In einem Jahr werden die linksmainischen Dörfer der Stadt Gemünden von der Kernstadt und den Stadtteilen auf der anderen Mainseite „für mindestens 15 Monate“ abgeschnitten sein, wurde in der jüngsten Stadtratssitzung überraschend bekannt. Dass die Mainbrücke komplett gesperrt werden muss, muss der Stadt Gemünden jedoch schon seit März 2012 bekannt gewesen sein, sagt auf Nachfrage der Main-Post Kreisbauamtsleiter Gerhard Pülz. Bis jetzt ging allerdings die städtische Bauverwaltung noch davon aus, dass man es mit einer halbseitigen Sperrung schaffen könnte.
Im März 2012 habe sich aber laut Pülz herausgestellt, dass eine ursprünglich geplante Sanierung, wie sie seit 2004 in Betracht gezogen wurde, nicht möglich und ein in Teilen umfangreicher Neubau nötig sei. Lediglich der Brückenteil über dem Fluss könne saniert und ertüchtigt werden.
In der fünf DIN-A 4-Seiten umfassenden Sitzungsvorlage für die Räte, Ortsprecher und Pressevertreter zum Thema Mainbrücke stand von der für die 800 Einwohner in Harrbach, Kleinwernfeld, Massenbuch und Hofstetten außergewöhnlich bedeutenden Vollsperrung der Brücke kein Wort. Deshalb kam die Nachricht aus dem Munde von Pülz und dem dem städtischen Bauamtsleiter Jörg Breitenbach für die Stadträte nun völlig überraschend.
Mit einer 15-monatigen Vollsperrung der Mainbrücke rechnen Breitenbach und Pülz – im günstigsten Fall. Der Grund dafür liege in der besonderen Bauweise der Brücke, die es nicht zulasse, die Auffahrten nur Stück für Stück zu entfernen. Die komplizierte Statik der Brücke sei so ausgelegt, dass sich alle Teile stützen müssen, da sie unter Spannung stehen, erklärte Breitenbach. Sonst kippe die Brücke um. Eine Notbrücke in der Zeit der Vollsperrung käme jedoch einem richtigem Neubau gleich, da die Bahnstrecke und die Bundesstraße überquert werden müssten.
Auf die Frage Hiltrud Zadras (FW-FB), warum die Baumaßnahme nicht, wie bisher angenommen, mit einer Teilsperrung durchzuführen sei, antwortete Bürgermeister Georg Ondrasch: „Das hat sich in den letzten Wochen geändert.“ Günther Felbinger (FW-FB) fand: „Das ist ja Wahnsinn!“ Ob man vielleicht an einen Fährverkehr gedacht habe? Man werde noch Lösungen anbieten, antwortete Ondrasch, „und auch da werden noch Fachgespräche geführt werden“. Martin Geßner (Öko-Kreis) stellte in Frage, ob weitere Busverbindungen auf der auf 7,5 Tonnen beschränkten Kreisstraße überhaupt möglich seien.
Erste Reaktionen der betroffenen Einwohner aus den linksmainischen Ortsteilen reichen von Unverständnis über Fassungslosigkeit bis hin zu offenem Zorn auf Bürgermeister Georg Ondrasch, die Verwaltung und den Stadtrat. Der in der Sitzung anwesende Hofstettener Bürger Martin Mehrlich senior äußerte spontan: „Da müssen wir uns nach Lohr eingemeinden lassen.“ Massenbuchs Ortssprecher Thomas Haas fordert endlich eine umfassende Information der betroffenen Bevölkerung, beispielsweise durch Bürgerversammlungen.
In den eineinhalb Stunden, in denen der Stadtrat über den Stand des Themas Mainbrücke informiert wurde, gab Florian Hofmeister von Edeka Nordbayern zu verstehen, dass sein Unternehmen durchaus kooperativ sei, was die endgültige Positionierung des geplanten E-Center-Neubaus betrifft, um eine optimale Verkehrsregelung zu ermöglichen. Allerdings habe man erwirktes Baurecht und möchte möglichst zeitnah aktiv werden, zumal der Erwerb des Grundstückes nicht einfach gewesen sei, weil der ursprüngliche Besitzer, eine Immobilienholding in England, in Konkurs gegangen sei. Die etwa sechs Wochen bis zur Vorlage eines neuen Verkehrsgutachtens werde man abwarten.