Die Münchner Staatsanwaltschaft will den unterfränkischen Freie-Wähler-MdL Günther Felbinger wegen Betrugs in fünf Fällen anklagen: Die im November 2015 eingeleiteten Ermittlungen hätten einen „hinreichenden Tatverdacht“ ergeben, heißt es in einem Schreiben der Staatsanwälte an den Landtag.
Mit dem siebenseitigen Papier bittet die Staatsanwaltschaft um die formelle Aufhebung der parlamentarischen Immunität Felbingers. In der kommenden Woche will sich deshalb der Rechtsausschuss des Landtags mit der Causa Felbinger befassen. Dass das Parlament dem Wunsch der Staatsanwälte nachkommt, gilt aber als Formsache.
Aufhebung der Immunität als Voraussetzung für Anklage
Die Aufhebung der Immunität ist jedoch Voraussetzung für eine Anklage des Freie-Wähler-Politikers. Diese soll laut Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I eingereicht werden. Denkbar gewesen wäre etwa auch eine Anklage beim Amtsgericht. Dass die Anklage derart hoch gehängt wird, „deutet darauf hin, dass man die Vorwürfe bei der Staatsanwaltschaft für ausgesprochen ernst hält“, glaubt ein erfahrener Rechtspolitiker im Landtag.
Möglich ist sogar, dass Felbinger ein besonders schwerer Fall von Betrug vorgeworfen wird: Dieser tritt laut § 263 Strafgesetzbuch unter anderem dann ein, wenn der Täter „seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht“. In diesem Fall ist laut Gesetz eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren möglich.
Felbinger hatte sich im November 2015 nach Medienrecherchen wegen fingierter Abrechnungen über seine Unkostenpauschale als Landtagsabgeordneter selbst angezeigt und rund 65 000 Euro an das Landtagsamt zurückgezahlt. Seinen Sitz im Landtag gab der Main-Spessart-MdL allerdings bis heute nicht auf.
Ermittlungsarbeit umfasste neun Monate
Nach rund neun Monaten Ermittlungsarbeit konkretisierte die Staatsanwaltschaft nun die Vorwürfe gegen den Freie-Wähler-Politiker: „In der Absicht, eine Zahlung bzw. Verrechnung für nicht entstandene bzw. bereits abgegoltene Aufwendungen zu erlangen, schloss der Abgeordnete in den Jahren 2009 bis 2014 mehrere Dienstverträge zum Schein ab“, fassen die Staatsanwälte in dem Schreiben zusammen.
Die in den Verträgen vereinbarten Gegenleistungen seien entweder gar nicht oder nicht im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben für die für einen Landtagsabgeordneten erstattungsfähigen Kosten erfolgt. Trotzdem habe Felbinger die Summen beim Landtagsamt geltend gemacht.
„Dem Abgeordneten entstand hierdurch, wie beabsichtigt, ein finanzieller Vorteil, dem Bayerischen Landtag bzw. dem Freistaat Bayern, wie von dem Abgeordneten zumindest billigend in Kauf genommen, ein Schaden in entsprechender Höhe“, so die Staatsanwaltschaft in dem Papier.
Konkret sei so im Jahr 2010 dem Steuerzahler ein Schaden von 13 770 Euro, in den Jahren 2011, 2012 und 2013 je ein Schaden von 10 080 Euro, im Jahr 2014 ein Schaden von 5887,80 Euro und 2015 ein Schaden von 5895,54 Euro entstanden.
Fünf Betrugfsälle werden Felbinger vorgeworfen
Insgesamt fünf Betrugsfälle wirft die Staatsanwaltschaft Felbinger vor: So habe er ab 2009 insgesamt drei Dienstleistungs-Verträge mit der Kreiswählergruppe Main-Spessart der Freien Wähler zur Unterstützung seiner politischen Arbeit geschlossen – just in Höhe der Mietkosten seines Bürgerbüros am Kirchplatz in Karlstadt über 455 und später 440 Euro.
Als der Landtag 2014 die Kontrolle über die abgerechneten Unkosten verschärfte, habe Felbinger am 1. März 2014 mit dem Vermieter des Bürgerbüros einen fingierten Arbeitsvertrag über 450 Euro pro Monat geschlossen. Auch hier beantragte er beim Landtag die Erstattung der Kosten und versicherte „bewusst wahrheitswidrig, dass der Vertrag zur Unterstützung seiner politischen Arbeit geschlossen worden sei“, so die Staatsanwaltschaft.
Mit dem Bezirksverband Unterfranken der Freien Wähler habe Felbinger zudem am 31. März 2009 einen fingierten Vertrag über die Unterstützung bei Bürgeranfragen und Pressearbeit über 400 Euro pro Monat abgeschlossen. Der so erzielte Betrag von 4800 Euro im Jahr „diente der Finanzierung des Bezirksverbands“, so die Staatsanwaltschaft.
Und mit der Kreiswählergruppe Main-Spessart der Freien Wähler soll Felbinger am 30. September 2010 einen Dienstleistungsvertrag über einmalig 3600 Euro und schließlich am 30. Dezember 2011 einen bis Ende 2013 befristeten Dienstleistungsvertrag über 400 Euro im Monat abgeschlossen haben. „Tatsächlich fand jeweils kein Leistungsaustausch aus“, befinden die Staatsanwälte.
Felbinger wollte sich auf Nachfrage dieser Redaktion am Freitag nicht zu den Betrugsvorwürfen der Staatsanwaltschaft äußern.