
Die Schülerin Kisha Kilian kommt in der Seniorenresidenz Zellingen gut an. "Unser Goldstück", sagt der Rentner Franz Weberbauer. Er und viele andere Mitbewohner freuen sich, wenn sie da ist. Sie hilft immer zwei Stunden in der Woche beispielsweise beim Austeilen von Kaffee und Kuchen, geht mit den Senioren spazieren oder spielt mit ihnen "Mensch ärgere Dich nicht". Kisha ist eine von 171 Schülern im Landkreis, die sich an dem Projekt "Freiwilliges Soziales Schuljahr" beteiligen.
"Mir macht das Spaß", sagt Kisha. Die Schülerin der 8a der Mittelschule Zellingen will mal Altenpflegerin werden, da ist sie sich sicher. Insofern ist ihr freiwilliger Dienst in der Seniorenresidenz auch ein Hineinschnuppern in diesen Beruf, den auch ihre Mutter dort ausübt. Und ihr Berufswunsch hat sich dadurch gefestigt. Die Bewohner wissen das zu schätzen. Ihr wurde bescheinigt, für ihr junges Alter bereits einen erstaunlich natürlichen und offenen Umgang mit den Bewohnern zu haben.

"Das Engagement muss Spaß machen", sagt Gerlinde Stumpf, die Leiterin der Freiwilligen-Agentur des Landkreises Main-Spessart, die das Projekt "Freiwilliges Soziales Schuljahr" organisiert. Die Schüler sollen erkennen, dass sie gebraucht werden. Dies sei eine Erfahrung, die ihnen Selbstbewusstsein gibt. Zudem lernen die Jugendlichen einen Beruf kennen und können prüfen, ob dieser was für sie wäre.
Im achten Jahr
Das Freiwillige Soziale Schuljahr gibt es im Landkreis schon im achten Jahr und immer mehr Schüler machen mit. Es ist ein Angebot, das sich an die Mittelschüler der 8. Klassen und alle Realschüler der 9. Klassen im Landkreis richtet. Sie müssen sich zwei Stunden in der Woche Zeit nehmen und verbringen diese im Kindergarten, bei den Tafeln, in sozialen Einrichtungen oder im Altenheim wie Kisha Kilian. Einen Lohn neben der Anerkennung gibt es nicht. Die Schüler arbeiten ehrenamtlich.
Zum Start des Projekts im Schuljahr 2011/2012 hatten sich 103 Schüler angemeldet, wobei Gerlinde Stumpf nur in den Schulen in den vier großen Städten des Landkreises dafür Werbung gemacht hatte. Mittlerweile sind alle Real- und Mittelschulen im Landkreis beteiligt und die Teilnehmerzahl stieg stetig. Im Schuljahr 2018/19 sind es 171. "Toll", kommentiert dies Gerlinde Stumpf. "Die Jugend engagiert sich, wir haben eine prima Jugend", betont sie.
Die Stellen, in denen die Schüler ihren Dienst tun, suchen sie sich selber aus. Für viele ist der Kindergarten, den sie selbst besucht hatten, die erste Adresse. Sie helfen und unterstützen das Personal in ihrem Arbeitsalltag. Keinesfalls nehmen sie irgendjemand eine Arbeit weg, betont Gerlinde Stumpf, da achte sie sehr darauf. Im Kindergarten beispielsweise spielen sie mit den Kindern. "Als Lohn gibt es manchmal einen Heiratsantrag", lacht Stumpf.
Weitere Möglichkeiten, sich zu engagieren
Weitere Möglichkeiten sich zu engagieren, bieten alle sozialen Einrichtungen im Landkreis wie die Tafeln, in denen sehr viele Jugendliche ihren Dienst tun. Es gibt aber auch ausgefallene Alternativen wie das Archäologische Spessartprojekt. Die Schüler waren etwa bei Ausgrabungen im Kloster Einsiedel dabei. Auch als Co-Trainer im Sportverein können die Schüler ihr Soziales Jahr ableisten. Oder im Weltladen, in den Gebrauchtwarenzentren oder im Tierheim. Vieles ist möglich, dies wird zusammen mit Gerlinde Stumpf besprochen.
Als Lohn gibt es kein Geld, dafür aber ein Zertifikat von der Freiwilligen-Agentur aus den Händen des Landrats Thomas Schiebel. Dies verbessert die Chancen bei Bewerbungen, sagt Gerlinde Stumpf. Denn es beweist das soziale Engagement der Jugendlichen über die Schule hinaus. Das Projekt wird fortgesetzt. Derzeit sammelt Gerlinde Stumpf die Meldungen für das kommende Schuljahr 2019/2020 und freut sich über die große Resonanz. "Die rennen mir die Bude ein."