"Ja danke für den Schlüssel. Ich bringe ihn zurück, wenn ich fertig bin." So unschuldig beginnt das neue Stück "Rache ist Süß" in der Gemündener Spessartgrotte, das am Freitag vor einem geimpften oder genesenen Publikum in intimer Atmosphäre seine Premiere feierte. Basierend auf der zeitlosen Komödie von Donald Churchill inszeniert Regisseurin Helga Hartmann gemeinsam mit Regieassistent Gusti Sommer eine flotte Verwechslungskomödie par excellence, die gegen Ende ganz schön schlüpfrig wurde, als langanhaltendes, humorvolles Stöhnen die Bühne erfüllte.
Die Ausgangslage ist schnell zusammengefasst: Marcia Hornbeam (Iris Katzer) steckt in der Klemme, denn die Ehefrau (Andrea Feuchtenberger) ihres Liebhabers hat ihre Affäre aufgedeckt, nachdem sie die beiden im Restaurant "Don Camillo" beim Händchenhalten beobachtet hat. Nun möchte sie Mr. Hornbeam über die Untreue seiner Frau in Kenntnis setzen. Da kommt der erfolglose Schauspieler Walter Page (Michel Schäfer), der immer noch vom großen Durchbruch träumt und als Maler bei den Hornbeams für einen neuen Anstrich sorgen soll, wie gerufen. Er soll sich als Ehemann von Marcia ausgeben, um die betrogene und vor Wut schäumende Jane an der Nase herumzuführen. Geht der Plan auf?
Michel Schäfer brilliert als Walter Page
Mit "Rache ist süß" findet ein Kammerspiel seinen Weg auf die Bühne der Spessartgrotte, das sich auf drei Figuren fokussiert, die oftmals überzeichnet, klischeebeladen und theatralisch wirken. Da braucht es talentierte Schauspieler und Schauspielerinnen, um ihnen Leben einzuhauchen und trotz skurriler und überdrehter Szenen zu überzeugen.
Leidenschaft und Spielfreude zeigte sich bei allen Beteiligten, doch besonders herausragend war an diesem Abend Michel Schäfer, dem die Rolle des abgehalfterten Walter, der seine Schauspielkarriere sowie geplatzten Träume Revue passieren lässt, aber doch nicht müde wird sich selbst und sein Können zu empfehlen, wie auf dem Leib geschrieben wirkt. Mit seiner Imitation eines italienischen Akzents sowie seinem intensiven Mienenspiel bei der leidenschaftlichen und melodramatischen Wiedergabe von Monologen aus den Shakespeare-Klassikern Henry V. oder Otello, die gegen Ende zwar etwas zu lang ausfallen und als Stilmittel überstrapaziert werden, erheiterte er das Publikum und brillierte.
Die erste Hälfte ist besonders stark
Vor allem der erste Akt, in dem sich die ungleiche und gegensätzliche Figurenkonstellation Marcia und Walter – sie nervös, hochnäsig und aufgelöst, er gelassen, ruhig und von sich selbst überzeugt - aneinander abarbeiten, begleitet von bissigen Spitzen und lustigen Dialogen, ist besonders stark. Glaubhaft vermitteln Iris Katzer und Michel Schäfer die gegenseitige Abneigung, die letztendlich in Opportunismus umschlägt. Ihr Plan ist zwar simpel, aber nicht gerade ausgeklügelt und droht im zweiten Akt an mehreren Stellen zu scheitern. Improvisation ist gefragt. Doch es sind gerade diese Stellen, die übertrieben anmuten und wo nicht jeder Witz aufgrund veralteter Rollenklischees funktionieren möchte. Das Tempo bleibt aber weiterhin flott und das Schauspiel-Trio spielt sich bis zum Ende die Seele aus dem Leib. Bis dahin erwartete die Anwesenden ein Abend mit unvorhergesehenen Wendungen und einer überraschenden Schlussszene.
Ob es Marcia und Walter gelingt, ihre Lüge glaubhaft zu verkaufen soll an dieser Stelle nicht verraten werden.
Alle Informationen zu Stück, Spielzeiten und Eintrittskarten unter https://www.spessartgrotte.de.