
Es ist nicht nur ein Auto. Es ist ein Fahrzeug, das in den späten 60er-Jahren ein wenig wirkte, wie ein Ding aus einer anderen Welt. Der NSU Ro 80. Ein Auto in "Keilform" mit einem Kreiskolbenmotor als Antrieb. Und weiteren interessanten Details. Der Ro 80 Club international – Verein für Kreiskolbentechnik – hat sich am Wochenende zum Frühjahrstreffen in der Bike-Lodge in Lohr-Steinbach getroffen. Rund 90 Mitglieder mit mehr als 40 Fahrzeugen reisten aus dem gesamten Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland an.
Es gibt viel zu erzählen über ein Stück deutscher Automobilgeschichte, das heute ein Schattendasein fristet. Ein Schattendasein zwischen Platzhirschen, wie Mercedes, BMW oder Porsche. Diese Marken machen neben dem VW Käfer das Gros unter den historischen Automobilen aus, die heute noch gesucht und in recht großer Stückzahl erhalten sind. Auch vom NSU Ro 80 sollen laut dem Vereinsvorsitzenden Steffen Hofmann aus Neustadt immerhin rund zehn Prozent in unterschiedlichen Erhaltungsstufen überlebt haben.
Rund 2000 Autos zugelassen
Zugelassen seien rund 2000, berichtet der Vorsitzende. Und es gibt – zumindest beim diesjährigen Treffen – keine zwei Autos, die gleich sind. Dafür sorgen allein die rund 100 Farben, die ab Werk bestellbar waren. Das klassische Weiß, zahlreiche grelle Farben der 70er-Jahre, aber auch Metallic in unterschiedlichen Varianten gab es bei den herausgeputzten Fahrzeugen zu bestaunen.
Neben den farblichen Unterschieden gibt es auch andere Abweichungen: Jürgen Mohr aus Oerlenbach bei Bad Kissingen reiste mit einem Cabriolet-Umbau an. Vielleicht eine Handvoll seien davon unterwegs, schätzt Mohr. Kurios ist, dass die offene Variante aus einem Viertürer gebaut wurde. Was dem Fahrzeug eine etwas unstimmige Linie gibt. Allerdings auch vier bis fünf vollwertige Sitzplätze mit sich bringt.

Technisch wird das Gespräch unseres Reporters mit Michael Welsch aus dem hessischen Dillenburg. Er fährt einen orangefarbenen Ro 80. Die Besonderheit liegt hier unter der Motorhaube: Im für heutige Verhältnisse nicht eben vollen Motorraum arbeitet ein Triebwerk, das es offiziell nie zu kaufen gab. Der sogenannte Motor 871. Eine Weiterentwicklung des ursprünglichen Aggregats, das über 115 PS verfügte. Dieser war mit einer Leistung von 170 PS praktisch fertig und wurde in einigen Fahrzeugen, auch dem Audi 200, erprobt.
Motor nie in Verkauf gekommen
Als sich das Management von Volkswagen – dazu gehörte NSU inzwischen – dafür entschied, die Kreiskolbentechnologie nicht weiter zu verfolgen, sollten alle dieser Motoren auf dem Schrott landen. Doch wie es manchmal so ist, fanden damals ganze Motoren oder Teile davon den Weg über andere Kanäle nach draußen. Michael Welsch sagt, dass auch sein Motor aus Einzelteilen zusammengebaut sei. Heraus kam eine Limousine, die es damals leicht mit der Sechs-Zylinder-Ottomotor-Konkurrenz der Mitbewerber hätte aufnehmen können. Und die auch heute noch mehr oder weniger unauffällig, weil flott, im Verkehr mitschwimmen kann.
Steffen Hofmann meint, dass der Ro 80 generell ein Auto für die lange Strecke sei: "Lieber 400 als 40 Kilometer", so der Vereinsvorsitzende. Los gehen kann der Fahrspaß mit einem Ro 80 in gutem Zustand schon ab 15.000 Euro. Ein Exemplar mit dem seltenen 871-Motor könne aber schon das Doppelte kosten. Doch warum ist der NSU Ro 80 im Vergleich zu anderen zeitgenössischen Fahrzeugen noch so preiswert? Übereinstimmend erklären die Besitzer, dass dies im unbegründet schlechten Ruf liege.
Tatsächlich hätten die ersten Fahrzeuge Probleme gehabt. Diese seien aber schnell behoben worden. Eine großzügige Garantie habe zudem dafür gesorgt, dass Motoren getauscht wurden, die vollkommen in Ordnung waren. Auch seien die NSU-Werkstätten, die damals Zweiräder oder das Modell "Prinz" reparierten, mit dem komplexen Fahrzeug überfordert gewesen. Ins Reich der Fabel verwiesen die Ro 80 Freunde den Gruß, den es nie gab: Angeblich hätten sich Fahrer des Ro 80 bei der Begegnung mit den Fingern signalisiert, mit dem wievielten Motor sie unterwegs sind. "Alles Quatsch, die halten locker 200.000 Kilometer", betont Michael Welsch.