Die Vorsitzende des Förderkreises, Christine Kasamas, begrüßte am Freitag rund 30 Personen zur letzten Veranstaltung des Jahres in der Synagoge in Urspringen. Endlich konnte der langgewünschte Vortrag mit Dr. Leonhard Scherg stattfinden, der von dem 16-jährigen Urspringer jüdischen Mädchen Serry Adler handelte, die am 28. November 1925 hier geboren und am 25. April 1942 deportiert wurde. Besonders freute sich die Vorsitzende über zwei Ehrengäste, die Serry noch persönlich gekannt haben: Eugenie Hart und Walter Otter aus Urspringen.
Zu Beginn seines Vortrages ging Scherg auf die 42 aufgestellten Tafeln mit den Namen der Deportierten aus Urspringen ein. Adler war einer der häufigsten Namen, der in Urspringen vorkam, stellte Scherg heraus. Jüngst wurde ein Gebetbuch von Lina Adler, das sie ihrer Tochter Melitta 1929 geschenkt hat und die später in Amerika lebte, dem Förderkreis übergeben. Scherg findet dies ein wunderbares Ereignis, dass das Buch wieder hier in Urspringen sein kann. Auch Aufsätze einer Thorarolle, die aus Urspringen stammen, seien aufgetaucht. An deren Erwerb werde sich der Förderkreis finanziell beteiligen.
Bereits 2016 stellte Scherg das Fotobüchlein von Serry Adler bei einem Vhs-Vortrag in Marktheidenfeld vor. Im Februar 2014 wurde er gebeten, bei der Identifizierung einer Person zu helfen, die 1942 ins Vernichtungslager Sobibor deportiert wurde. Ein polnischer Junge fand im Jahr 1942 das am Wegesrand liegende Fotoalbum mit 13 Schwarz-Weiß-Bildern. Bis zu seinem Tod behielt er es, und schließlich gaben seine Nachkommen dieses einmalige Dokument an das Nationalmuseum Majdanek. Zusammen mit Darius Pawlos von der Stiftung "Deutsch-Polnische Aussöhnung" konnte der Zusammenhang mit Urspringen hergestellt werden.
Seltener Vorname
Hier fiel gleich der seltene Vorname des Mädchens in Auge, der eindeutig Serry Adler aus Urspringen zugeordnet werden konnte. In seiner Präsentation stellte der Historiker die 13 Schwarz-Weiß-Bilder vor. Die Aufnahmen zeigen unter anderem den Besuch bei den Großeltern in Strümpfelbrunn, Ausflüge mit Freunden in den Gutenberger Forst in Würzburg, wo sie ab 1939 die Schule besuchte. Auch Verwandte, wie ihr Cousin Leo und Justin Adler und Cousine Anni Adler, waren zu sehen. Ein Porträt zeigte Selma Flörsheimer, bei der Serry Unterkunft während ihrer Schulzeit in Würzburg fand oder das Lehrerehepaar Georg und Käthe Fries, denen sie sehr verbunden war.
So nach und nach erschloss sich den Besuchern durch die Bilder, wie das Leben des jungen Mädchens, das sich kaum von anderen jungen Mädchen in der damaligen Zeit unterschied, aussah. Am Ende stellte er fest, dass dieser unschätzbare Fund, der nach über 70 Jahren wieder auftauchte, die traurige Geschichte des 16-jährigen Urspringer Mädchens Serry ist, das im Vernichtungslager Sobibor ums Leben kam.
Diese Traurigkeit empfanden auch die Besucher. "Irgendwie bedrückend, aber auch ein Wunder, dass das Fotobüchlein gefunden und dort wieder hinkommt wo es hergekommen war – da haben viele Zufälle gewirkt", so eine junge Besucherin. Im Anschluss fand noch ein reger Austausch mit den Zeitzeugen statt, die noch einige Anekdoten von jüdischen Mitbürgern zu erzählen wussten .