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Lohr
"Niederschmetternde Zustände": Erneut Baustopp wegen Glasfaser-Pfusch in Lohr
Es läuft nicht rund beim Glasfaserausbau in Lohr. In Steinbach und Sendelbach wurde die Arbeit von zwei Kolonnen wegen einer Häufung von Mängeln gestoppt. Im Rathaus ist die Verärgerung über die zuständigen Firmen groß. Das Bild zeigt eine Glasfaserbaustelle in Steinbach. 
Foto: Johannes Ungemach | Es läuft nicht rund beim Glasfaserausbau in Lohr. In Steinbach und Sendelbach wurde die Arbeit von zwei Kolonnen wegen einer Häufung von Mängeln gestoppt. Im Rathaus ist die Verärgerung über die zuständigen Firmen groß.
Bearbeitet von Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:52 Uhr

Der Glasfaserausbau in Lohr gerät erneut ins Stocken. Einmal mehr ist es Pfusch bei der Bauausführung, der dafür gesorgt hat, dass manche der Baustellen seit einigen Tagen ruhen. Manche Baukolonnen wurden nun verbannt. Sie müssen zuvor jedoch noch die von ihnen verursachten Mängel nacharbeiten.

Im Lohrer Rathaus zeigt man sich angesichts der jüngsten Entwicklung nicht zum ersten Mal verärgert über die verantwortlichen Firmen, also über die Telekom, die Firma GlasfaserPlus und die Baufirma Circet. Zumindest die Telekom bittet – allerdings ebenfalls nicht zum ersten Mal – Stadt und Anwohner wegen der Unannehmlichkeiten um Entschuldigung.

Der für drei der 14 aktuell im Stadtgebiet mit dem Glasfaserausbau befassten Baukolonnen verhängte Baustopp wurde vorige Woche bei einem Krisentreffen festgelegt. Dieses Treffen hatte die Stadt initiiert, nachdem laut Bürgermeister Mario Paul in den zwei Wochen zuvor die Zahl der Beschwerden über Mängel bei der Bauausführung "durch die Decke gegangen" war. Die Verantwortlichen äußerten sich am nun in einem Gespräch mit dieser Redaktion zu den Vorgängen, nachdem diese wiederholt nachgefragt hatte.

"Es ist unglaublich", sagte Paul dabei über die Zustände beim Lohrer Glasfaserausbau. Bereits voriges Jahr hatte es hier einen längeren Baustopp gegeben. Grund war schon damals massiver Pfusch. Es ging beispielsweise um Gräben, bei deren Verfüllen geltende Standards unbeachtet blieben, auch um Pflaster, das dilettantisch verlegt wurde. Oder um Gasleitungen, in deren Umfeld Erdraketen durch den Boden geschossen wurden.

Paul: Dramatisch verschlechtert

Erst nachdem man damals alle Akteure "intensiv bearbeitet" habe, hätten sich die Zustände gebessert und es sei ruhiger geworden um die Baustellen, so Paul. Doch nun hätten sowohl die städtischen Kontrollen als auch zunehmende Hinweise aus der Bevölkerung deutlich gemacht, dass sich die Bauqualität teilweise wieder "dramatisch verschlechtert" habe, sagt der Bürgermeister. Beginnend vor drei Wochen habe man im Rathaus einen "heftigen Anstieg" der Beschwerden verzeichnet.

 Dilettantisch verlegte Bordsteine in Steinbach, fotografiert von einem Anwohner. 
Foto: Privat |  Dilettantisch verlegte Bordsteine in Steinbach, fotografiert von einem Anwohner. 

In der Folge habe man die Verantwortlichen von Telekom und Circet "in deutlichen Worten" zur Rede gestellt, schildert Paul. Ergebnis sei das Krisentreffen vorige Woche gewesen. Dabei führte die Stadt nach Aussage ihres Bauamtsleiters Ingo Schmitt vor allem in Sendelbach und Steinbach fabrizierten Pfusch vor Augen.

An etlichen Stellen, so Schmitt, hätten die Baukolonnen, die zumeist jeweils zu anderen Subunternehmen von Circet gehören, Grenzsteine entfernt und an anderer Stelle wieder eingebaut. In Steinbach sei teilweise Asphalt deutlich zu kalt eingebaut worden, wodurch dem Material die Bindung fehle, erklärte Schmitt weiter. Dort müsse der Asphalt nun wieder ausgebaut und durch anderen ersetzt werden. Die zu niedrigen Temperaturen des teilweise ohne Absicherung und über Stunden auf der Straße gelagerten Asphalts hatte ein Anwohner mit einem Infrarot-Thermometer dokumentiert.

