Viele einstige und aktuelle Stadträte waren gekommen, um den beiden Ex-Bürgermeistern ihre Reverenz zu erweisen. So viele, dass einige von ihnen in Stuhlgruppen vor den Türen des kleinen Festsaals sitzen und ihre Hälse recken mussten, um etwas von der Feierstunde mitzubekommen. Helga Schmidt-Neder nannte die Ernennung zweier „herausragender Persönlichkeiten der Stadt Marktheidenfelds“ zu Ehrenbürgern ein „ganz besonderes Ereignis“.
Greins Charme und Charisma
Zunächst würdigte sie Armin Grein, der 1972 mit 33 Jahren zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister der Stadt gewählt wurde. Mit Charme und Charisma sowie Verhandlungsgeschick und Zähigkeit sei es ihm gelungen, die durch die Gebietsreform geschlagenen Wunden zu heilen. In seiner Amtszeit entstanden unter anderem das Maradies, die Lebenshilfe, das Gewerbegebiet am Dillberg, die Mehrzweckhalle sowie Feuerwehrgerätehaus und Bauhof. Nur bei der Abstimmung über ein geplantes Gefängnis im Jahr 1979 habe Grein eine Abfuhr erhalten. Dieses Gefängnis war zum Thema geworden, nachdem durch die Übernahme der Firma Braun durch Gillette Zweifel an der Sicherheit des Standorts aufkamen. Auch als Landrat habe Grein Gutes für Marktheidenfeld bewirkt, beispielsweise den Erhalt des Krankenhauses, sowie den Bau der Mensa. Als Vorsitzender der Lebenshilfe habe er sich seit 1975 zudem für die „größtmögliche Förderung behinderter Menschen“ engagiert.
Grein sagte, der Anruf der Bürgermeisterin vor 14 Tagen mit der Mitteilung, er werde zum Ehrenbürger ernannt, habe ihn überrascht. „Man hätte ja noch abwarten können, wie ich mich künftig benehme“, scherzte er. Er sagte, der Verlust des Kreisstadt-Status sei Anfang der 70er als „vernichtender Schlag für die Stadtentwicklung“ empfunden worden.
Er habe aber als junger Bürgermeister nicht nur klagen wollen, sondern den Blick nach vorne und besonders auf drei Bereiche gerichtet: Wachstum der Stadt, Wirtschaftskraft und Erhöhung der Lebensqualität. „Wir wurden damals sehr um das Maradies beneidet, in Karlstadt wurde sogar der Bau eines Karadieses erwogen“, erinnerte er sich.
Grein sagte, er habe schon einige Auszeichnungen erhalten. Als er den Bayerischen Verdienstorden erhielt sei ihm dieser „sehr wichtig beschrieben worden“, doch dann habe er eine Liste mit anderen Personen gesehen, die diesen Preis schon erhalten haben. Er hielt fest: „Ehrenbürger Marktheidenfelds zu sein, ist mir die wertvollste Auszeichnung.“
Schergs Chancen
Leonhard Scherg war als Nachfolger Greins ab 1984 fast ein Vierteljahrhundert lang Bürgermeister Marktheidenfelds. „Chancen erkennen und ergreifen mit Mut, Kraft und Stärke“ sei sein Credo gewesen, sagte Schmidt-Neder. Diese Eigenschaften habe er bei der Altstadtsanierung gezeigt. Bei seinem Amtsantritt lief der Verkehr noch „quer durch die Altstadt“. Vom ständigen Thema Kanalsanierung stamme sein Spitzname „Pflaster-Leo“. Außerdem habe er mit der Neugestaltung des Busbahnhofs, Erwerb und Sanierung des Franck-Hauses, der Einführung des Stadtbusses und dem Bau der zweiten Mainbrücke Akzente gesetzt.
Schmidt-Neder sagte, eine Besonderheit Schergs sei, dass er sich nie einen Dienstwagen gegönnt habe. Als „überzeugter Europäer“ habe er sich um die Städtepartnerschaften verdient gemacht. Nicht gelungen sei es ihm als bekennenden McDonald's-Fan ein Lokal der Fast-Food-Kette nach Marktheidenfeld zu holen. Nur einmal im Jahr habe man den eifrigen Scherg ausgelassen erlebt: Während der Laurenzi-Festwoche. Auch der neue Festplatz werde deshalb mit ihm verbunden bleiben.
Leonhard Scherg sagte, das in seiner Amtszeit geleistete, sei nicht allein sein Verdienst, sondern in Zusammenarbeit geschehen. Deshalb dankte er seinen Stellvertretern, Stadträten, geschäftsführenden Beamten und städtischen Bediensteten – sowie den Bürgern. Er freue sich, gemeinsam mit Armin Grein, seinem Weggefährten seit Schulzeiten, ausgezeichnet zu werden. „In diesen 24 Jahren als Bürgermeister war Marktheidenfeld mein Leben“, betonte er. Er fühle sich verpflichtet, sich weiterhin für die Stadt und ihre Bürger einzusetzen. Im Wahlkampf 1984 habe er vor der Alternative gestanden, Bürgermeister oder Geschichtsschreiber der Stadt zu werden und sich für Ersteres entschieden. Von nun an werde er sich auf die Alternative konzentrieren, versprach Scherg. An die Feierstunde schloss sich ein gemütliches Beisammensein mit dem Austausch zahlreicher Anekdoten an.