
Er gilt laut Historikern als der allerschlimmste Krieg in der deutschen Geschichte: der 30-jährige Krieg von 1618 bis 1648. Dass in der schrecklichen Zeit direkte Kampfhandlungen nur Nebensache waren und unter welchen heute unvorstellbaren Strapazen die Bevölkerung damals litt, erklärte Historiker Gerrit Himmelsbach anschaulich in seinem Online-Vortrag am Montagabend am Beispiel des Spessarts.
Die Präsentation war Teil der Vortragsreihe "Spessart – Geschichte einer Kulturlandschaft" des Archäologischen Spessartprojekts in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Main-Kinzig. Im nicht enden wollenden 30-jährigen Krieg waren im Spessart wie auch in anderen Regionen bei weitem nicht die meisten Todesopfer auf dem Schlachtfeld zu beklagen. Vielmehr waren es indirekte Folgen der Kampfhandlungen wie Plünderungen, verheerende Hungersnöte, Verbreitung von Seuchen, aber auch Hexenprozesse, die dafür sorgten, dass vor allem Zivilisten permanent um ihr Leben fürchten mussten.
Kaum Kampfhandlungen
Generell gab es in den 29,5 Jahren Krieg im Spessart kaum direkte Kampfhandlungen. Dennoch fanden im Spessart in Folge des Krieges ähnlich viele Menschen den Tod wie in anderen Teilen des damaligen Heiligen Römischen Reiches, in dem insgesamt etwa 40 Prozent der Bevölkerung starben. Als häufigste Todesursache damals im Spessart nennt Himmelsbach ohne zu zögern Krankheit und Seuchen; allen voran die Pest, die in den riesigen Armeezügen, aber auch in belagerten Städten perfekten Nährboden fand.
Aber auch etwa längst verdorbenes Aas, das die verhungernden Menschen aus schierer Verzweiflung aßen, machte die Spessartbewohner tödlich krank. "Während der großen Hungersnot 1635 wurden sogar Fleisch von längst verendeten Katzen und Hunden auf dem Hanauer Marktplatz verkauft", machte Gerrit Himmelsbach die grässlichen Kriegszustände bewusst.
Auch wenn die riesigen Söldnerheere keine großen Schlachten im Spessart ausfochten, so hinterließen sie auf ihren Streifzügen dennoch tiefe Spuren. Während der Hochspessart für große Truppen damals unpassierbar war und dieser Teil der Region vom Krieg weitgehend unbehelligt blieb, waren vor allem die Birkenhainer Landstraße von Gemünden nach Hanau, aber auch die Randgebiete des Spessartwaldes Durchgangsgebiet aller möglicher Armeen.
In den Bankrott getrieben
Schlüchtern musste laut Himmelsbach etwa beinahe in jedem Kriegsjahr eine Einquartierung von Truppen aller Couleur hinnehmen. Schon früh hatte die Gemeinde die Versorgung der Soldaten an den Rand des Bankrotts getrieben, bis sie sich das Schutzgeld, das sie vor Plünderungen bewahrte, schließlich nicht mehr leisten konnte. Selbst vor 'befreundeten' Truppen musste man sich fürchten, wie eine Schriftquelle beweist: "Sie haben so gehauset, daß es der ärgste Feindt nicht wohl gröber hätte machen können."
Interessant war auch die Geschichte Frammersbachs während des großen Glaubenskrieges. So kam vor wenigen Jahren durch einen Laserscan eine ehemalige schwedische Sternschanze zum Vorschein, die in der Nähe der heutigen Waldschlossbräu stand. Außerdem beeinflusste der Krieg die große Fuhrmannsgeschichte des Ortes sehr. Während zu Beginn die Geschäfte florierten, brachen sie ab 1635 fast völlig ein. "Schließlich waren die goldenen Zeiten der Frammersbacher Fuhrleute mit dem 30-jährigen Krieg zu Ende", resümierte Himmelsbach.
Große Flüchtlingsströme
Schließlich machte der Historiker bewusst, dass die Folgen des Krieges bisher ungeahnte Mobilität und den Austausch zwischen den Ortschaften mit sich brachte. So zogen Schlachten, Plünderungen, Hungersnöte und Verfolgungen permanent große Flüchtlingsströme mit sich. "Oft waren mehr Flüchtlinge in einem Ort als Einheimische", erklärte der Referent.
Andernorts waren Dörfer aufgrund immenser Todesopfer und Bewohner, die jahrelang mit einer Armee zogen, fast menschenleer, weshalb es zu massiven Umsiedlungen kam. "Die Menschen tauschten sich in jeglicher Hinsicht aus", sagte Gerrit Himmelsbach. "Hauptsache der Glauben stimmt, war damals das Motto."