Mängel in Serie

Auch dilettantisch eingebaute Abwasserrinnen oder Bordsteine müssen laut Schmitt in Steinbach nachgearbeitet werden. In der Sendelbacher Franz-Kraus-Straße sei das Pflaster unzureichend verlegt worden. Die Baukolonne habe deswegen an einer Baustelle eines Lohrer Bauunternehmens eine Nachschulung erhalten. Im Industriegebiet Süd müssen laut Schmitt bereits mit Asphalt verschlossene Gräben wieder ausgebaggert werden. Grund: Sie wurden einfach mit dem vermischten Aushub verfüllt. Vorgeschrieben ist jedoch ein bestimmter Aufbau mit verschiedenen Schichten.

Pfusch trotz Beteuerungen

Die ständigen Mängel und der Kampf um deren Behebung sei "niederschmetternd", gibt Paul Einblick in sein Gefühlsleben. Man habe nun mit den Verantwortlichen der Firmen schon "mehrfach alles durchgekaut" und auf offenkundige Fehler sowie geltende Standards hingewiesen. Es sei völlig unverständlich, dass es dennoch "allen Beteuerungen zum Trotz" immer weiter zu Pfusch komme. Das Problem ist laut Paul und Schmitt, dass sie nicht Vertragspartnerin der mit dem Glasfaserausbau befassten Firmen ist. Das Telekommunikationsgesetz gestatte es den Firmen, sich im öffentlichen Raum zu bewegen. Die Stadt könne erst tätig werden, wenn ihr Schaden entstehe oder Standards nicht eingehalten würden.

Mängel festzustellen, erfordere permanente Kontrolle. Doch das kann die Stadt bei der Vielzahl der Baukolonnen und deren Tempo personell nicht leisten. Schon jetzt binde die Überwachung mehrere Mitarbeiter des Bauamts. Zusätzlich habe das Rathaus zwei externe Fachleute beauftragt. Die Kosten dafür müsse die Stadt selbst tragen, sagt Paul.

Bei festgestellten Schäden verfolge die Stadt eine "Null-Toleranz-Strategie", so der Bürgermeister. "Wir lassen Mängel beseitigen, koste es, was es wolle." Allerdings will die Stadt nach all dem Ärger auch nicht ausschließen, dass sie Strafanzeige gegen die Firmen stelle. Das habe man diesen gegenüber bereits angekündigt.

Dank an Hinweisgeber

Dieter Daus, der geschäftsführende Beamte der Stadt, betont, dass die beim Glasfaserausbau herrschenden Zustände für die Stadt "Gott sei Dank Neuland" seien. Ähnliches sei man von regionalen Firmen nicht gewohnt. Bauamtsleiter Schmitt spricht davon, dass bei manchen Bautrupps "osteuropäische Standards" gelten, was mit der Herkunft des Personals zu tun habe.

Die Temperatur des eingebauten Asphalts war – wie hier mit knapp 63 Grad – teilweise deutlich zu niedrig.
Foto: Privat | Die Temperatur des eingebauten Asphalts war – wie hier mit knapp 63 Grad – teilweise deutlich zu niedrig.

Mit Blick in die Zukunft gesteht Bürgermeister Paul, dass er die Hoffnung verloren habe, dass nun schon alles rund laufen werde. Man könne nicht auf die Beteuerungen der beteiligten Firmen vertrauen. Stattdessen müsse sich die Stadt bei all jenen Bürgern bedanken, die immer wieder auf Mängel hingewiesen hätten und dies hoffentlich auch weiter täten. "Wir müssen alle gemeinsam Sorge dafür tragen, dass weiterer Schaden an unserer Infrastruktur ausbleibt", so Paul.

Die Telekom sowie GlasfaserPlus äußerten sich auf Nachfrage der Redaktion zur neuerlichen Kritik an der Arbeitsqualität beim Glasfaserausbau in Lohr – und schlugen dabei unterschiedliche Töne an.

GlasfaserPlus spricht von "zuverlässigen Partnern"

Die Telekom erklärt über ihre Münchner Pressestelle, dass man Stadt und Anwohner für Unannehmlichkeiten um Entschuldigung bitte. Die jüngsten Mängel habe man dokumentiert und bei der beauftragten Baufirma Circet angezeigt. Von den 14 Baukolonnen, die aktuell in Lohr im Einsatz seien, seien "lediglich drei auffällig" gewesen. Ein in Sendelbach und Steinbach für Circet tätiges Subunternehmen habe man wegen der mangelhaften Arbeitsqualität für den weiteren Ausbau gesperrt. Diese Sperre gelte konzern- und bundesweit, so die Telekom-Pressestelle. Man hoffe, dass der Ausbau nun "erfolgreich weitergehen kann", heißt es in der Stellungnahme des Unternehmens weiter.

