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HÄDEFELD
Fischers Fritz
Oh herrliche Frühlingszeit       -  _
Redaktion
 |  aktualisiert: 07.01.2016 14:52 Uhr

Ihr lieben Leut! Manchmal, wenn ich mit dem Bus von Hädefeld nach Würzburg fahre, höre ich Jugendlichen zu, wie sie sich unterhalten. Ich weiß, das gehört sich eigentlich nicht, aber interessant ist es allemal. Die verwenden Worte, mit denen keiner von uns, die wir im besten Alter sind, etwas anfangen kann. Oder hättet ihr gewusst, was ein Arschfax ist? Eine Speckbarbie? Eine Gammelfleisch-Party?

Um zu verstehen, was das alles bedeutet, habe ich mir ein Buch gekauft. Es heißt „Hä?? Jugendsprache unplugged 2013“ und hat nur 3,99 Euro gekostet. Dadurch habe ich gelernt, dass ein Arschfax das Unterhosenetikett ist, das einem aus der Hose hängt. Eine Speckbarbie ist eine aufgetakelte, übergewichtige Frau in zu enger Kleidung. Und eine Gammelfleisch-Party feiern Leute, die älter als 30 sind. Alles klar?

Ein Wort, das mir nicht mehr aus dem Kopf geht, seit ich das Buch habe, ist „Niveau-Limbo“. Wenn junge Menschen davon sprechen, meinen sie, dass das Niveau immer weiter absinkt, etwa im Fernsehen.

Ein Paradebeispiel dafür ist der Sender RTL II – Prekariats-TV für Primitivlinge, die auf das Leben der anderen herabschauen, die noch weiter unten stehen als sie selbst.

Ich gucke das freilich nie – nur am Dienstag habe ich mal eine Ausnahme gemacht. Da kam abends um elf in der Sendung „RTL II Spezial. Das Magazin“ ein Beitrag über Altenbuch. Das Spessartdorf gehört inzwischen zum Landkreis Miltenberg. Bis in die siebziger Jahre war es jedoch Teil des Landkreises Marktheidenfeld, weshalb ich mich mit den Menschen dort immer noch irgendwie verbunden fühle. Nun könnte man meinen, in einem 1250-Seelen-Kaff läge der Hund begraben – aber weit gefehlt. Seit Dienstag weiß ich: In Altenbuch geht zumindest einmal im Jahr so richtig die Lutzi ab, wenn die „Dirty-Showgirls“ aus Nürnberg zusammen mit einem Stripper zur „Wet & Wild-Party“ in die Festhalle kommen. Da hüpfen nicht nur viele Nackedeis rum; es fließt auch Alkohol in rauen Mengen.

Die Idee, Tänzerinnen zu bestellen, die dann vor den Augen aller ihre Hüllen fallen lassen, stammt ausgerechnet von einem Verein, der stets adrett gekleidet auftritt: den Altenbucher Trachtlern. Ihr Vorsitzender sieht darin keinen Widerspruch. Er sagt, wenn man die Jugend für den Trachtenverein gewinnen wolle, dann müsse man ihr auch was bieten. Aus, Äpfel, Amen!

So heile, wie das bei der freizügigen Fete den Anschein erweckt, ist die Welt in Altenbuch aber nicht. Vor allem der Pfarrer zürnt ob der zügellosen Fleischbeschau, denn sie findet ausgerechnet im Rahmen des katholischen Kirchweihfestes statt. Pfui Teufel, denkt er sich – sagt es aber nicht, zumindest nicht den Reportern von RTL II, denen er ein Interview verweigert hat.

Weniger zugeknöpft ist da der Zweite Bürgermeister Bernd Ritzler. Er bezeichnet die ungewöhnliche Form der Brauchtumspflege als „eine Bereicherung für die Gemeinde Altenbuch“. Er selbst hat auch schon mitgefeiert, zumindest ein bisschen. Na, wenn das mal bloß nicht der Papst erfährt, zu dessen Audienz Ritzel vor vier Jahren mit einem 1958er Fendt-Traktor nach Rom getuckert ist!

Ich bin ja mal gespannt, ob wir im Raum Hädefeld auch bald einen Verein haben, der sich zum Zwecke der Nachwuchsförderung lose Weiber aus der Stadt holt. Oder ob es alle Vorsitzenden, die von Personalsorgen geplagt werden, geschickter anstellen – und lieber heimlich Fahrten ins sündige Altenbuch organisieren. Euer Fischers Fritz

 
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