Die Sorgen und Nöte des Alltags einmal vergessen und Humor "tanken" fürs ganze Jahr – mit diesem Gedanken begrüßte Sitzungspräsident Jörg Brimer in Reimform das Publikum des Retzbacher Carnevalclubs in der ausverkauften Walter-Endrich-Halle. Mit Tänzen, Gesang und Büttenreden hielten die Aktiven Wort.
Wer eine Reise tut - Balthasar Brimer und Manuel Hermann waren gemeinsam in Europa unterwegs. Dennoch besang Balthasar eine gewisse Nathalie aus Moskau. Digitalisierung: In London zückte sogar ein Klomann ein Kartenlesegerät, in Schleswig-Holstein dagegen waren 3,70 Euro für den Bus bar passend zu bezahlen.
Zwerg vom Benediktusfelsen wacht über Maulbeerbäume
Die Garden des Retzbacher Carnevalclub zeigten schmissige Marschtänze. Tanzmariechen Anne Kurpanek brillierte dank jahrelangem Trainings. Der Showtanz der Purzelgarde drehte sich um die Post – samt Verdi-Streik und Zalando. Die Juniorengarde sucht in der Tiefe Retzbachs nach einem Schatz und fand Gold und Diamanten.
In ihrer Bütt nahm Sarah Brimer die Zuhörer mit in die Klinik, wo sie die "tollen Tage" 2023 erlebte, inklusive Ohnmachts-Phantasien von der "schwarzen Orgelbarbara" und dem Mädelsfrühstück des Winzervereins, wo Sex mit reifen Männern das Topthema war.
"Kali" kehrte nach Jahren mit der "Parodie vom Eimer" in die Bütt zurück. Mit dem Leim darin wolle er Klimaaktivisten auf den noch nicht vorhandenen Asphalt im Baugebiet "Klinge" kleben. Eine Super-Idee seien die Streams aus der Kirche – Gottesdienste auf dem Sofa ohne schräge Blicke. Wann kommt die Hostie aus dem 3D-Drucker? Die alte Schule könnte durch einen Neubau ersetzt werden, samt Café "zum blauen Engelchen." Doch Obacht: Über die geschützten Maulbeerbäume neben der Pfarrkirche wacht der Zwerg vom Beneditktusfelsen.
"Wir können über uns selber lachen", verriet Elmar Nun als Nachtwächter aus Retzstadt. Die Regierung in Berlin verstehe einfach nichts von Landwirtschaft – "die beschließen Kürzungen im Dezember, im Sommer hätten die Bauern gar keine Zeit zum Demonstrieren".
Als Biene und Fußballfan waren Christiane Probst und Michael Heßdörfer neu in der Bütt. Neben Trinksprüchen zur Pfarrkirche und dem Gasthaus kitzelten sie aus dem Gemeinderat einiges heraus: Straßennamen für die Klinge - Haselmausweg, Springnatterpfad – in Erinnerung an teuer umgesiedelte Tieren. Beim Schotter auf dem Treidelpfad am Main habe der Wegewart mal gezeigt, wer Chef ist.
Elferrat als Bauarbeiter
Die Damen des RCC sorgten als "Pfeffernusssängerinnen" mit Schlagern wie Herzilein und Sierra Madre für Stimmung. Darunter war auch Prinzessin Melanie II., die beim Grußwort mit ihrem Prinzen Kai I. begeistert von den bisherigen Terminen war.
Das Sessionsmotto "Alles dicht" – wegen der Baustellen im Ort – fand sich in der Tischdeko mit Modellbaumaschinen und kleinen Verkehrszeichen sogar auf den Klotüren. Für die Einlage nach der Pause traten Elferräte als Bauarbeiter in Latzhosen samt Schubkarre auf.
Die Showtänze vor dem Finale hatten mit Seefahrt zu tun. Das Männerballett kreuzte auf der Suche nach dem sagenumwobenen Valhalla und feiert mit den gefallenen Kämpfern. Die Prinzengarde zog es aufs Meer hinaus und in seine Tiefe hinunter.
Auch die närrischen Gäste traten auf: Von der Hundsbacher Karnevalsgesellschaft die Juniorengarde mit einem Marschtanz und ihr Jungbüttenredner Finn Reichert. Der Elfjährige fuhr mit dem Klapprad vor und gab lustige Einblicke ins (Kinder-)Leben auf dem Dorf. Als schaurige Vampire wirbelten die "Sulzer Bühnenfetzer" (Sulzthal) übers Parkett.
Es grüßt der RCC