Vor gut 30 Jahren, am 28. August 1988, geschah die Flugschaukatstrophe bei Ramstein nahe Kaiserslautern mit 70 Toten. Flugschauen wurden zunächst ganz verboten und später nur mit verschärften Bestimmungen erlaubt. Die Flugtage der 1960er Jahre auf dem Karlstadter Saupurzel wären somit heute undenkbar. Damals waren ebenfalls Düsenjäger beteiligt – wenn auch nur im Formationsüberflug und nicht im Kunstflug. Und ein Augenzeuge erinnert sich, dass einer der Kunstflieger im Rückenflug zwischen zwei Feuerwehrautos hindurchdüste.
Die Begeisterung für die Fliegerei war riesig. Der Flugtag vom Sonntag, 19. Mai 1968, lockte Massen auf den Saupurzel. Von knapp 10 000 Besuchern und rund 4000 Autos wurde berichtet. Diese parkten von der B 26 aus am Saupurzel, aber auch am damals noch nicht gesperrten Rehnütz und in der Nähe des Fliegerheims.
Düsenjäger in Formation
Ein Jahr zuvor, am 21. Mai 1967, fand der erste große Flugtag auf dem Saupurzel statt. Damit wurde zugleich das 45-jährige Bestehen des Luftsportclubs (LSCK) gewürdigt. Er war am 13. Mai 1922 gegründet worden.
Vormittags wurden zunächst Passagierflüge in Motorflugzeugen angeboten. Nachmittags machten Karbacher Modellflugvorführungen den Auftakt. Clowns brachten die Zuschauer bei ihrer Schau mit „störrischen Flugzeugmodellen“ zum Lachen.
Gegen 15 Uhr donnerten vier Düsenjäger der US-Air-Force in Formation über den Saupurzel. Es handelte sich um einstrahlige Kampfflugzeuge vom Typ F 102, produziert von Convair (Consolidated Vultee Aircraft Corporation) in den Jahren 1955 bis 1964. Typisch waren die Deltaflügel. Bekannteste Vertreterin dieser Flügelform ist die französische Concorde.
Atemberaubender Kunstflug
Ein weiterer Überflug eines Düsenflugzeugs bildete gleich den nächsten Höhepunkt. Diesmal war es ein ziviles Passagierflugzeug, eine HFB 320, gebaut von Hansa-Flug in Bremen. Bei dem zehnsitzigen Reisejet handelte es sich um das erste nach dem Krieg in Deutschland konstruierte Düsenflugzeug.
Den Atem des Publikums ließ der mehrfache deutsche Kunstflugmeister Herbert Greb stocken, als er auf seiner tschechischen „Zlin“ seine Meisterkür flog. Mit dem Tiefdecker demonstrierte er Präzision, indem er beispielsweise bei den Rollen jeweils nach 45 Grad kurz innehielt, um sich dann weiter um die Längsachse zu drehen.
Ähnlich eindrucksvoll verlief die Kunstflugschau im Segelflugzeug. Typisch war der Turn, bei dem die Maschine bis kurz vor dem toten Punkt senkrecht in die Höhe gezogen wird, um dann um 180 Grad nach unten anzukippen. Spektakulär waren Trudelvorführungen. Unterstrichen wurden die Figuren durch bunte Rauchpatronen an den Enden der Tragflächen.
Eigenwillige Konstruktionen
Aus Schweinfurt waren Fallschirmspringer angereist, die mit den damaligen kreisrunden und weniger gut steuerbaren Fallschirmen absprangen. Sie landeten teilweise weit entfernt vom Zielkreuz. Die Burda-Staffel zeigte mit ihren drei Piper-Maschinen Formationsflug. Zudem schleppten diese Hochdecker Banner hinter sich her und ließen aufsteigende Luftballons mit ihren Propellern zerplatzen.
Am Rande des Flugtags gab es etliche eigenwillige Flugzeugkonstruktionen zu sehen, darunter beispielsweise einen Eigenbau-Motorsegler, dessen Propeller sich hinter der Kabine befand. Weiterhin war der erste Motorsegler der Welt mit Wankelmotor zu Gast. Dieser Motor wurde 1957 erfunden und 1960 erstmals serienmäßig in ein Auto eingebaut. Der rote Doppeldecker „Stieglitz“ erinnerte an die Maschine von Quax, dem Bruchpiloten. Pilot und Passagier flogen ohne Kanzel über dem Kopf.
Eine 48 Mann starke US-Militärkapelle spielte auf und beeindruckte mit dem präzise synchron gespielten Solo zweier Marschtrommler. Im Nachgang des Flugtags berichtete die „Karlstadter Zeitung“, dass entgegen dem angekündigten Regen bestes Frühlingswetter herrschte: „Mailicher Sonnenschein und sommerliche Temperaturen lockten Tausende von Menschen hinaus zum Fluggelände. Mit Kindern, Kinderwagen, Hunden, Autos, Klappstühlen und Wolldecken kamen die Besucher aus allen Richtungen.“
Erstmals öffentliches Flachtrudeln
1967 dann zeigte mit Max Stadter ein Karlstadter Mitglied sein Kunstflugprogramm im Aluminium-Zweisitzer „Blanik“. Der Würzburger Weltmeisterschaftsteilnehmer Norbert Holzberger durfte mit seiner „Zlin 326“erstmals bei einem öffentlichen Flugtag das Flachtrudeln vorführen.
Fallschirmspringer des Schweinfurter Aeroclubs hatten an den Schuhen befestigte Rauchpatronen entzündet. US-Düsenjäger aus Bitburg (Eifel) überflogen das Gelände. Wieder waren die Burda-Staffel da, die Karbacher Modellflieger und eine US-Militärkapelle. Und wieder gab es außergewöhnlicher Flugzeuge zu sehen, so etwa die von Helmut Gerst aus Würzburg selbst gebaute Maschine mit VW-Motor.
Beim Flugtag Mitte der 1970er Jahre seien die spektakulären Aktionen aufgrund verschärfter Bestimmungen schon eingeschränkt gewesen, erinnert sich Walter Fresenius, der damalige Vorsitzende. Er hatte sämtliche Flugtage maßgeblich mitorganisiert. Auch der Besuch ließ nach.
Einiger zugelassener Nurflügler
Der letzte Flugtag war am 15. Mai 1983 zum 60. Geburtstag des Vereins – eigentlich mit einem Jahr Verspätung. 2000 Besucher kamen, also bedeutend weniger als in den 1960er Jahren. Das Zeitungsfoto zeigt einen Heißluftballon über dem Saupurzel. Er landete später bei Arnstein. Gleich dreimal führte Manfred Strößenreuther – Welt- und Europameister im Kunstflug – seine Kür vor. Max Stadter zeigte Kunststücke mit dem einzigen zugelassenen Nurflügler, Baujahr 1958, und dem Aluminium-Doppelsitzer Blanik.
Er stürzte später mit dem Nurflügler in Unterwössen tödlich ab. Auch die Kunstflieger Norbert Holzinger und Manfred Strößenreuther kamen bei Flugunfällen ums Leben. Rückblickend sagt Walter Fresenius, es sei ein Riesenglück gewesen, dass auf dem Saupurzel kein größerer Unfall passierte. Er erinnert sich speziell an ein Vorkommnis: Beim Flugtag in den 1970er Jahren sei ein amerikanisches Jagdflugzeug beim Anflug zu langsam gewesen und dabei fast abgeschmiert.