
Solche Nachrichten machen einfach Spaß. Nicht nur wegen der derzeit häufigen Klagen über Corona und die schlechte Lage vieler Branchen. Nicht nur wegen Sätzen wie "Wir bleiben hier in Marktheidenfeld". Nein, Fertig Motors am Dillberg kann nach zehn Jahren nicht nur auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken, sondern hat auch einen anderen Blick aufs Geschäft als viele andere. Beispiel: "Just-in-time ist für uns ein Unwort", sagt Firmengründer Erwin Fertig. Oder "Made in Germany" sei ihm sehr wichtig. Bei beidem blickt auch Geschäftsführer Dietmar Hamberger optimistisch in die Zukunft: "Ich denke, dass hier ein Umdenken kommt, auch in Richtung Produktion in Deutschland."
Die Zahlen ihres Unternehmens geben ihrer Strategie recht: Rund 23 Prozent beträgt das Wachstum in diesem Jahr, am Ende werden es etwa 28 Millionen Euro Jahresumsatz sein. Dass es positiv weitergeht, da sind sich die beiden beim Blick auf die nächsten fünf Jahre sicher. In der Antriebstechnik gebe es noch reichlich Nachholbedarf und auch jetzt, wie vor einigen Jahren schon, kommt Fertig Motors wieder mit neuen Produkten auf den Markt, deren Resonanz die Einschätzung von Geschäftsführer Hamberger bestärkt: "Ich bin mir sicher, dass das ein Renner wird." Das gelte für die Linearmotoren ebenso wie für die Elektrozylinder, vor allem aber für die Motoren mit integrierter Steuerelektronik.
Täglich werden rund 420 Motoren gefertigt
Bei der Produktion von Servomotoren gehört das Marktheidenfelder Unternehmen inzwischen zu den führenden Herstellern in Deutschland. Fast 100 000 wurden allein 2020 gefertigt, rund 420 Motoren am Tag. Besonders im Frühjahr und auch jetzt wieder sei die Nachfrage so groß, dass das Unternehmen zu den 113 Beschäftigten zusätzliche Leiharbeiter eingestellt hat. Qualifiziertes Personal zu finden ist schwierig, trotz attraktiver Arbeitsbedingungen und Betriebsrente, sagt Hamberger. Und in dem erst 2017 in Betrieb genommenen zweiten Werk wird der Platz auch schon wieder eng.

Zumindest ein neues Logistikgebäude braucht es in absehbarer Zeit, vermutlich aber mehr. Nicht für alles wird noch Platz auf dem Firmengelände sein. Dass es in der Produktionshalle langsam eng wird, liegt nicht nur am Lager, das "eine Reichweite von gut sechs Monaten" bedeutet und sich gerade in Corona-Zeiten als Vorteil gegenüber der Konkurrenz erwiesen hat, sondern auch an den Maschinen. 16 hochmoderne CNC-Maschinen laufen hier. Alleine 2,5 Millionen Euro hat Fertig Motors in diesem Jahr in Maschinen und Ausrüstung investiert.
So wurden beispielsweise für jeweils rund 800 000 Euro zwei neue Fräs- und Drehmaschinen angeschafft. Automatisierung ist den Verantwortlichen wichtig. "Das Fräszentrum kann bis zu 38 Stunden völlig alleine laufen", berichtet Hamberger. Alle Mitarbeiter seien ehrgeizig und motiviert, weitere Möglichkeiten der Automatisierung zu finden. Das erleichtere das Arbeiten, ermögliche das Beschränken auf einen Zwei-Schichtbetrieb und niemand müsse Sorge haben, dass er sich selbst wegrationalisiere. Arbeit gibt es genug, betont der Chef.
Auf Alleinstellungsmerkmal achten
"Wir achten sehr darauf, dass wir ein Alleinstellungsmerkmal haben", betont Erwin Fertig. Das beinhaltet das Streben nach neuen Produkten, die der Markt nachfrage. Deshalb leiste sich das Unternehmen auch eine 17-köpfige Entwicklungsgruppe und investiere hier Millionenbeträge. Mut zu zeigen hat sich für Fertig Motors bislang immer ausgezahlt. Beispielsweise den, ein eigenes großes Lager zu unterhalten.
Mehr aber noch bei der Entscheidung, viele Vorprodukte selbst herzustellen, statt sich damit beliefern zu lassen. "Das war ein Sprung ins eiskalte Wasser", gibt Erwin Fertig zu, "den wir aber auf keinen Fall bereuen." Dadurch habe man ganz viel Unabhängigkeit und ein Höchstmaß an Flexibilität gewonnen, stellt auch Dietmar Hamberger fest. "Wir können dadurch auf Kundenwünsche sehr gut eingehen."
Erwin Fertig ist ein "Wiederholungstäter"
Firmengründer Erwin Fertig ist Wiederholungstäter. So eine Erfolgsgeschichte wie mit Fertig Motors hat er schon einmal geschrieben, als er vor mehr als 40 Jahren in einer Garage in Neustadt am Main mit ELAU begann. 2005 wurde ELAU, inzwischen Weltmarktführer in der Automationstechnik für die Verpackungsindustrie, von Fertig an Schneider Electric verkauft. Mancher von der alten Mannschaft hat in den vergangenen Jahren seinen Weg zu Fertig Motors gefunden.

Der erste war Andreas Wiese, der mit seinem alten Chef wieder ganz von vorne anfing. Der Allererste in der Firma, so betont es Dietmar Hamberger, war natürlich Erwin Fertig selbst. Ohne seine Leidenschaft, sein Talent und seinen Spürsinn hätte es nicht funktioniert. "Das ist Antrieb für uns", sagt Hamberger, der dem Firmengründer für" zehnjährige Betriebszugehörigkeit" ein besonderes Geschenk machte: Für zwei Sessel im Würzburger Mainfrankentheater hat das Unternehmen eine Patenschaft übernommen – Gelegenheit für Erwin Fertig, zuweilen ganz entspannt Platz zu nehmen.