Archivleiter Manfred Schneider ist sehr zufrieden. "Die Stadt Karlstadt hat jetzt ein Archiv, das einer Kreisstadt würdig ist", sagt er. Mit dem Anbau der Stadtwerke an das Rathaus ist in den Kellerräumen zusätzlicher Platz für das Stadtarchiv entstanden. Damit endete ein jahrzehntelanges Provisorium. Ab August war der Umzug. Schneider konnte die Urkunden, Bände und Akten so ordnen, wie es sich für ein Archiv gehört. "Und es gibt noch genügend Regalfläche für die Aufnahme von neuen Archivalien in den kommenden Jahrzehnten", meint er.
Die neuen Räume sind großzügig und hell. Auch an die Besucher ist gedacht. Es stehen vier Arbeitstische zur Verfügung und es gibt ein Reproduktionsgerät zur Digitalisierung von altem Schriftgut. Kernstück des Archivs ist auf rund zwölf Metern Breite ein platzsparendes Rollregal mit 16 Einzelelementen und drei Metern Tiefe. Mit Steuerrädern lassen sich die Wände leicht verschieben, um an die gewünschten Unterlagen zu kommen.
Früher stapelten sich Akten im Gang
Kein Vergleich zu den früheren Verhältnissen. Schon der Weg zum alten Archiv war verwinkelt. Akten stapelten sich im Gang, weil sie aus Platzgründen nicht mehr eingeordnet werden konnten. "Ständig mussten Archivalien ausgelagert oder umgeräumt werden", sagt Schneider. Das erschwerte nicht nur die Suche, sondern schadete auch den Archivalien.
Im „Neuen Archiv“ befinden sich – neben der umfangreichen Dia- und Fotosammlung - nun die Urkunden, Bände und Altakten der Kernstadt Karlstadt und den Stadtteilen Gambach, Heßlar und Karlburg. Die Bestände von Laudenbach, Mühlbach, Rohrbach, Stadelhofen, Stetten und Wiesenfeld verblieben im nördlichen Teil des „alten“ Archivraums, der mit einem Gang mit dem neuen Archiv verbunden ist.
Nicht nur Ahnenforscher finden jetzt dort beste Verhältnisse vor. Aber es gilt: Wer sich auf die Suche nach seinen Ahnen macht, muss wissen, wo sich die Suche lohnt. Schneider ist dabei gerne behilflich. Er weiß, seit 1876 sind die Standesämter verpflichtet, Geburts-, Heirats- und Sterberegister zu führen. In den Verehelichungsakten lagern Familienstandszeugnisse, Verwandtschaftszeugnisse, Verhandlungen zum Aufgebot und Aufgebotsformulare.
Zudem erhält Schneider Anfragen zu früheren Besitzverhältnissen oder Hausgeschichten, die bis 1638 zurückverfolgt werden können. Unterlagen zur Stadtgeschichte finden ebenso Eingang in Fach- oder Doktorarbeiten wie Archivalien, die das Leben unserer Vorfahren aus dem Dunkel der Geschichte holen.
In vielen Fällen unterstützt Schneider die Besucher beim Entziffern der alten Schriften. Denn die Hinweise, wer wann wen geheiratet hat und wie die Braut mit Mädchenname hieß, sind in altdeutscher Schrift. Informationen über die Zeit davor können nur die Kirchenbücher liefern.
Umzug war ein Kraftakt
Für Manfred Schneider war es ein insgesamt zweijähriger Kraftakt, der im vergangenen Jahr mit dem Umzug in den neuen Archivraum und der Neuordnung des „alten“ Archivs geleistet werden musste. "Bis zu 80 Stunden habe ich in dieser Zeit jeden Monat gearbeitet", sagt er. Dies habe seine Arbeitszeit auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung bei weitem gesprengt. Für Schneider war es aber eine Herzensangelegenheit, das Archiv auf Vordermann zu bringen. Er hat es nach dem Deutschen Einheitsaktenplan geordnet, so dass ein Nachfolger es leicht hat, sich zurechtzufinden.
Apropos Nachfolge: Schon seit Dezember 1999 ist Schneider Leiter des Karlstadter Stadtarchivs. Er hatte damals die Nachfolge von Werner Zapotetzky angetreten. Wie lange er das Archiv noch betreut? "Für dieses Jahr hat die Stadt noch meine Zusage", sagt dazu der 72-Jährige.