
Immer mehr Familiengräber mit ihren großen Steinen, Beeten und Umrandungen verschwinden. Die Gemeinde Frammersbach reagiert auf diese Veränderungen schon seit einigen Jahren und hat zusammen mit dem Landschaftsarchitekten Thomas Struchholz (Veitshöchheim) einen Friedhof entwickelt, der mit der Zeit geht.
Der umgestaltete Teil des End-Friedhofs wird dem Zeitgeist gerecht, in einer Zeit, in der die Menschen vor allem eines nicht haben: Zeit. Darauf spielte Struchholz in seiner Rede bei der Einweihungsfeier an. Er erinnerte an seine Kindheit, als das Belegen der Gräber mit Fichtenspitzen, präzise ausgerichtet an einer Wollschnur, dazugehörte. Er erzählte von Allerheiligen, das damals noch eng verbunden war mit Allerseelen tags darauf, von der Vorstellung, die Seelen flögen zum Himmel und den bunten Lichtern.
Heutzutage hätten Kinder schon in der Kinderkarre ein Tablet in der Hand. Alles müsse fix und fertig sein, sagte Struchholz. In Frammersbach ist nun ein Friedhofsteil entstanden, mit dem der Anspruch verbunden ist, dem gerecht zu werden. Gleichzeitig soll er einen Ort bieten, an dem sich Menschen wohlfühlen. Gut 100 Interessierte waren zu der Einweihungsfeier gekommen. Ihren Äußerungen nach scheint dies gelungen zu sein.
Der Umgang mit Trauer hat sich gewandelt
Barrierefreiheit, Gräber in Tischhöhe mit Überstand, die auch vom Rollstuhl aus erreichbar sind, um eine Kerze anzuzünden, und ein Bewässerungssystem gehören zum Komfort der neuen Urnengrabanlage. Die Pflege ist in den Nutzungsgebühren enthalten. Ein großer Sandsteinquader mit sternförmigem Durchblick prägt das Sternengrab – eine Beisetzungsstätte für sogenannte Sternenkinder. Das sind Babys, die vor, während oder kurz nach der Geburt gestorben sind. Der Begegnung und dem Austausch, aber auch der Ruhe und Meditation sollen die Sitzgelegenheiten dienen.
Bürgermeister Christian Holzemer sprach vom Friedhof als Ort der Trauer um Menschen, die wir geliebt haben, aber auch der Begegnung mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Ein Friedhof sei Ort der Hoffnung, an dem die Erinnerung an wichtige Menschen wieder Kraft schenke. In diesem Sinne ließ er zu Beginn der Feier das Lied "Gute Reise" von Jan und Jascha abspielen. Darin heißt es "Ja, ich glaube ganz fest daran, du wirst mich immer seh'n. Und ich werde dir erzählen, wie es mir geht." Der Liedtext findet sich auch auf einer Stele wieder, die der Künstler Matthias Engert gestaltet hat.
Die Menschen gingen heute anders mit Trauer um, die Friedhofs- und Bestattungskultur wandle sich. Dem wolle die Gemeinde Rechnung tragen. Gleichzeitige gehe es darum, die Kosten für den Unterhalt der Anlage mit ihren vielen Treppen und Stützmauern durch die Umgestaltung im Rahmen zu halten.
Über 200 neue Urnengräber sind entstanden
Befürchtungen, die Umgestaltung könne auf Ablehnung stoßen, hätten sich nicht bestätigt. Die Nachfrage sei groß. Erfahrungen hatte die Gemeinde bereits sammeln können. Vor einigen Jahren war der Endfriedhof um eine Urnengrabanlage erweitert worden. Die Grabfelder sind belegt beziehungsweise vergeben.
Zunächst waren 123 neue Urnengräber vorgesehen. Aber etliche Grabbesitzende seien auf die Gemeinde zugekommen und hätten ihre Bereitschaft erklärt, Grabstellen vor Ablauf der Fristen aufzugeben. So konnten, wie in einer Ratssitzung im Frühjahr erörtert wurde, über 100 weitere Urnengäber geschaffen werden.
Weiterer Vorteil: Es musste nur einmal eine Baustelle eingerichtet werden. Für die damit gut 200 neuen Urnengräber und die Neugestaltung mit dem barrierefreien Weg anstelle einer alten Treppe waren 770.000 Euro veranschlagt. Wie der Bürgermeister informierte, komme der Umbau deutlich günstiger. Ausgeführt wurden die Arbeiten von der Baufirma Haas und Plantolan. Die gärtnerische Betreuung übernimmt weiterhin Maria Weigand. Sie wird künftig von Katja Schmittmann unterstützt
Ein Ort der Auferstehung und des Lebens
Michael Schmitt, Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Effata, zu der Frammersbach gehört, wählte als Lesung den ersten Brief an die Korinther mit dem Kernsatz: "Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen."
Er bezeichnete den Friedhof als Ort der Begegnung und Meditation, als Ort der Auferstehung und des Lebens. Er sprach bei der ökumenischen Feier auch stellvertretend für Pfarrer Michael Nachtrab (Partenstein) und Dekan Till Roth (Lohr), die beide kurzfristig verhindert waren.