Zeitungsleser können es sich denken: Die Verkehrsunfälle mit Wildtieren haben in den vergangenen Monaten erheblich zugenommen – fast täglich meldet der lokale Polizeibericht Wildunfälle. Die Polizeistation Gemünden registrierte im vergangenen Jahr in ihrem Bereich 215 solcher Unfälle, 46 (27,2 Prozent) mehr als im Jahr 2016. Dies weist Polizeichef Martin Deisenroth in der Verkehrsunfallstatistik 2017 aus.
Besonders groß ist demnach die Gefahr eines Wildunfalles auf den Straßen zwischen 5 und 7 Uhr morgens. Mit 161 Zusammenstößen führen das Reh- und das Rotwild die Statistik an; im Vorjahr waren es 124. Schwarzwild war 22-mal beteiligt (Vorjahr: neunmal), Füchse elfmal (14), Hasen zehnmal (fünf), Dachse fünfmal (sechs) und Waschbären viermal (vier). Dabei wurden zwei Fahrzeuginsassen verletzt.
558 Unfälle bearbeitet
Auch insgesamt nahmen die Verkehrsunfälle 2017 gravierend zu, während es im Vorjahr einen deutlichen Rückgang gegeben hatte. Polizeihauptkommissar Deisenroth listet 558 von den Beamten bearbeitete Unfälle auf. Das waren 63 oder 12,73 Prozent mehr als 2016. Etwas mehr als die Hälfte ereignete sich außerorts. Auch die Zahl der Verletzten stieg, und zwar um 21 Prozent auf 85, davon 15 Schwerverletzte. Immerhin waren im vergangenen Jahr keine Verkehrstoten zu beklagen, teilt der Gemündener Polizeichef mit. 2016 war eine Frau ihren Verletzungen erlegen.
Die Unfälle sind aufgegliedert in solche mit Verletzten (65, im Jahr davor: 56); in solche mit Sachschaden, die durch schwerwiegende Fahrfehler verursacht und mit Bußgeldern geahndet wurden (überhöhte Geschwindigkeit, zu geringer Abstand, missachtete Vorfahrt: 108, im Jahr davor: 128) und in die Wildunfälle und Kleinunfälle (beispielsweise beim Ausparken): 385 (Vorjahr: 311).
84 Unfallflüchtige
In 84 Fällen flohen die Verursacher von der Unfallstelle (im Vorjahr: 81), wobei die Polizisten 28 Fahrer (33,3 Prozent) ermitteln konnten. Zum Teil sei dies aufmerksamen Zeugen zu verdanken gewesen, schreibt Martin Deisenroth. Bei fünf Unfällen (Vorjahr: vier) war Alkohol im Spiel, wobei vier Beteiligte verletzt wurden.
Der Leiter der Polizeistation hebt hervor, dass es 2017 keinen Schulwegunfall und in den vergangenen zehn Jahr lediglich vier gegeben habe. Dies sei den Schulweghelfern zu danken, „die das ganze Schuljahr bei Wind und Wetter ihrem Ehrenamt vorbildlich nachkommen“. Des Weiteren stellt er heraus, dass die Altersgruppen „Junge Erwachsene“ (18 bis 24 Jahre) und Senioren (ab 65 Jahre) immer seltener an Unfällen beteiligt sind: die Jungen bei 31 Unfällen (Vorjahr: 49) und die Senioren bei 29 (Vorjahr: 39). Verursacht hatten die jungen Erwachsenen nur 18 dieser 31 Unfälle. Die Senioren waren in 24 Fällen Unfallverursacher.
Zehn Motorradunfälle
Wie 2016 registrierte die Polizei auch 2017 wieder zehn Motorradunfälle, davon sieben selbst verursacht. Auffällig: Immer wurden alle beteiligten Motorradfahrer verletzt, vier davon schwer.
Auch sieben Fahrradunfälle nahm die Polizei auf (2016: zehn). Drei davon waren von den Radlern selbst verursacht. Wie Deisenroth erläutert, habe einer während der Fahrt per Headset telefoniert und sei dadurch so abgelenkt worden, dass er ein stehendes Auto übersah und mit dem Fahrrad dagegen prallte und verletzt wurde.
Der Polizeichef weist explizit auf „die Ablenkung im Straßenverkehr durch die Benutzung elektronischer Geräte“ hin. Das sogenannte Handyverbot (Geräte zur Kommunikation, Information oder Organisation) ist im Oktober verschärft worden: So wurde die Nutzung von diesen Geräten in der Hand grundsätzlich verboten. Dies gilt auch, wenn das Fahrzeug, zum Beispiel an einer Ampel, steht und der Motor läuft oder lediglich durch Start-/Stopp-Automatik ausgeschaltet ist.
Kontrolle des Handyverbots
Auch fest verbaute, liegende oder in Halterungen steckende Geräte dürfen in bestimmten Verkehrssituationen nicht benutzt werden. So kann auch eine längere Blickabwendung oder ein kurzer Blick auf das Gerät bei fordernden Verkehrssituationen untersagt sein. Das Bußgeld wurde von 60 auf 100 Euro erhöht. Eine weitere Verschärfung tritt bei einer Gefährdung (150 Euro, ein Monat Fahrverbot, zwei Punkte in der Verkehrssünderkartei) oder Schädigung anderer (200 Euro, ein Monat Fahrverbot, zwei Punkte) ein.
Bei der Ablenkung durch elektronische Geräte dürfte die Dunkelziffer als Unfallursache sehr hoch sein, schätzt Hauptkommissar Deisenroth. Im Dienstbereich der Polizeistation Gemünden wurden im vergangenen Jahr 95 Verkehrsteilnehmer angezeigt, weil sie gegen das Handyverbot verstoßen haben. Zur Senkung der Unfallzahlen werde neben der Geschwindigkeitsüberwachung auch die Überwachung des Handyverbotes im laufenden Jahr konsequent fortgesetzt, so Martin Deisenroth.