Gut 250 Gäste kamen am Mittwochabend zur Eröffnung der neuen Ausstellung des Lohrer Spessartmuseums: „Wimpel, Wald und Wanderlust – 100 Jahre Spessartbund“. „Die Anzahl der Gäste zeigt mir, dass das Thema trefflich gewählt ist“, meinte Landrat Thomas Schiebel zur Begrüßung.
Als Beispiel, dass der Spessartbund mehr ist als ein Zusammenschluss von Wandervereinen, hob Schiebel das Archäologische Spessartprojekt (ASP) hervor. War zunächst Zielsetzung, die Kulturlandschaft Spessart zu erforschen, stehen derzeit archäologische Projekte im Mittelpunkt der Arbeit. Das unterstützte der Landkreis gerne, „bekommen wir doch dafür Kulturwanderwege“, freute sich der Landrat.
Gerrit Himmelsbach ist Projektleiter des ASP und Erster Hauptvorsitzender des Spessartbundes. Der Landkreis besitze mit dem Spessartmuseum etwas Außergewöhnliches, „es spiegelt die Region“. So etwas gebe es weder im Schwarzwald noch in der Rhön.
Dass man das Jubiläum feiern könne, sei nicht selbstverständlich, blickte Himmelsbach auf eine „Spessartausstellung“ 1934 in Berlin zurück. Die Nationalsozialisten demonstrierten dort anhand „armer“ Gegenden, wie sie das Problem lösen wollten: mit Entsiedelung. Davon blieb Spessart jedoch verschont.
Der Specht muss klopfen
„100 Jahre Spessartbund“ – da müsse man „was Plastisches“ machen, sei die Überlegung gewesen. Er wies er auf den Namensgeber des Waldgebietes hin: „Der Specht muss klopfen!“ Das tue er mit dieser Ausstellung.
Museumsleiter Herbert Bald begann seine Einführung mit Empfehlungen aus dem Jahr 1926 für Wanderer im Spessart: „Rede nicht über Politik. Laß' die Hand von den einheimischen Mädchen, sonst wirst Du die der einheimischen Burschen spüren.“
Eine stilisierte Abbildung der Lokomotive „Spessart“ in der Ausstellung stehe für den Beginn der Wanderbewegung, eine Spannung zwischen zwei Lebenswelten. Die Wanderer damals seien vor allem Städter gewesen, aus Aschaffenburg oder Frankfurt. Sie wollten der Enge ihrer Städte entfliehen. „Eine Flucht aus der Technik, die nur mit Technik möglich war“, so Bald, eine Spannung zwischen zwei Lebenswelten: Die einen hatten Geld, gaben es im armen Waldland aus, „oder sollten wenigstens dazu gebracht werden“.
Bald gab einen kurzen Überblick über die Themen der Ausstellung: Wanderwege, Wanderausrüstung früher und heute habe man zusammengetragen, Theater, Brauchtum und Festkultur. Beispielhaft nannte er das „Pollaschdenkmal“, ursprünglich von einer Frankfurter Ortsgruppe für ihre Gefallenen im Ersten Weltkrieg errichtet. Als Totengedenken für den ganzen Spessartbund, sei die Feier 1933 „bräunlich eingetönt“ worden. Dass der Spessartbund sich mit seiner Vergangenheit auseinandergesetzt habe, zeige sich in der zum Jubiläum erschienen Chronik. „Die heutige Pollaschfeier ist Beleg einer lebendigen, demokratischen Vereinskultur“, so Bald.
„Handlich, offen klingend“, sei die Mandoline „das“ Instrument der „Spechte“ gewesen, lenkte der Museumsleiter den Blick auf die Begleitung der Eröffnungsfeier durch das Lohrer Zupfensemble unter Leitung von Petra Breitenbach. Zum Abschluss stimmten die Musikerinnen das Spessartlied an, wobei viele der Gäste textsicher einstimmten.
„Eispickel und Revolver, Opium gegen Durchfall, Kokain gegen Abschlaffung“ solle man mit auf eine Wanderung nehme, habe ein Arzt und Mitbegründer der Bewegung empfohlen. „Das könnte heute Probleme bereiten“, warnte Bald.
Und auch Landrat Schiebel hatte zum Thema „Rausch im Spessart“ ein Zitat parat: „Nachdem wir der hölzernen Liesl (ein Bierkrug) auf den Grund geschaut haben, wurde es dunkel in unseren Köpfen und auch in der Natur.“ Was ihn aber nicht davon abhielt, seine Gäste im Anschluss an den offiziellen Teil zum „Landratsschoppen“ und anderen Köstlichkeiten einzuladen.