Um menschliche Stimmungen zu verbessern oder Räume zu reinigen, führen die Menschen vieler Kulturen seit Jahrtausenden Räucherzeremonien durch. Sie können auch der Heilung und Segnung dienen oder werden für spirituelle Verbindungen eingesetzt. Elke Böhm beschäftigt sich schon viele Jahre lang mit diesen überlieferten Ritualen.
Ihr Wissen zu Heilkräutern und deren Wahrnehmung über den Geruchssinn gibt sie am 27. November in einem Bildvortrag an der Volkshochschule (vhs) in Marktheidenfeld weiter. Die 49-jährige Diplom-Biologin arbeitet als Reiseleiterin, Gästeführerin in ihrem Wohnort Wertheim und im Naturpark Spessart. Zudem bietet sie Seminare und Vorträge über Kräuter, Heilpflanzen und Gartenkunst an.
In ihrer heimischen Küche in Wertheim bewahrt Böhm getrocknete Harze, Blüten und Blätter in Schraubgläsern auf. Auf dem Küchentisch steht ein Tablett mit den Utensilien: Kerzen, ein Mörser, Räucherschalen, gefüllt mit Sand, Kohle und eine Bussardfeder. Sie symbolisiert den Kontakt zum Himmel, erklärt Böhm und verteilt mit der Feder den Rauch im Raum.
Leicht flüchtige Aromapflanzen immer frisch mörsern
Auf dem Tisch platziert sie ein Stövchen mit zerstoßenem Fichtenharz und Alantwurzelstücken (Sonnenbraut). Es steigt ein süßlich duftender Rauch auf und vermischt sich mit dem Aroma des Thymiantees. Die Komposition hilft gegen Atemwegsbeschwerden.
"Der Geruchssinn ist unser ältester Sinn", erklärt Böhm. Es gibt über 10 000 verschiedene Duftmuster, von denen die meisten Menschen nur einige hundert unterscheiden können. Ätherische Öle wohlriechender Heilpflanzen, etwa von Lavendel, Zimt, Salbei oder Süßgras sind leicht flüchtig, weshalb sie zum Verräuchern immer frisch gemörsert werden.
Im Unterschied zu Duftölen, bei denen über die Wärme einer Kerze nur die Essenzen der ätherischen Öle im Raum verteilt werden, verbrennen beim Räuchern alle Bestandteile der Pflanzen, von den Harzen über die Rinde bis hin zu den Wurzeln. "Man sagt auch, dass sich im Rauch der Geist der Pflanze offenbare", so Böhm.
Gerüche haben einen direkten, ungefilterten Zugang zum Stammhirn und auf die Psyche. Abhängig von dem Kraut oder der Heilpflanze wirken die Düfte durch den Räuchervorgang auf die Stimmung, erklärt die 49-Jährige. Lavendel beruhigt den Geist. Beifuß wird eine reinigende Wirkung zugeschrieben. Myrrhe desinfiziert, klärt und schenkt Ruhe. Damit diese eintritt, wird das Räuchern zelebriert – etwa so, wie man es vom Teetrinken in Japan kennt.
Auch die Mischung der einzelnen Zutaten gehört für Elke Böhm zur Zeremonie. Im Esoterik-Handel gibt es fertige Weihrauch-Sets, die Namen wie "Die Wahrheit hereinlassen" oder "Engelsrufer" tragen. Von denen hält Böhm nicht viel, denn darin seien oft Zutaten von minderwertiger Qualität verarbeitet. Weihrauch vom orientalischen Olibaum aus spät im Jahr geerntetem Harz kann schon mal ein Euro je Gramm kosten. Die darin enthaltene Boswelliasäure soll gegen Depressionen helfen, aber auch bei chronischen Entzündungen wie dem Morbus Crohn.
Weihrauch aus heimischen Fichten
Günstiger ist das Räuchern mit "boarischem Weihrauch", den Böhm selbst aus Fichtenharz gewinnt. Überhaupt hat das Räuchern nicht nur in der Antike, in Asien oder Arabien eine lange Tradition, sondern auch im Alpenvorland, weiß Böhm.
So haben die Rauhnächte "zwischen den Jahren" ihren Ursprung in der katholischen Kirche. Die Bauern räucherten einst in den zwölf Nächten zwischen Weihnachten und Dreikönigstag die Ställe aus, um ihr Vieh gesund zu erhalten. Auch Elke Böhm nutzt die Zeit, um mit dem zu Ende gehenden Jahr abzuschließen und sich auf das neue vorzubereiten. In esoterischen Kreisen glauben Anhänger an eine magische Zeit, dass Geister erscheinen, deuten die Zukunft, beschwören Orakel. Am Dreikönigstag findet dann das krönende Abschlussritual statt. Die Sternsinger räuchern kräftig ein und segnen Haus und Hof.