georg Hiller, langjähriger Steinmarker Lehrer und Gemeindeschreiber, trug im Jahr 1893 die unter seinen Vorgängern seit 1854 versäumten Einträge nach.

Unter anderem schreibt er für das Jahr 1872: "Kaufmann Emmerich (aus) Marktheidenfeld, der Großvater des Textilkaufmanns Stahl am Oberen Tor, pflanzte draußen am Breiten Weg auf der Höhe des Schecherlochs die Steinmarker Friedenslinde mit einer Ruhebank darunter." Johann Emmerich war einer der beiden Söhne von Andreas Emmerich. Hat nun der Vater Andreas Emmerich IV. oder aber sein Sohn Johann Emmerich im Jahr 1872 die Friedenslinde gepflanzt? Man neigt dazu, beiden Chronisten zu glauben.

Die Antwort ist für jeden einfach, der schon einmal einen größeren Baum gesetzt hat. Vermutlich haben sie die Arbeit wohl beide gemeinsam unternommen. Schließlich mussten sie Grabwerkzeuge, Baum und Baumschutz vor Wild und Vieh mühsam in den Wald fahren, dann ein ausreichend großes Pflanzloch im steinigen Boden ausheben, den Baum einsetzen und das Loch wieder mit Erde füllen. Das lässt sich zu zweit leichter tun, als wenn einer allein tätig ist.

Der Steinmarker Kohlenbrenner Andreas Emmerich IV. 
Foto: Repro Manfred Kern | Der Steinmarker Kohlenbrenner Andreas Emmerich IV. 

Die von Lehrer Hiller beschriebene damalige Ruhebank existiert seit langem nicht mehr, sondern hat seitdem mehrere Nachfolger gefunden. Die aktuelle Sitzgelegenheit wurde im Jahr 2009 von Nachkommen Andreas Emmerichs IV. angefertigt.

 
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