Wo wird noch mit Liebe, einer gehörigen Portion Kreativität und frischen Produkten aus der Region gekocht? Auf dem Land natürlich. Christine Kaufmann ist Landfrau und lebt mit ihrer Familie auf einem Aussiedlerhof im Wiesengrund bei Urspringen (Lkr. Main-Spessart). Ihre Eltern waren noch Vollerwerbslandwirte: Sie haben Raps, Weizen und Zuckerrüben angebaut und hielten über 100 Mastschweine. Heute leben auf dem Hof nur noch zehn Schweine, dafür zwölf Pferde, zwei Ziegen, Hasen, Hühner, Enten und die Hofhunde Ben und Kira.
Christine Kaufmann ist „Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft“, Ernährungsberaterin und Reittherapeutin. Für die Osterfeiertage hat sie sich ein Drei-Gänge-Menü ausgedacht. In ihrer urigen Küche bereitet sie Rote-Bete-Süppchen mit Ingwer zu und Rinderrouladenbraten mit Lende gefüllt. Dazu gibt es Klöße und Rosenkohl und als Nachspeise schwarz-weißes Schokoladenmousse.
Beliebt: Landfrauen-Küche im TV
„Das Schokoladenmousse lässt sich gut vorbereiten“, sagt die Landfrau. Man kann es schon am Vortag in Gläschen füllen und über Nacht im Kühlschrank lassen. Landfrauen-Küche erlebt gerade einen wahren Boom. Ein Beweis dafür sind TV-Serien wie „Landfrauenküche“ (BR), „Lecker aufs Land“ (SWR) oder „Land und lecker“ (WDR). Hier treten jeweils Landfrauen zum Wettkochen an und bewerten ihre Drei-Gänge-Menüs.
Der Ursprung der Organisation der Landfrauen, im Volksmund auch „fleißige Bienen“ genannt, geht auf das Jahr 1898 zurück: Damals gründete die Gutsfrau Elisabeth Boehm in Rastenburg in Ostpreußen den Verein für Landfrauen. Ihre Intention war es, die Lebens- und Arbeitsverhältnisse von Frauen auf dem Land zu verbessern. Sie wollte ihnen Aus- und Weiterbildung im ländlichen Raum ermöglichen. Da der Beruf der Bäuerin gegenwärtig immer mehr stagniert, finden sich im heutigen Landfrauenverband Vertreterinnen aus allen Berufs- und Altersschichten. „Heute kommen auch Frauen, die das Landleben einfach schön finden“, erklärt Lena Stegmann, Pressesprecherin beim Bayerischen Bauernverband
Während das Schokoladenmousse im Kühlschrank ruht, bereitet Christine Kaufmann den Rouladenbraten zu. Dafür legt sie sechs Rinderrouladen so aneinander, dass sie leicht überlappen. Das Fleisch bestreicht sie mit Senf, gibt gewürztes Hackfleisch und zuletzt eine ganze Schweinelende darauf. Das Ganze wird zu einem Braten zusammengerollt. „Ein Netz oder ein Wurstfaden halten den Braten zusammen“, verrät Kaufmann, die verschiedene Großküchen geleitet hat.
Fleisch zu essen, hält die Ernährungsexpertin für wichtig. „Für ein gesundes Leben ist vegane Kost nicht geeignet“, findet sie. Allerdings sollte nicht jeden Tag Fleisch auf den Tisch kommen. „Ich empfehle, ein- bis zweimal pro Woche Fleisch zu essen“, sagt sie. „Lieber weniger, dafür hochwertigeres Fleisch.“ Ihr sei es wichtig, in der Region einzukaufen und Bauernläden zu unterstützen.
Landfrauen im Bauernverband
Den Landfrauen im Bayerischen Bauernverband Unterfranken gehören aktuell 17 300 ehrenamtlich engagierte Frauen an. „Das soziale Miteinander im Verband und auf den Dörfern wird immer noch entscheidend durch die Frauen gelebt und geprägt“, erklärt Lena Stegmann. „Durch unsere Aktivitäten im Jahreslauf tragen wir dazu bei, dass sich Menschen stärker mit ihrem Dorf, mit ihrer Heimat identifizieren und die Zukunft des ländlichen Raumes mitgestalten.“ Dabei werden Veranstaltungen und Kochkurse für alle Generationen angeboten.
Christine Kaufmann hat schon im Alter von 16 Jahren zusammen mit ihrer Mutter für größere Gruppen gekocht. Als Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft hat sie die Küche der Jugendherberge Burgrothenfels sowie im Haus Sankt Burkhardt in Würzburg und das Restaurant der Akademie Frankenwarte in Würzburg geleitet. Heute ist sie selbstständig, kocht für größere Gruppen und gibt Kochkurse für das Bildungswerk des Bayerischen Bauernverbandes.
Der Braten köchelt nun im Bratrohr für eineinhalb Stunden vor sich hin.
