
Die einen reden von Integration, andere arbeiten daran: was mit einem P-Seminar am Balthasar-Neumann-Gymnasium (BNG) Marktheidenfeld vor zwei Jahren begann, wird nun als Wahlkurs einer 10.Klasse mit Engagement und Energie fortgesetzt. Scheinbar nimmermüder Leiter des Kurses „Betreuung der afghanischen Flüchtlingskinder“ ist wieder Oberstudienrat Klaus Kolper, der erneut ein umfangreiches Angebot mit den BNG-Zehntklässlern für die jugendlichen Afghanen, die hier die Grund- und Mittelschule besuchen, auf die Beine gestellt hat.
In jeder Woche ist der Freitagnachmittag für den Wahlkurs und die Jugendlichen quasi „ausgebucht“. Erst intensive Hausaufgabenbetreuung mit vielen Hilfen im Erlernen unserer Sprache, danach geht es zum Volleyball- bzw. Fußballspiel in die Halle, mit stets knapp 20 Teilnehmern. Fünf Mädchen besuchen einen Gitarre-Kurs, den FOS-Schüler Justin Laudenbach am BNG durchführt und der mit dem Engagement seiner Schüler sehr zufrieden ist.
Einige der jungen Afghanen, die den Quali mit Deutsch als Fremdsprache schon haben, gehen jetzt noch einmal in die 9. Klasse für den Quali mit „Deutsch als Muttersprache“, der aber nun auch Fertigkeiten im Fach Englisch erfordert. Die Lehrer der Fachschaft Englisch am BNG werden nun abwechselnd eineinhalb Stunden pro Woche intensiv mit den Flüchtlingskindern Englisch lernen, mit Unterstützung durch den Wahlkurs im Kleingruppenunterricht und durch den ehemaligen Vorsitzenden des BNG-Fördervereins, Thomas Klein. Weitere Schüler des BNG anderer Klassen wollen zusätzlich Nachhilfeunterricht erteilen.
Schon zweimal hat Kolper jeweils eine gemeinsame Fahrt des Wahlkurses und der afghanischen Jugendlichen organisiert, 2017 nach Oberstdorf, 2018 in die Fränkische Schweiz. Die jungen Afghanen haben selbst einen beträchtlichen Eigenanteil hierfür aufgebracht, die Zehntklässler haben in dieser Ferienwoche ihre Fahrt selbst bezahlt. Beide der sehr gelungenen Aufenthalte mit abwechslungsreichem Programm waren nur möglich, weil auch die Eltern der Wahlkursteilnehmer den Ausflug finanziell unterstützt haben.
Durch viel eigenes Engagement Klaus Kolpers und der afghanischen Jugendlichen hat man für die Ausstattung der Finanzen, die aber stets etwas knapp sind (siehe Info-Box), sehr viel getan. Beispielsweise wurde ein Bauernmarkt beim BNG-Schulfest organisiert und schon zweimal auch auf dem städtischen Weihnachtsmarkt einen Verkaufsstand. Dafür hatten Schüler der Berufs-Integrationsklasse (BIK) der BOS in Zusammenarbeit mit einem Schreinermeister aus Weibersbrunn kunstgewerbliche Holzarbeiten angefertigt und verkauft. Sie wollen dies auch 2018 wieder tun, obwohl sie mittlerweile ihre Ausbildung beendet haben.
Die Stadt Marktheidenfeld hat für 2018, dem Vorbild der Stadt Karlstadt von 2017 folgend, einen zentraleren und günstigeren Stellplatz für den Stand des BNG-Wahlkurses zugesichert, sodass auch die Waren des Bauernmarkts (Klaus Kolper plus Wahlkurs) und vor allem der angebotene Glühwein auch in faire Konkurrenz treten kann. Die afghanischen Familien backen auch wieder Spezialitäten aus ihrer Heimat, die Jugendlichen stehen selbst im Verkaufsstand und können teilweise schon mit gutem, fast akzentfreien Deutsch überzeugen.
Dass sich die Arbeit lohnt, ist offensichtlich: Einige der jungen Afghanen haben schon den qualifizierenden Hauptschulabschluss („Quali“) gemacht, haben, suchen oder bekämen eine Lehrstelle. Manche sind noch von der Abschiebung bedroht. So zum Beispiel Hashmet Hashimi, der nach einem Praktikum bei einer Firma in Altfeld eine Lehrstelle antreten sollte, für die man dort vier Jahre lang jemanden gesucht hatte. Dem Engagement der Firmenchefin und seines ehemaligen Lehrers an der Mittelschule ist es zu verdanken, dass er die Lehrstelle (mit Erfolg!) jetzt antreten durfte, und dass er weitere fünf Jahre in Deutschland bleiben darf. Einer der Schüler ist mittlerweile an die Staatliche Realschule gewechselt, wo er sehr gut zurechtkommt, den Kurs am BNG aber weiterhin besucht. Seine Schwester ist an der Mittelschule in einer regulären Klasse die Klassenbeste.