
„Depressionen im Kindes- und Jugendalter, Selbstverletzendes Verhalten und Suizidalität“ war das Thema des 1. Fachtags im Festsaal des Lohrer Bezirkskrankenhauses (BKH). Mit diesem ersten Fachtag in Zusammenarbeit von Landkreis und Bezirkskrankenhaus solle eine jährliche Veranstaltungsreihe zu Themen aus dem Bereich psychischer Probleme von Kindern und Jugendlichen begonnen werden, erklärte Landrat Thomas Schiebel in der Begrüßung.
Gut 200 Besucher
Gut 200 Lehrer, Erzieher, Fachkräfte und Angehörige waren der Einladung gefolgt. Die Anregung zum „Trialog“ zwischen Medizinern, Psychologen und Pädagogen sei von den Lehrern an sie herangetragen worden, erläuterte die Sozialpädagogin Brigitte Then. „Wenn ein Drittel meiner Schüler in ambulanter psychiatrischer Behandlung ist, hat das natürlich Auswirkungen auf meinen Unterricht“, machte eine Zuhörerin ihre Beweggründe deutlich.
„Was verlangen wir Lehrern, Schulpsychologen und Beratern ab?“, fragte Marcel Romanos, Ärztlicher Direktor der Würzburger Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, in seinem Fachvortrag „Was bedeuten Depressionen und Suizidalität im Kindes- und Jugendalter?“. Wichtig sei aber auch, dass die Lehrer, die mit der zunehmenden Problematik zu tun haben, nicht überfordert werden und „gesund bleiben“.
„Die wenigen Schüler, die wir haben, werden immer kränker“, sagte Romanos bei der Podiumsdiskussion. Ursache seien soziale Strukturen: „Familien, wie wir sie früher hatten, sind unwiederbringlich verloren.“ Schulen müssten anders strukturiert werden und bräuchten „mehr Geld“, so Romanos.
Die Finanzen blieben ein Thema. „Der mobile Sonderpädagogische Dienst reicht nicht aus, höre ich“, sagte Bezirksrat Johannes Sitter aus dem Publikum. Er fragte: „Wie viele Beratungsstellen brauchen wir noch, und wie wollen wir das bezahlen?“
Georg Schirmer, Leiter der Erziehungsberatungsstelle des Landkreises Main-Spessart, entgegnete: „Sie und wir müssen entscheiden, in welcher Welt wir leben wollen. Was kann man einem Kind zumuten? Wieviel darf es kosten? Sie als Politiker müssen entscheiden, ob es sinnvolle Investitionen sind.“ Unter dem Beifall der Zuschauer verkündete Schirmer: „Ich würde sagen ja.“
Logistik im Flächenlandkreis
Dominikus Bönsch, der Ärztliche Direktor des Lohrer Bezirkskrankenhauses, war in seinem Vortrag möglichen Ursachen von selbstverletzendem Verhalten und Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen nachgegangen. Die Forderung der Zuhörerschaft nach einem flächendeckenden Krisendienst versteht er. Jedoch sei dies nur im städtischen Bereich ohne Weiteres möglich. „In unserem Flächenlandkreis stoßen wir mit den logistischen Problemen an Grenzen“, so Bönsch.
Auf die wiederholte Forderung nach einer Kinder- und Jugendpsychiatrie in Lohr erwiderte Bönsch, natürlich sei die Erwachsenen-Psychiatrie nicht der richtige Platz für Jugendliche. Eine Lösung sei noch nicht gefunden, aber „wir sind in Gesprächen“. „Die Politik ist tätig geworden“, lobte auch Romanos. Die Intensiv-Plätze in Würzburg seien von acht auf zwölf aufgestockt worden, „jedoch haben wir nun schon wieder 14 jugendliche Patienten“, beschrieb er den enormen Bedarf.