Wie sicher sind die Daten ihrer Patienten in Zukunft, fragen sich Hausärzte im Landkreis Main-Spessart, wie Matthias Schmidt (Burgsinn), Sprecher der Main-Spessart-Hausärzte, auf Anfrage der Redaktion mitteilt.
Die meisten Hausärzte im Landkreis haben das neue Netzwerkgerät für die elektronische Gesundheitskarte angeschafft und angeschlossen, lautet Schmidts Auskunft. Die Pläne des Gesundheitsministeriums, eine elektronische Patientenakte folgen zu lassen, werden nach Schmidts Information von vielen kritisch gesehen. Bereits der ersten Stufe, dem neuen Netzwerkgerät, verweigert sich der Partensteiner Hausarzt Wolfgang Nätscher.
Honorar gekürzt
Er macht sich Sorgen um die Datensicherheit, ärgert sich über die Anschaffungskosten für den sogenannten Konnektor und den Aufwand, den er betreiben müsse, um dem Datenschutz gerecht zu werden. Weil er dem neuen Gesetz des Gesundheitsministeriums nicht folgt, wird ihm seit 1. Juli nach eigenen Angaben sein Honorar um ein Prozent gekürzt. Diese Regelung ist auch auf der Internetseite der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns nachzulesen.
Für Wolfgang Nätscher kommt hinzu, dass er bereits im Rentenalter ist. Seit Jahren sucht er eine Ärztin oder einen Arzt, der seine Praxis übernimmt. Sollte er weiterhin niemanden finden, investiere er in ein Gerät, das bei einer Praxisschließung nicht mehr gebraucht würde.
Patienten informieren
Zum neuen Gesetz, das Gesundheitsministers Jens Spahn auf den Weg gebracht hat, sagt Nätscher: "Ich lasse mich nicht gerne für dumm halten und bevormunden. Erst muss die Sicherheit klar sein und die Patienten müssen informiert sein." Er sei nicht generell gegen neue Kommunikationsmöglichkeiten, betont er.
Nätscher ist nicht der einzige im Landkreis, der Probleme mit der neuen Technik hat, bestätigt Sprecher Schmidt. "Die Reaktion ist durchwachsen", sagt Schmidt. Die meisten hätten den Konnektor installiert, was er auch auf die angedrohte Honorarkürzung zurückführt. Diese soll im nächsten Jahr von einem auf zweieinhalb Prozent erhöht werden. Auch bei einer positiven Einstellung zum Digitalen in der Medizin sei ihm und seinen Kollegen der Datenschutz wichtig. "Es geht um sensible Daten."
Bei Schmidt läuft der Konnektor seit 1. März und ohne technische Probleme, wie er berichtet. Die Installation sei unter hohen Sicherheitsstandards erfolgt. Das Gerät koste 4500 Euro, die er habe vorstrecken müssen. 90 Prozent habe die Kassenärztliche Vereinigung erstattet. Momentan würden nur die Personalien mit Anschrift und Geburtsdatum eingelesen und abgeglichen.
Der Vorteil des neuen Lesegeräts und der zweiten Generation der elektronischen Gesundheitskarte sei, dass die Daten in Echtzeit überprüft oder korrigiert werden könnten. Das heißt, schon mit dem Einlesen lässt sich feststellen, ob die Karte gültig ist.
Wie es weitergeht, hält der Allgemeinmediziner noch für offen, weil vieles noch nicht geregelt sei. Laut Internetseite des Bundesministeriums für Gesundheit ist die nächste Stufe das Speichern eines Notfall- und Medikationsplans. Einen Austausch solcher Daten unter den einen Patienten behandelnden Ärzten halten Schmidt und auch Nätscher für sinnvoll.
Auf Chip würde reichen
Solche Daten, so Schmidt, gehörten aber nur in die Hände von Ärzten, die der strengen Schweigepflicht unterliegen. Seiner Meinung nach würde es reichen, wenn diese Informationen auf dem Chip gespeichert wären. Für eine zentrale Ablage dieser Daten sieht er keine Notwendigkeit.
Christian Pfeiffer, Bezirksvorsitzender der Hausärzteverbandes Unterfranken, sagt auf Anfrage der Redaktion, dass man unterscheiden müsse. Einmal gebe es die Patientenakte des Arztes. Hier sei ein schneller, zuverlässiger Austausch zwischen den Ärzten, die den Patienten behandeln, sinnvoll. Das andere sei die Plattform, auf der diese Akten oder Arztbriefe gespeichert werden sollen.
Schnittstelle zur Praxis ist das neue Netzwerkgerät, das die Anbindung ans Internet ist. Wie es in einem Online-Artikel der Deutschen Ärztezeitung heißt, handelt es sich dabei nicht um irgendeine Internetverbindung, sondern um einen geschützten Datentunnel.
Je größer das System ist, umso mehr Bauchschmerzen bereite es, sagt Pfeiffer: "Wir wissen nicht, was hinter dem Konnektor passiert."
Als Firma steckt hinter dem Konnektor die Gematik – Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH. Betreiber sind laut Pfeiffer ursprünglich die gesetzlichen Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung gewesen. Mittlerweile habe das Gesundheitsministerium den Mehrheitsanteil an dem Unternehmen.
Daten sind Milliarden wert
Einen Vorteil bringe die bisherige Anwendung nur den gesetzlichen Krankenkassen, die durch die Datenüberprüfung und -aktualisierung Verwaltungsarbeit sparten. Pfeiffers Befürchtung ist, dass die Politik weitere Schritte Richtung elektronischer Patientenakte unternimmt, um möglichst schnell digital zu sein. Für die Ärzte, so Pfeiffers Erfahrung, sei eine verbesserte Kommunikation wichtig, an erster Stelle stehe aber die Sicherheit. Hinter den Patientendaten stehe ein großes wirtschaftliches Interesse, sie seien Milliarden wert.