Die Telekom erledigt den Glasfaserausbau in Lohr nach eigener Darstellung in Auftrag der Firma GlasfaserPlus. Diese wiederum ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Telekom und eines australischen Investmentfonds. GlasfaserPlus teilt auf Anfrage zu den jüngsten Vorgängen mit, dass man grundsätzlich "mit zuverlässigen Baupartnern" zusammenarbeite und regelmäßige Qualitätskontrollen durchführe. "Dennoch kann immer mal etwas passieren, das für Kritik sorgt", heißt es in der Stellungnahme von GlasfaserPlus. 

Polizeieinsätze rund um Glasfaserausbau

Die Zustände auf den Lohrer Glasfaserbaustellen beschäftigen nicht nur das Rathaus, sondern mitunter auch die örtliche Polizei-Inspektion. Deren Statistik verzeichnet nach Aussage von Inspektionsleiter Wolfgang Remelka unter dem Suchbegriff "Circet", also dem Namen der federführend tätigen Baufirma, allein in den vergangenen Wochen fünf Einsätze. 
5. Juni: Beschwerde eines Anwohners, weil um 21.35 Uhr in der Buchentalstraße in Steinbach noch mit einer Rüttelplatte gearbeitet wurde.
26. Mai: Beschädigen eines geparkten Fahrzeugs beim Rangieren in Sendelbach. Schaden: rund 2000 Euro.
20. Mai: Beschädigung eines Gas-Hausanschlusses bei Baggerarbeiten im Brunnenwiesenweg. Geschätzter Schaden: rund 5000 Euro; strafrechtlich relevantes Verhalten des Bauarbeiters wird laut Polizei geprüft.
26. April: Beschädigung eines Fahrzeugs durch ein umstürzendes Bauzaunelement am Sommerberg. Schaden: rund 200 Euro.
26. April: Im Nikolaus-Fey-Weg läuft beim Wechseln einer Radladerschaufel eine geringe Menge Hydrauliköl aus.
Die genannten Fälle betreffen nur Vorgänge mit Beteiligung der Firma Circet, nicht jedoch der vielen Subunternehmen. Daneben wurden laut Polizei in fünf Fällen durch unbekannte Täter Baumaschinen von Baustellen oder Lagerplätzen der Firma Circet beziehungsweise deren Subunternehmer entwendet oder es wurde zumindest versucht, diese zu entwenden. Grundsätzlich sei festzustellen, so Polizeichef Remelka, dass alle beteiligten Firmen für die Polizei ansprechbar seien und sich die Verantwortlichen gesprächsbereit und kooperativ zeigten. Von der Polizei aufgezeigte Mängel würden zügig beseitigt. 
(joun)
 
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  • H. K.
    Da graust es einem ja jetzt schon, wenn hier in meinem Wohnort in ein paar Monaten der Glasfaserausbau beginnen soll…
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  • A. O.
    ….wer den Trupp arbeiten gesehen hat; ist nicht sonderlich überrascht;
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  • B. K.
    Der Pfusch, der hier angeprangert wird, ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Stadt hat in der Vergangenheit Mängel, die über den Mängelmelder gemeldet wurden, nicht nachverfolgt. Warum sollen den Bürgerinnen und Bürger diesen nutzen, wenn keine Reaktion erfolgt. So ging es mir in der Vergangenheit. Ich habe es aufgegeben
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  • S. K.
    in den Ländern wo die Baufachkräfte herkommen
    gelten halt andere Standards wie bei uns hier...

    aber das jemand privates die Temperatur vom Asphalt misst
    find ich jetzt auch wieder sehr deutsch..
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  • G. S.
    Stimmt auf der einen Seite, aber wenn man solche Meldungen nicht bekommen hätte, würden die Baufirmen mit diesem Pfusch durchkommen und WIR als Gemeinschaft müssten dann in 5 Jahren für die Ausbesserung bezahlen
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  • H. S.
    und alles wegen ein bisschen schnelleren Internet....egal wie und wer das wieder zu macht ..sieht alles besch.... und geflickt aus!
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  • M. F.
    Sollten sich einige tiefbauerfahrene Rentner in Lohr finden sollte die Stadt diese anstellen und für die Zeit der Bauarbeiten dauerhaft an den Baustellen kontrollieren lassen. Bei einem Mangel könnte so umgehend ein Baustopp verhängt werden. Dies ist weit billiger als die Schäden im nachhinein aufwendig beheben zu lassen.
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