Derweil macht die 51-Jährige die Klöße, natürlich selbst. Dafür kocht sie Kartoffeln mit Schale in Salzwasser für etwa 20 Minuten, pellt diese noch heiß und drückt sie durch die Kartoffelpresse. „Ich koche Milch auf, verrühre sie mit den Kartoffeln und würze das Ganze mit Salz und Muskat.“ Das Kartoffelmehl darüber sieben und alles zu einem Teig kneten. Abgedeckt 20 Minuten ruhenlassen. Später die Klöße formen, in einen Topf mit kochendem Wasser kochen, bis sie nach oben steigen.
Viele Mütter verwenden Fertigprodukte
Als Beilage zu Braten und Klößen reicht sie Rosenkohl. „Nur noch wenige Kinder schauen ihrer Mutter beim Kochen über die Schulter“, denkt Kaufmann. Immer weniger Mütter trauen sich, richtig zu kochen. Sie setzen stattdessen auf Fertigprodukte. „Dabei gibt es viele Rezepte, die einfach und schnell sind.“ Der Rosenkohl wird 15 Minuten gekocht, dann das Wasser abgegossen. Jetzt nimmt die Köchin Butter, schwitzt darin Speckwürfel an und gibt den Rosenkohl wieder dazu.
Nun fehlt nur noch die Vorspeise, die Rote-Bete-Suppe. Dafür nimmt Christine Kaufmann Suppengemüse und Kartoffeln und lässt alles für 20 Minuten kochen. „Die Rote Bete gebe ich halbvorgegart dazu“, sagt Kaufmann. Das Schälen dieses farbintensiven Wintergemüses würde sonst viele von der Zubereitung abhalten, denkt die Fachfrau. Dafür sieht die fertige Suppe aus wie gemalt: knallrosa durch den Zusatz von Sahne, mit Sahnehäubchen und als Krönung noch Kresse.
Kaufmanns Lieblingskochbuch übrigens ist das „Bayerische Kochbuch“, das seit hundert Jahren aufgelegt wird. Die Rezepte in der neuesten Auflage seien zwar mit weniger Fett als früher und daher kalorienärmer. Aber trotzdem sind alle Koch-Klassiker enthalten.
Rezepte
Rote-Bete-Süppchen mit Ingwer 3 Karotten 1 große Kartoffel ein Stück Ingwer 500 Gramm Rote Bete vorgegart 1 Liter Wasser 1 Messerspitze Anispulver Salz, Pfeffer, Gemüsebrühwürfel 1/2 Liter süße Sahne
Zubereitung:
Karotten, Kartoffel und Ingwer putzen, waschen und klein schneiden. Das Gemüse in einem Liter Wasser mit Salz und Gemüsebrühe weich kochen lassen. Dann die vorgegarte Rote Bete zugeben, kurz aufkochen und alles fein pürieren. Mit Gewürzen abschmecken, mit Sahnehaube und Kresse servieren.
Rouladenbraten mit Lende gefüllt
6 Rinderrouladen, 750 Gramm gemischtes Hackfleisch, 6 Scheiben roher Schinken, 2 Esslöffel Senf, 1 Schweinlende, 2 Eier, Salz, Pfeffer, Paprika, Wurzelwerk (1/2 Sellerie, 1/2 Lauch, 2 Karotten, 1 Zwiebel), 1 1/2 Liter Wasser
Zubereitung: Rouladen überlappend zu einem Rechteck auflegen, mit Senf bestreichen. Schinken auf das Fleisch legen. Hackfleisch mit Eiern und Gewürzen mischen und etwa ein Zentimeter dick auf den Rouladen verteilen. Schweinelende auf den unteren Rand legen und aufrollen. Den Braten in ein Netz schieben oder mit Wurstfaden umwickeln. Mit dem klein geschnittenen Wurzelwerk in eine Bratpfanne geben, Wasser angießen und 1 1/2 Stunden bei 200 Grad im Ofen braten. Wurzelwerk später zur Soße pürieren.
Schwarz-weiße-Schokoladenmousse
1/2 Liter süße Sahne, 1/2 Liter Milch, 2 Eier, 200 Gramm Kuvertüre weiß und 200 Gramm Vollmilchschokolade, 80 Gramm Zucker, 2 Teelöffel Vanillezucker, 6 Blatt Gelatine
Gelatine in kaltem Wasser einweichen. Milch, süße Sahne und Eier in einem hohen Topf erhitzen und dabei kräftig mit dem Schneebesen durchschlagen bis die Masse leicht dicklich wird. Gelatine, Zucker, Vanillezucker, zerhackte weiße Schokolade nacheinander zugeben, gut durchrühren. In Gläschen halb voll füllen. Dann die dunkle Masse zubereiten und auf die fest gewordene helle Masse geben.
ONLINE-TIPP
Die Zubereitung der Nachspeise gibt es als Video unter www.mainpost.de