
Am 5. November ist es wieder so weit: Die ganze Welt schaut gebannt auf die Vereinigten Staaten, die am Dienstag ihren neuen Präsidenten oder ihre erste Präsidentin wählen werden. Aus europäischer Sicht von Außen scheinen die USA in der Frage Harris oder Trump tief gespalten – eine Verständigung zwischen den beiden Lagern – auch über die Wahl hinaus – schier unmöglich.
Vier Menschen, die sowohl mit Main-Spessart als auch mit den Vereinigten Staaten verbunden sind oder dort leben, schildern uns ihre ganz persönlichen Eindrücke aus der Zeit kurz vor der Wahl.
1. Der Texaner James Johnson (55) kam vor fünf Jahren nach Deutschland

Der 55-jährige James Johnson lebt in Lohr und kommt ursprünglich aus Texas. Er macht die angespannte politische Situation für das Auseinanderbrechen einiger Familien mitverantwortlich. Mögliche Unruhen nach der Wahl bereiten ihm Sorge:
"Die angespannte politische Stimmung reißt in Texas viele Familien auseinander, deswegen habe ich inzwischen auch weniger Kontakt in die USA. Ständig hört man etwas von Demonstrationen und Gegendemonstrationen, aber ich glaube nicht, dass es so schlimm ist, wie teilweise behauptet. Texas – ein traditionell republikanisch orientierter Bundesstaat – könne nach Ansicht Johnsons wegen der vielen neu zugezogenen Menschen heuer zum ersten Mal seit langem wieder demokratisch wählen.
Er geht davon aus, dass viele Menschen nervös auf das Wahlergebnis und dessen Folgen blicken. Er erwarte, dass Kamala Harris gewinnen wird und fände das gut. Die Möglichkeit, dass es danach zu Unruhen wie am 6. Januar 2021 am Kapitol kommt, müsse man aus seiner Sicht sehr ernst nehmen – auch wenn die Grundsituation eine andere sei, weil mit Joe Biden ein anderer Präsident im Weißen Haus sitzt. "Irgendwas wird wohl passieren, in welchem Ausmaß kann ich aber nicht sagen."
2. Ute Eckstein (59) ist in den 80ern nach Wisconsin ausgewandert

Ursprünglich kommt sie aus dem Landkreis Main-Spessart, doch in den 80er-Jahren ist Ute Eckstein in die USA ausgewandert. Die 59-Jährige findet, dass die Menschen in den USA nicht so sehr über politische Inhalte diskutieren:
"Wisconsin ist im Midwesten, hier ist es noch sehr ländlich. Man sieht an den Straßen viele große, beleuchtete Trump-Plakate und auch ein paar kleinere für Kamala Harris. Trump ist unbeliebt wegen seines Auftretens in der Öffentlichkeit. Bei Harris wird kritisiert, dass sie einfach von Joe Biden als Kandidatin ernannt wurde."
Über die Wahl selbst werde recht wenig gesprochen, weil viele auf das Thema verärgert reagierten. "Auf der Arbeit als Managerin in der Küche erlaube ich das Thema gar nicht. Die Leute können nicht so gut darüber diskutieren, warum sie einen der Kandidaten nicht als Präsident möchten. Es ist mehr: Ich bin Republikaner, ich mag die Harris nicht oder ich bin Demokrat, ich mag den Trump nicht. Über wirkliche Inhalte wird nicht geredet und es wird immer so stark in Extremen gedacht."
Inzwischen habe sie auch von vielen Menschen gehört, dass sie gar nicht wählen möchten, weil sie nicht wüssten, wen sie wählen sollen. "Das sind verlorene Stimmen."
3. Sebastian Mutchler (42) lebt seit den frühen 90ern in Virginia

Sebastian Mutchlers Mutter kommt aus Lohr und er selbst war für die U.S. Army in der Region stationiert. Der 42-Jährige redet in seiner Heimat Virginia fast nicht über die Wahl, ein paar Themen sind ihm dennoch wichtig:
"Bei uns im Süden des Staates wählt man republikanisch, im Norden in der Nähe von Washington D.C. eher demokratisch. Grundsätzlich ist für die einzelnen Staaten die Wahl des Gouverneurs oder des Senators wichtiger als die Präsidentschaftswahl. Auf der bundesstaatlichen Ebene merkt man die Auswirkungen stärker."
Privat rede Mutchler eigentlich nicht über die Wahl. Vonseiten seiner Veteranen-Freunde kämen maximal Bemerkungen wie "Hast du gehört, dass der das gesagt hat?" Die klassischen Schilder in den Vorgärten sehe man in seinem Umfeld kaum. Die Themen, die dem 42- persönlich wichtig sind, seien zum Beispiel die Einsätze des Militärs und Steuern.
"Mein Eindruck ist, dass wenn Harris gewinnt, eine Menge gleich bleiben wird. Die Preise im Supermarkt bleiben hoch, die Steuern bleiben hoch. Wenn Trump gewinnt, wird er das machen, was er in seiner letzten Amtszeit gemacht hat. Die Wirtschaft wird sich erholen und im Alltag wird vieles besser werden. Das wird aber nicht über Nacht passieren."
4. Hannah Staus (23) studiert seit drei Monaten in Montana

Hannah Staus (23) studiert an der University of Montana – Missoula Wissenschaftsjournalismus im Master. Ihr Bachelorstudium absolvierte sie noch in Deutschland und lebte eine Zeit lang in Retzbach. Schnell merkte sie, dass über die Wahl im Alltag gar nicht so viel gesprochen wird:
"Die Präsidentschaftswahl spielt im Alltag keine große Rolle. Es war die ganze Zeit noch viel zu weit weg. Die Menschen aus Montana interessieren sich kaum für Harris und Trump. Sie sagen, dass die Politiker in Washington die Probleme hier nicht kennen. Harris und Trump haben keine Ahnung, wie es ist, in einem ländlichen Gebiet zu leben und deswegen fühlt man sich hier nicht repräsentiert. Und dann wählen sie eher jemanden wie Trump, der einfache Versprechen macht, statt jemanden, der gar keine macht."
Über die Wahl machte sich Staus im Vorfeld ihres USA-Aufenthalts dennoch Gedanken: "Im Wahljahr in die USA zu ziehen, war ein gruseliger Gedanke, denn egal wie es ausgeht, es wird dramatisch. Montana ist sehr konservativ; wenn Kamala Harris gewinnt, sind die Leute hier unglaublich enttäuscht." Dass es in Montana zu Aufständen kommt, glaube die 23-Jährige jedoch nicht. "Im ganzen Bundesstaat leben nur eine Million Menschen und hier ist auch gar nicht der politische Hotspot. Wenn es Unruhen gibt wie bei der letzten Wahl, erfahre ich das wahrscheinlich nur über die Nachrichten."