Der Glasfaserausbau in Lohr gerät erneut ins Stocken. Einmal mehr ist es Pfusch bei der Bauausführung, der dafür gesorgt hat, dass manche der Baustellen seit einigen Tagen ruhen. Manche Baukolonnen wurden nun verbannt. Sie müssen zuvor jedoch noch die von ihnen verursachten Mängel nacharbeiten.
Im Lohrer Rathaus zeigt man sich angesichts der jüngsten Entwicklung nicht zum ersten Mal verärgert über die verantwortlichen Firmen, also über die Telekom, die Firma GlasfaserPlus und die Baufirma Circet. Zumindest die Telekom bittet – allerdings ebenfalls nicht zum ersten Mal – Stadt und Anwohner wegen der Unannehmlichkeiten um Entschuldigung.
Der für drei der 14 aktuell im Stadtgebiet mit dem Glasfaserausbau befassten Baukolonnen verhängte Baustopp wurde vorige Woche bei einem Krisentreffen festgelegt. Dieses Treffen hatte die Stadt initiiert, nachdem laut Bürgermeister Mario Paul in den zwei Wochen zuvor die Zahl der Beschwerden über Mängel bei der Bauausführung "durch die Decke gegangen" war. Die Verantwortlichen äußerten sich am nun in einem Gespräch mit dieser Redaktion zu den Vorgängen, nachdem diese wiederholt nachgefragt hatte.
"Es ist unglaublich", sagte Paul dabei über die Zustände beim Lohrer Glasfaserausbau. Bereits voriges Jahr hatte es hier einen längeren Baustopp gegeben. Grund war schon damals massiver Pfusch. Es ging beispielsweise um Gräben, bei deren Verfüllen geltende Standards unbeachtet blieben, auch um Pflaster, das dilettantisch verlegt wurde. Oder um Gasleitungen, in deren Umfeld Erdraketen durch den Boden geschossen wurden.
Paul: Dramatisch verschlechtert
Erst nachdem man damals alle Akteure "intensiv bearbeitet" habe, hätten sich die Zustände gebessert und es sei ruhiger geworden um die Baustellen, so Paul. Doch nun hätten sowohl die städtischen Kontrollen als auch zunehmende Hinweise aus der Bevölkerung deutlich gemacht, dass sich die Bauqualität teilweise wieder "dramatisch verschlechtert" habe, sagt der Bürgermeister. Beginnend vor drei Wochen habe man im Rathaus einen "heftigen Anstieg" der Beschwerden verzeichnet.
In der Folge habe man die Verantwortlichen von Telekom und Circet "in deutlichen Worten" zur Rede gestellt, schildert Paul. Ergebnis sei das Krisentreffen vorige Woche gewesen. Dabei führte die Stadt nach Aussage ihres Bauamtsleiters Ingo Schmitt vor allem in Sendelbach und Steinbach fabrizierten Pfusch vor Augen.
An etlichen Stellen, so Schmitt, hätten die Baukolonnen, die zumeist jeweils zu anderen Subunternehmen von Circet gehören, Grenzsteine entfernt und an anderer Stelle wieder eingebaut. In Steinbach sei teilweise Asphalt deutlich zu kalt eingebaut worden, wodurch dem Material die Bindung fehle, erklärte Schmitt weiter. Dort müsse der Asphalt nun wieder ausgebaut und durch anderen ersetzt werden. Die zu niedrigen Temperaturen des teilweise ohne Absicherung und über Stunden auf der Straße gelagerten Asphalts hatte ein Anwohner mit einem Infrarot-Thermometer dokumentiert.
Mängel in Serie
Auch dilettantisch eingebaute Abwasserrinnen oder Bordsteine müssen laut Schmitt in Steinbach nachgearbeitet werden. In der Sendelbacher Franz-Kraus-Straße sei das Pflaster unzureichend verlegt worden. Die Baukolonne habe deswegen an einer Baustelle eines Lohrer Bauunternehmens eine Nachschulung erhalten. Im Industriegebiet Süd müssen laut Schmitt bereits mit Asphalt verschlossene Gräben wieder ausgebaggert werden. Grund: Sie wurden einfach mit dem vermischten Aushub verfüllt. Vorgeschrieben ist jedoch ein bestimmter Aufbau mit verschiedenen Schichten.
