Ihr lieben Leut!
Es ist jedes Jahr das Gleiche: Nichts fällt mir schwerer, als mich an Dreikönig von meinem liebevoll geschmückten Weihnachtsbaum zu trennen. Wenn die Natur mitspielen würde, dürfte das gute Stück bis Ostern in meinem Wohnzimmer stehen und die Kerzen könnten jeden Abend heimelig leuchten. Aber leider lässt meine Nordmanntanne spätestens in der zweiten Woche des neuen Jahres ihre Flitschen hängen und nadelt wie verrückt.
Also: Runter mit dem Lametta und dem ganzen Engel-Glöckchen-Kugel-Zeugs und dann raus aus der Wohnung mit dem Monstrum. Die schnellste und sauberste Variante, sich seines Baumes zu entledigen, wäre die der Schweden: Fenster auf und – huuuuiiiiiii! Aber wenn das die Herren Brand und Michalke vom Ordnungsamt erfahren würden, dass ich meinen Baum einfach so auf die Straße wuchte, dann wären sie sicher wenig begeistert. Im Bußgeldkatalog der Stadt steht zwar nix drin, wie teuer es wird, wenn man seinen Christbaum zum Fliegen bringt, aber eine „allgemeine Ordnungswidrigkeit“ wäre das bestimmt.
Deshalb habe ich auch dieses Jahr meine altersschwache Tanne durchs Treppenhaus geschleift und sie erst mal in den Garten neben den Komposthaufen gelegt. Mit Schäufelchen und Handbesen bin ich dann den gleichen Weg noch mal gegangen und habe die abgefallenen Nadeln weggefegt. Sobald in der Zeitung steht, wann der Baum abgeholt wird, nehme ich ihn huckepack und lege ihn an den Straßenrand.
Eigentlich ist das Dreikönigsfest ja ein denkbar schlechter Tag, um sich von seinem Weihnachtsschmuck zu trennen. Nehmen wir doch nur mal die Krippe. Nach dem Kirchenkalender ist sie am 6. Januar gerade erst komplett – wenn die Weisen aus dem Morgenland ihre kostbaren Geschenke in Bethlehem niederlegen.
Bei uns in Hädefeld könnte man mit dem Abbau der Krippe sogar noch länger warten. Denn die heiligen drei Könige kommen nicht nur an einem Tag, sondern gleich an drei Tagen. Bei mir waren sie schon und sie haben auf meinen Türsturz mit geweihter Kreide die Zeichen 20*C+M+B*12 CMB aufgemalt. Das bezeichnet einerseits die Könige selbst (sie heißen Caspar, Melchior und Balthasar), andererseits deutet man es auch als „Christus Mansionem Benedicat“ (das ist lateinisch und heißt im Deutschen: „Christus segne dieses Haus“).
Ja, da staunt ihr, was der Fritz alles weiß! Ich war schließlich auch mal Ministrant. Zu meiner Jugendzeit war es so, dass keiner Lust hatte, der König mit der dunklen Hautfarbe zu sein. Denn der bekam erst eine Ladung Nivea ins Gesicht und obendrauf kam dann Ruß. Die Schuhcreme, die in späteren Jahren zur Veränderung des Teints verwendet wurde, konnte man da schon etwas zielgenauer verstreichen. Und heute, mit der braunen Theaterschminke, geht alles wie geschmiert!
Die größte Freude für einen Ministranten war und ist, wenn er von den Leuten, an deren Türe er geklingelt hat, Süßigkeiten bekommt. Das aber natürlich auch nur dann, wenn die Sachen genießbar sind. Ich erinnere mich an eine Familie, die an Dreikönig genau wie beim Ratschen an Ostern immer Schokolade gegeben hat, die schon alt war und weiße Flecken hatte. Weil wir Kinder uns das irgendwann nicht mehr gefallen lassen wollten, haben wir die Tafeln eines Tages direkt zurück in den Briefkasten geworfen. Die Familie hat sich dann beim Pfarrer über uns „undankbare Flegel“ beschwert!
So weit soll es heute nicht mehr kommen – daher meine Bitte an alle, die noch keinen Besuch von den Sternsingern bekommen haben: Gebt ihnen nicht nur etwas Süßes, sondern auch eine gute Spende, denn sie sammeln diesmal für Straßenkinder in Nicaragua. Das wünscht sich Euer Fischers Fritz