Ein Kran ist nicht einfach ein Kran. Schon gar nicht, wenn er in einem Atomkraftwerk steht. Dort ist ein Kran ein wichtiges Hilfsmittel, denn es gibt viel zu heben. Weil es jeweils um Tonnen von Gewicht geht, die zu heben und zu verlagern sind, geht es auch um Sicherheit.
Das ist das Metier der KL Krantechnik und Logistik GmbH aus Langenprozelten (Lkr. Main-Spessart). Sie ist in sieben deutschen Atomkraftwerken zu Gange, um die Kräne und Hebeanlagen zu warten.
Im Schnitt stehen in einem Atomkraftwerk 70 Kräne
Da kommt Einiges zusammen: 70 Kräne stehen nach KL-Darstellung im Durchschnitt in einem AKW. Hinzu kommen jeweils Hunderte kleinerer Hebeanlagen, die für Laien mitunter wie Flaschenzüge aussehen. Macht also unterm Strich Tausende solcher Geräte, die die Langenprozeltener unter ihren Fittichen haben.
Einmal im Jahr muss geprüft werden
Jeder dieser Kräne müsse ein Mal pro Jahr geprüft werden, erklärt KL-Betriebsleiter Christof Desch (52). Das und andere Leistungen haben seinem Unternehmen zuletzt einen Jahresumsatz von 2,5 Millionen Euro beschert. Das war einmal mehr: Bis zur Atomkatastrophe 2011 in Fukushima und dem dann folgenden Atomausstieg in Deutschland lag der Jahresumsatz von KL noch bei bis zu vier Millionen Euro. 50 Mitarbeiter hatte der Handwerksbetrieb damals, heute sind es noch 35. Das Abschalten von Atomkraftwerken habe bei KL deutliche Spuren hinterlassen, fasst Desch zusammen.
Atomausstieg ist für KL auch eine Überlebensgarantie
Dennoch ist die Energiewende auch so etwas wie eine Überlebensgarantie für KL, zumindest für die nächsten 20 bis 30 Jahre. Denn beim derart lange dauernden Abbau von Atomkraftwerken ist KL im Spiel – auch in Grafenrheinfeld bei Schweinfurt, dessen AKW Mitte 2015 abgeschaltet wurde. „Die Krananlage ist dann ja immer das Letzte, was rauskommt“, erklärt Geschäftsführer Norbert Echterhoff. Will heißen: Beim Abbau eines Atomkraftwerks müssen bis zum Schluss große Lasten gehoben und weggeräumt werden. Also wird auch KL bis zum Schluss die Kräne und Hebeanlagen warten, reparieren und auf Sicherheit prüfen – entsprechende Aufträge vorausgesetzt.
Aktenordner voll mit Nachweisen und Zertifikaten
Davon dürften die Langenprozeltener ausgehen können. Denn seit 20 Jahren sind sie heuer im Geschäft. Die Zertifikate und Nachweise für die speziellen Qualifikationen der Belegschaft füllen Aktenordner. Von jenen Unterlagen ganz zu schweigen, die den streng geregelten Zugang in Atomkraftwerke gewährleisten. Eine Mitarbeiterin in der unscheinbaren KL-Zentrale in einem Langenprozeltener Gewerbegebiet kümmert sich allein um den mit diesen Genehmigungen und dem Strahlenschutz zusammenhängenden Bürokram.
„Man kennt uns“
Allein all diese Sicherheitsvorschriften zuverlässig seit Jahren zu meistern, sieht man bei KL als Beweis für Zuverlässigkeit und Erfahrung an. Unter den AKW-Betreibern „kennt man uns“, gibt sich Betriebsleiter Desch selbstbewusst. Kein Wunder, die Nische, in der sich KL bewegt, ist sehr klein. Geschäftsführer Echterhoff (52) drückt es so aus: „Wir sind Exoten.“ Gerufen werden die Experten von KL im Übrigen auch, wenn es in Kraftwerken beim Bewegen von tonnenschweren Gegenständen besonders kompliziert zugeht. Oder wenn aufgrund von Vorschriften besonderes Personal gefragt ist.
Speziell geschulte Mitarbeiter für Schienenfahrzeuge
Zum Beispiel dann, wenn mit Hilfe eines auf Schienen fahrenden Spezialfahrzeuges etwas Schweres gezogen werden soll. Weil dieses Fahrzeug wie eine Lokomotive einzustufen sei, dürfe es laut Gesetz nur von einem entsprechend lizenzierten Fahrer gesteuert werden, erläutert Echterhoff. Außerdem müsse vor und hinter diesem Fahrzeug jeweils ein ebenfalls dafür geschulter Mitarbeiter mit einer Signalfahne laufen. KL habe die Zulassung für solche Arbeiten. Wie eine Werkstatt beim Auto hat KL bei den Kränen in Kraftwerken die Rolle, sie auf die alljährliche TÜV-Prüfung vorzubereiten. Auf kleinere Hebeanlagen dürfen die Langenprozeltener selbst die Prüfplakette kleben, dafür haben sie als verlängerter Arm des TÜVs die amtliche Lizenz.
Firma wird 20 Jahre alt
Alles begann für Betriebsleiter Desch 1989. Eines Tages musste der ausgebildete Elektriker und Nachrichtenmechaniker auf Bitten seines Onkels in einem Atomkraftwerk einen großen Kran prüfen. Ein Spezialauftrag, der den Weg zur Gründung von KL im Jahr 1997 ebnete. Echterhoff wiederum ist gelernter Blechblasinstrumentenbauer, sattelte dann auf Gas- und Wasserinstallateur um, wurde schließlich noch Zerspanungsmechaniker und stieß 1991 zu der von Desch gegründeten Vorgängerfirma von KL.
Seither arbeiten die beiden Seit' an Seit' – in einer exotischen Nische.