
Im voll besetzten Saal des Karlstadter Pfarrheims St. Maria sprach der bekannte Sozialdemokrat Franz Maget mit viel Charme und Wortwitz über das Verhältnis seiner Partei zu den Kirchen. Dabei stellte er auch sein neuestes Buch „Kirche und SPD“ vor. Als interessierte Hörer waren nicht nur Parteigenossen anwesend, sondern auch viele Vertreter kirchlicher Organisationen. Veranstalter war der SPD-Kreisverband Main-Spessart.
„Die christlichen Kirchen und die Sozialdemokratische Partei haben heute oftmals dieselben Antworten auf die aktuellen Fragen und stehen einander näher denn je!“ Das war die zentrale Botschaft des 63-Jährigen. So lässt er zum Beispiel in seinem Buch Kirchenvertreter wie den Kardinal Reinhard Marx oder Margot Käßmann neben den Politikern Frank-Walter Steinmeier und Andrea Nahles zu Wort kommen und verspricht dabei: „Sie werden oft nicht sicher sein, ob das ein Kleriker oder ein SPD-Mitglied geschrieben hat.“
Natürlich geht Maget auch auf die arg belastete Beziehung in der Vergangenheit ein. Zur Gründungszeit der Partei seien einerseits die Kirchen von der engen Verknüpfung von Staat und Kirche, vom „Gottes-Gnadentum“ fest überzeugt gewesen, sodass der politische Ansatz der SPD als Provokation empfunden werden musste. Andererseits sei auch der Fokus der Partei ausschließlich positivistisch orientiert gewesen und der jenseitsorientierte kirchliche Gedanke galt für den Klassenkampf als absolut untauglich. Die Ansicht„Religion ist Opium für das Volk“ von Karl Marx teilten auch die Sozialdemokraten.
Der Wandel setzte in den 1960er-Jahren ein, als sich die SPD mit dem Godesberger Programm von der reinen Arbeiterpartei zur Volkspartei wandelte und sich fast gleichzeitig die katholische Kirche mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil für weltliche Belange öffnete. Auch die evangelische Kirche habe einen ähnlichen Wandel durchlaufen, so Maget.
Heute nehme sich die Kirche schwerpunktmäßig sozialer Themen an, fundamentale Kritik am realen Kapitalismus sei keine Seltenheit mehr, insbesondere seit Papst Franziskus hier mit harten Worten wie „Diese Wirtschaftsordnung tötet!“ eindeutig Stellung beziehe. Mit einigem Augenzwinkern fürchtete Maget, es bestehe hier mittlerweile die Gefahr, links überholt zu werden.
Aber auch die Sozialdemokraten hätten ihre alte Haltung „wir brauchen den Herrgott nicht“ aufgegeben. Viele Genossen engagierten sich zurzeit aktiv an vorderster Stelle in kirchlichen Organisationen und mit Johannes Rau sowie Gustav Heinemann hätten bekennende sozialdemokratische Christen das Amt des Bundespräsidenten ausgeübt.
Die ehemalige Gegnerschaft habe sich inzwischen zur Gemeinsamkeit gewandelt, aus den „Anderen“ seien Verbündete geworden und der altgediente SPDler Maget sieht heute die soziale Landschaft ohne kirchliche Träger nicht mehr denkbar. Nicht zuletzt habe das Christentum auch den heute in Europa allgemein anerkannten Grundkonsens von der unantastbaren Menschenwürde mitgeprägt. Jesus wende sich insbesondere den Schwachen und Benachteiligten zu und das deutsche Grundgesetz beziehe sich in seiner Präambel ganz bewusst und explizit auf die Verantwortung gegenüber Gott und den Menschen.
Ähnliche Gedanken äußerte auch Stadtpfarrer Simon Mayer, als er bei seiner Begrüßung hervorhob, dass es heute kaum noch Unterschiede zwischen der SPD und der Kirche gebe, wenn es um den Menschen gehe. SPD-Kreisvorsitzender Harald Schneider würdigte seinen Parteifreund als authentischen und fairen Politiker, der sich stets aktiv für die Mitmenschlichkeit eingesetzt habe.