Es ist kein leichtes Erbe, das das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg mit der Geschäftsübernahme des Zweckverbands Fernwasserversorgung Mittelmain angetreten hat. Die Brunnen des FWM liegen allesamt im Main-Spessart-Kreis. Und da besteht reichlich Handlungsbedarf.
Etwa die Hälfte des Wassers, das der FWM an die 22 angeschlossenen Gemeinden in den Landkreisen Main-Spessart und Würzburg liefert, stammt aus einer Galerie von insgesamt 15 Brunnen in Rodenbach bei Lohr und Erlach, dem Ortsteil von Neustadt. Rund zwei Millionen Kubikmeter Trinkwasser werden jährlich dort gefördert.
Vor allem Landwirte kritisieren die geplante Ausweitung der Wasserschutzgebiete um die Brunnen in Rodenbach. Dabei müssen die Schutzzonen dringend vergrößert werden, um ausreichend gegen ein mögliche Verschmutzung der Brunnen gewappnet zu sein, sagt die neue stellvertretende FWM-Werkleiterin Eva von Vietinghoff-Scheel. Ein altes Schutzgebiet war 2011 per Gerichtsentscheid aus formalen Gründen aufgehoben worden, gilt aber zunächst fort. Eine neue Schutzgebietsverordnung kam bislang nicht zustande.
Vietinghoff-Scheel will das ändern, und zwar ganz schnell. Nach der derzeitigen Rechtslage dürfte in nächster Nähe zu den Brunnen sogar Gülle ausgebracht werden. Aus Sicht der Juristin ein unhaltbarer Zustand.
Seit genau 100 Tagen führt das Würzburger Kommunalunternehmen die Geschäfte des Zweckverbands. Die eigenständige Geschäftsstelle wurde aufgelöst. Werkleiter Walter Höfling, zugleich Fraktionsvorsitzender der CSU im Kreistag in Karlstadt, ging in den Ruhestand.
Verwundert über Widerstand
Dass die Schutzgebietsausweisung bisher auf so viel Widerstand gestoßen ist, kann der Vorstand des Würzburger Kommunalunternehmens, Alexander Schraml, nicht verstehen. „Unterfranken ist Wassermangelgebiet und muss aus anderen Teilen Bayerns mitversorgt werden, da habe ich mit mehr Verständnis gerechnet“, sagt er. Schließlich erhielten Landwirte für die Einschränkungen durch trinkwasserschonende Wirtschaftsweise eine Entschädigung.
Die fehlende Akzeptanz mag aber auch damit zusammenhängen, dass ein Großteil des am Rande des Spessarts geförderten Wassers im Landkreis Würzburg verbraucht wird. Auf die einfache Formel gebracht: Die Würzburger haben das Wasser, wir draußen die Einschränkungen.
Gemeinsam mit der Stadt Lohr habe das Kommunalunternehmen jetzt einen neuen Anlauf zur Anpassung des Schutzgebiets übernommen, sagt Schraml weiter. Nach seinen Worten läuft alles auf ein gemeinsames Schutzgebiet hinaus, das sowohl die FWM-Brunnen als auch die Brunnen der Lohrer Wasserversorgung im Ortsteil Wombach umfasst. Gleichzeitig will man eine Verbindung zwischen dem FWM-Netz und dem Lohrer Wassernetz schaffen, um im Notfall die Versorgung der Stadt zu sichern. Bislang stünde die Stadt nämlich ohne Trinkwasser da, wenn es etwa zu einer Verschmutzung der Brunnen käme.
Bürgerinitiative gegründet
An Akzeptanzgrenzen stößt der FWM auch in Hofstetten. Mit dem damaligen Ziel, sein Versorgungsgebiet weiter auszudehnen, begann der Zweckverband dort in den späten 1960er Jahren mit der Erschließung von sechs Tiefbrunnen. Die Brunnen wurden gebaut, gingen aber nie in Betrieb. Nach einem Pumpversuch im Jahr 2000, bei dem der Grundwasserspiegel erheblich sank und der eigene Brunnen in Hofstetten versiegte, schlossen sich die Brunnenkritiker zu einem Verein zusammen.
Einen Grund, die Brunnen zu erhalten, auch im Hinblick auf den Klimawandel, sieht das bayerische Umweltministerium nicht, wie Ministerin Ulrike Scharf noch im vergangenen September dem Gemündener FW-Abgeordneten Günther Felbinger auf Anfrage mitgeteilt hat. Das Landesamt für Umwelt hält eine Verfüllung der Brunnen demnach für unerlässlich. Dem FWM sei dies bereits im Oktober 2015 mitgeteilt worden, mit der Aufforderung, sich gemeinsam mit dem Landratsamt und dem Wasserwirtschaftsamt um ein Rückbaukonzept zu kümmern.
FWM will Brunnen erhalten
Trotzdem möchte der FWM die Brunnen aufrechterhalten und zunächst prüfen, ob sie nicht doch für die Trinkwassergewinnung geeignet sind. Bislang bezieht der Zweckverband nämlich die Hälfte seines Wassers vom benachbarten Fernwasser-Zweckverband Franken mit Sitz in Uffenheim.
Bei der Hofstettener Bürgerinitiative Wasser stößt das auf wenig Verständnis. „Die Sache ist durch, es geht nicht mehr um die Frage, ob die Brunnen zurückgebaut werden, sondern nur noch darum wie“, sagt BI-Sprecher Ferdinand Heilgenthal. Und auch Landrat Thomas Schiebel zeigt wenig Verständnis für den neuerlichen Anlauf des FWM. „Wir sehen keine Möglichkeit, die Brunnen aufrecht zu erhalten und es gibt aus unserer Sicht auch keine neuen Erkenntnisse, die eine neue Beurteilung rechtfertigen“, sagt Schiebel im Gespräch mit der Redaktion.
Brunnen-Rückbau käme teuer
Heilgenthal vermutet, dass der Zweckverband nur an den Brunnen festhalten will, um den teuren Rückbau zu vermeiden, dessen Kosten an die Abnehmer weitergegeben werden müssten. Die Baukosten für die Brunnen werden auf rund zwei Millionen Euro beziffert, für ihren Rückbau stehen Kosten von bis zu einer halben Million Euro im Raum. In der Tat führt der FWM auch wirtschaftliche Überlegungen an. Die Brunnen zu sichern und weiter vorzuhalten sei wesentlich wirtschaftlicher, so Vorstand Schraml. Angesichts der anstehenden Sanierungskosten an den Brunnen in Erlach und Rodenbach muss der Zweckverband mit jedem Cent rechnen. Jahrelang sei an den erforderlichen Instandhaltungsarbeiten gespart worden. Jetzt sollen sie regeneriert und geotechnisch untersucht werden. Zwei der 15 Brunnen müssen vermutlich sogar komplett erneuert werden, so stellvertretende Werkleiterin Eva von Vietinghoff-Scheel. Geschätzte Kosten: eine Million Euro.