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Fischers Fritz: Die Ketten
Oh herrliche Frühlingszeit       -  _
Roland Pleier
 |  aktualisiert: 19.06.2015 14:45 Uhr

Fischers Fritz

Ihr lieben Leut!

Diese Woche war für mich die Woche der Kette. Nein, ich mein nicht meine Fahrradkette. Die surrt ganz unverdrossen wie eh und je. Nein, diese Woche bin ich mal eingetaucht in die Marktheidenfelder Geschichte: Ich war im Stadtarchiv. Dabei bin ich auf eine Zeitungsnotiz aus dem Jahr 1960 gestoßen: Ein Mitglied des Stadtrates habe bemängelt, dass die Amtskette des Ersten Bürgermeisters während der ganzen Sitzung auf dem Tisch gelegen habe, mit Ausnahme der Vereidigung der neuen Stadträte. Im Hinblick auf den hoheitlichen Charakter der Stadtratssitzungen und die Würde des Hauses solle der Bürgermeister die Amtskette in jeder Sitzung tragen. Soweit das damalige Stadtratsmitglied.

Das hat meine Fantasie beflügelt. Wie wären heute die Reaktionen auf so ein Ansinnen? Nun, da könnte der Kalauer kommen: Unsere Bürgermeisterin trägt in der Regel Halstuch. Sie muss keine Kette tragen. Bei uns darf sie frei herumlaufen. Pardon! Vielleicht bekäme ich (von einem Bedauernden) die Antwort: Gute Idee, der Mann hatte Recht. Warum sind wir nicht darauf gekommen?

Oder (von einem „aufgeklärten“ Historiker): Die Amtskette ist eine preußische Erfindung. Sie geht auf eine Anordnung des Reichsfreiherrn vom und zum Stein zu Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Wir sind doch Franken und leben 200 Jahre später. Also bitte nicht!

Oder (von einem früheren „Revoluzzer“): Die 68er haben die sprichwörtlichen alten Zöpfe abgeschnitten, warum sollten wir sie wieder flechten? Oder (von einem Skeptiker): So hoheitlich und würdig geht es in unserem Stadtrat nun doch nicht zu! Oder (von einem Wortspiele liebenden Philosophen): Die Amtskette ist Symbol der Würde, aber unser Amt mehr Bürde!

Oder (von einem Spötter): Wenn das Tragen der Kette die Würde des Hauses heben könnte, würde die Bürgermeisterin wohl mehrere Ketten mit sich herumschleppen. Oder (von einem Überzeugten): Der hoheitliche Charakter der Sitzungen und die Würde des Hauses kommen auch ohne das bloße Symbol der Amtskette hinreichend zum Ausdruck.

Bevor ich mich jetzt Vorwürfen aussetze: Obwohl ich in den Klammern die männlichen Bezeichnungen verwendet habe, können die Äußerungen selbstverständlich auch von einer Dame stammen. Hätte, hätte . . . Fahrradkette. Sei's drum: Was meinen Sie, liebe Leserinnen und Leser, zum Thema Amtskette? Denkr drüber nach am Wochenende. Euer Fischers Fritz

 
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