Lange stand der Laden an der Ecke Hauptstraße/Sterngasse in Lohr nicht leer. Im August zog die Bekleidungsfirma s.Oliver aus Würzburg aus, am Rambourfest eröffnete das City Outlet Schweinfurt dort eine Filiale. So weit ein normaler Vorgang. Auf Befremden ist aber bei der Werbegemeinschaft gestoßen, dass das Citymanagement dafür die "Lohrer Starthilfe" zahlt.
Dieses Programm ist eigentlich für Existenzgründungen gedacht und soll durch Mietkostenzuschüsse für maximal zwei Jahre den Start in die Selbstständigkeit erleichtern. So steht es jedenfalls im Internetauftritt der Stadt Lohr. Auf das City-Outlet Schweinfurt treffen diese Kriterien nicht zu. "Ich freue mich sehr für den Standort Lohr, dass Inhaberin Katja Otto mit dem City-Outlet Schweinfurt kommt, denn sie hätte sich auch für eine andere Stadt entscheiden können – schon das spricht für unser schönes Städtchen." Das hat Angelika Winkler, die Vorsitzende der Lohrer Werbegemeinschaft, auf Anfrage dieser Redaktion betont.
Ein Schweinfurter Kollege aus dem Handelsverband Bayern habe ihr zudem berichtet, dass das City Outlet dort von den anderen Inhaberinnen und Inhabern akzeptiert werde und sich gerne in die Gemeinschaft einbringe. Mit Otto habe sie schon persönlich sprechen können, als diese sich den ehemaligen Laden von s.Oliver angesehen habe. Sie habe ihr einiges über das angedachte Sortiment erzählt und sich an der Werbegemeinschaft sehr interessiert gezeigt. "Wir laden sie zu einer Sitzung ein und dabei können auch alle anderen Geschäftsleute Katja Otto kennenlernen", kündigte Winkler an.
Es gebe immer wieder Überschneidungen im Sortiment. Das lasse sich aber durch einen guten Kontakt regeln. Ebenso darf man nach Winklers Worten nicht vergessen, dass am Standort vorher ein Textilgeschäft in der 1a-Lage war und dieser jetzt wieder mit Textil belebt wird. Es sei also eigentlich keine "neue" Konkurrenz, auch wenn die reduzierten Preise ein neues Marktsegment seien. Was bei den Mitgliedern der Werbegemeinschaft auf Unverständnis gestoßen sei, "ist die Förderung im Rahmen der Leerstandsoffensive des Citymanagements", betonte die Vorsitzende. Dessen Initiativkreis gehöre sie an. Bei der Sitzung habe sie sich gegen eine Förderung ausgesprochen. Zur Begründung erklärte Winkler, dass das City-Outlet sowieso die Filiale eröffnen werde, "es bedarf also keiner Förderung, um es nach Lohr zu locken". Ebenso habe sie die Geschäftsidee nicht als neu oder einzigartig im Vergleich zu bestehenden Läden empfunden.
Das Team des Initiativkreises Citymanagement habe sich aber eindeutig mit Ja positioniert. "In einer lebendigen Demokratie bin auch ich damit zufrieden", so Winkler. Die Kolleginnen und Kollegen hätten ihre Entscheidung gut begründen können, und in einem Team sei es wichtig, alle Meinungen gelten zu lassen.
Citymanagerin Simone Neubauer erklärte, man freue sich, "dass sich nach langer Zeit wieder ein neues inhabergeführtes Textilunternehmen in der Lohrer Innenstadt ansiedeln möchte. Das ist in der heutigen Zeit nicht selbstverständlich." Jede Gründerin und jeder Gründer habe bei der Stadt Lohr ein Anrecht auf das gleiche Verwaltungsverfahren, unterstrich die Citymanagerin. Es dürfe bei der Entscheidung durch den Initiativkreis keine Rolle spielen, ob ein Gründer oder eine Gründerin "auswärtig" sei oder ohnehin nach Lohr kommen wollte. "Alle werden von uns gleich und fair behandelt", so Neubauer.
Bei der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber sei es unter anderem entscheidend, "dass es sich um ein tragfähiges und zukunftsorientiertes Geschäftsmodell mit innovativen Ansätzen handelt". Es solle das bestehende Angebot und den vorhandenen Branchenmix ergänzen und zur Stärkung der Innenstadt beitragen. Der Kriterienkatalog erlaube auch Zweigstellen oder Umzüge von außen in die Innenstadt. Es gebe auch andere Beispiele für Förderungen von etablierten Unternehmerinnen und Unternehmern im Rahmen der "Lohrer Starthilfe".
