
"Das ist ja völlig ernüchternd." Mit diesem Satz brachte es Grünen-Bezirksrätin Bärbel Imhof in einer Veranstaltung ihrer Partei im Mehlingskeller auf den Punkt: Im Raum Lohr ist die Nutzung oberflächennaher Geothermie für die Wärmewende nur sehr eingeschränkt möglich. Als Experte war Markus Kübert aus Neuendorf gekommen.
Dort ist der promovierte Diplomingenieur Gemeinderat. Beruflich leitet er die Lohrer Niederlassung der Tewag GmbH, die es seit einem Jahr in den früheren Räumen der Castellbank an der Großen Kirchgasse gibt. Im Unternehmen arbeiten nach seinen Angaben beratende Geowissenschaftler und Sachverständige für Geothermie und Umweltschutz. Geothermie bedeutet die Nutzung der Erdwärme, der laut Kübert "mächtigen Wärmequelle, die zu unseren Füßen liegt".
Bis zu einer Tiefe von 400 Metern spricht man von oberflächennaher Geothermie, die Tiefengeothermie bewegt sich in Bereichen von 400 bis etwa 5000 Metern. In Bayern gibt es im Münchner Raum für Tiefengeothermie viele Anlagen. Das liegt nach Küberts Angaben an einer geologischen Besonderheit, einer wasserführenden Schicht in großer Tiefe mit hohen Temperaturen. Diese gibt es in Unterfranken mit seinem Untergrund aus Muschelkalk und Buntsandstein nicht. Dort ist es auch in größeren Tiefen nicht sonderlich heiß. Tiefengeothermie macht deshalb aus Küberts Sicht "in unserer Region keinen Sinn".
Hoffnung auf oberflächennahe Geothermie
Bleibt die Hoffnung auf oberflächennahe Geothermie. Von ihr gibt es laut Kübert vier Varianten. Erdwärmesonden versorgen etwa das Baugebiet Ziegeläcker in Hösbach, in diesem Fall 44 Sonden mit 4400 Metern Gesamtbohrlänge. Brunnen, die heißes Wasser nach oben und abgekühltes Wasser wieder nach unten leiten, sind grundwasserneutral und nach Küberts Worten die "effizienteste Wärme- und Kältequelle".
Erdwärmekollektoren und andere Sonderformen sowie Energiepfähle bei der Pfahlgründung von Gebäuden sind die weiteren Varianten. Je geringer die Temperaturunterschiede zwischen Wärmequelle und Heizsystem sind, desto höher ist die Anlageneffizienz. Die Auswahl der "richtigen" Wärmequelle hängt laut Kübert von der jeweiligen Geologie und Hydrogeologie ab.
Wie sieht es damit in Lohr aus? Das neue Gebäude der Stadtwerke ruhe auf Energiepfählen, berichtete der Fachmann. Unter anderem in Steinbach und Sendelbach gebe es Brunnenanlagen. Einige Bohrungen für Erdwärmesonden bestünden etwa in der Lindig-Siedlung (130 Meter), in Sackenbach (68 Meter), Sendelbach (80 Meter) und Wombach (25 Meter).
Im Tal sind Erdwärmesonden nicht zulässig
Auffällig ist, dass sie alle oben an den Hängen liegen. Denn in einem breiten Streifen im Tal zu beiden Seiten des Mains, der den größten Teil der Kernstadt und der Stadtteile einschließt, seien Erdwärmesonden nicht zulässig, so Kübert. Hintergrund sei der Grundwasserschutz. Das Wasserwirtschaftsamt betrachte die relativ mächtigen quartären Ablagerungen als Grundwasserleiter. Wasserschutzgebiete seien für die Nutzung der Geothermie ohnehin tabu. Was bleibt also für Lohr? Nach Küberts Worten sind Brunnenanlagen möglich, da sie grundwasserneutral seien, und die Nutzung der Wärme des Mainwassers. Im Freibad sei eine Anlage dafür vorhanden, aber stillgelegt.
"Für Lohr hätte ich mir mehr erhofft", meinte eine sichtlich enttäuschte Bärbel Imhof. "Ein Großteil der bebauten Flächen ist nicht nutzbar." Insgesamt sei die Geothermie für die Wärmewende aber vielversprechend. "Wir müssen dranbleiben", betonte die Grünen-Bezirksrätin.