Pfusch trotz Beteuerungen
Die ständigen Mängel und der Kampf um deren Behebung sei "niederschmetternd", gibt Paul Einblick in sein Gefühlsleben. Man habe nun mit den Verantwortlichen der Firmen schon "mehrfach alles durchgekaut" und auf offenkundige Fehler sowie geltende Standards hingewiesen. Es sei völlig unverständlich, dass es dennoch "allen Beteuerungen zum Trotz" immer weiter zu Pfusch komme. Das Problem ist laut Paul und Schmitt, dass sie nicht Vertragspartnerin der mit dem Glasfaserausbau befassten Firmen ist. Das Telekommunikationsgesetz gestatte es den Firmen, sich im öffentlichen Raum zu bewegen. Die Stadt könne erst tätig werden, wenn ihr Schaden entstehe oder Standards nicht eingehalten würden.
Mängel festzustellen, erfordere permanente Kontrolle. Doch das kann die Stadt bei der Vielzahl der Baukolonnen und deren Tempo personell nicht leisten. Schon jetzt binde die Überwachung mehrere Mitarbeiter des Bauamts. Zusätzlich habe das Rathaus zwei externe Fachleute beauftragt. Die Kosten dafür müsse die Stadt selbst tragen, sagt Paul.
Bei festgestellten Schäden verfolge die Stadt eine "Null-Toleranz-Strategie", so der Bürgermeister. "Wir lassen Mängel beseitigen, koste es, was es wolle." Allerdings will die Stadt nach all dem Ärger auch nicht ausschließen, dass sie Strafanzeige gegen die Firmen stelle. Das habe man diesen gegenüber bereits angekündigt.
Dank an Hinweisgeber
Dieter Daus, der geschäftsführende Beamte der Stadt, betont, dass die beim Glasfaserausbau herrschenden Zustände für die Stadt "Gott sei Dank Neuland" seien. Ähnliches sei man von regionalen Firmen nicht gewohnt. Bauamtsleiter Schmitt spricht davon, dass bei manchen Bautrupps "osteuropäische Standards" gelten, was mit der Herkunft des Personals zu tun habe.
Mit Blick in die Zukunft gesteht Bürgermeister Paul, dass er die Hoffnung verloren habe, dass nun schon alles rund laufen werde. Man könne nicht auf die Beteuerungen der beteiligten Firmen vertrauen. Stattdessen müsse sich die Stadt bei all jenen Bürgern bedanken, die immer wieder auf Mängel hingewiesen hätten und dies hoffentlich auch weiter täten. "Wir müssen alle gemeinsam Sorge dafür tragen, dass weiterer Schaden an unserer Infrastruktur ausbleibt", so Paul.
Die Telekom sowie GlasfaserPlus äußerten sich auf Nachfrage der Redaktion zur neuerlichen Kritik an der Arbeitsqualität beim Glasfaserausbau in Lohr – und schlugen dabei unterschiedliche Töne an.
GlasfaserPlus spricht von "zuverlässigen Partnern"
Die Telekom erklärt über ihre Münchner Pressestelle, dass man Stadt und Anwohner für Unannehmlichkeiten um Entschuldigung bitte. Die jüngsten Mängel habe man dokumentiert und bei der beauftragten Baufirma Circet angezeigt. Von den 14 Baukolonnen, die aktuell in Lohr im Einsatz seien, seien "lediglich drei auffällig" gewesen. Ein in Sendelbach und Steinbach für Circet tätiges Subunternehmen habe man wegen der mangelhaften Arbeitsqualität für den weiteren Ausbau gesperrt. Diese Sperre gelte konzern- und bundesweit, so die Telekom-Pressestelle. Man hoffe, dass der Ausbau nun "erfolgreich weitergehen kann", heißt es in der Stellungnahme des Unternehmens weiter.
Die Telekom erledigt den Glasfaserausbau in Lohr nach eigener Darstellung in Auftrag der Firma GlasfaserPlus. Diese wiederum ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Telekom und eines australischen Investmentfonds. GlasfaserPlus teilt auf Anfrage zu den jüngsten Vorgängen mit, dass man grundsätzlich "mit zuverlässigen Baupartnern" zusammenarbeite und regelmäßige Qualitätskontrollen durchführe. "Dennoch kann immer mal etwas passieren, das für Kritik sorgt", heißt es in der Stellungnahme von GlasfaserPlus.
gelten halt andere Standards wie bei uns hier...
aber das jemand privates die Temperatur vom Asphalt misst
find ich jetzt auch wieder sehr deutsch..