Gleich zur Einweihungsfeier am Freitagnachmittag konnte die neue Stadtbibliothek in Marktheidenfeld zeigen, was sie kann. Der Sonnenschein draußen ließ die Räume innen durch die vielen Glascheiben im Dach in den Fronten hell erleuchten und sorgte für interessante Lichtspiele.
Im Veranstaltungsraum im ersten Stock saßen die geladenen Gäste der Feier dicht an dicht, „damit man das Gefühl von Enge und Wärme wie in der alten Bücherei hat“, sagte Bürgermeisterin Helga Schmidt-Neder scherzhaft.
Vor sechs Jahren hat der Stadtrat begonnen, einen neuen Standort für die aus allen Nähten platzende Stadtbücherei neben der Grundschule zu suchen, erinnerte Schmidt-Neder in ihrer Begrüßungsrede bei der Feier. 2013 wurde die Schmiedsecke als neuer Platz beschlossen, im Mai 2016 kam es dann zum Spatenstich, im September des gleichen Jahres wurde Richtfest gefeiert. Und nun wird die Stadtbibliothek, so der neue Name, eröffnet, ab dem heutigen Samstag steht sie der Öffentlichkeit zur Verfügung.
„Die räumliche Nähe zur Volkshochschule und zum Franck-Haus soll die gute Zusammenarbeit in diesem neuen Kulturdreieck noch erheblich verstärken und neue Möglichkeiten schaffen“, sagte Schmidt-Neder. Lesen bedeute nicht nur die Erweiterung des geistigen Horizonts, so die Bürgermeisterin, es fördere auch die Empathie, was wichtig für das Leben sei.
Die Stadtbibliothek solle ein offenes Haus sein, in dem sich Menschen begegnen und austauschen, erklärte Schmidt-Neder die Ziele, ein Ort der Wissensbildung, Integration und gemeinsamen Arbeit. Die Bürgermeisterin dankte dem Architekten, den beteiligten Firmen und besonders dem engagierten Bibliotheksteam für ihre Arbeit beim Neubau und Umzug. „Möge der Geist der Aufklärung in diesem Haus und mit allen sein, die hier ein- und ausgehen“, schloss sie ihre Rede fast wie einen Segen.
Er habe den Eindruck, sie hätten in den vergangenen vier Wochen mehr geschafft als in den vier Monaten davor, sagte Architekt Armin Bauer augenzwinkernd. In den vergangenen Wochen habe er manchmal Zweifel an seinen eigenen Aussagen den Verantwortlichen gegenüber gehabt, dass bis zur Eröffnung alles fertig werde. „Aber wir haben es geschafft“, sagte Bauer erfreut. Das Projekt sei auch für sein Büro etwas Besonderes gewesen, „denn eine Bibliothek baut man nicht alle Tage“.
Bibliotheken hätten sich in den vergangenen Jahren „gigantisch verändert“, so Bauer, sie seien keine „Verleihstationen“ mehr, sondern Orte der Bildung und Kommunikation. Darum wurde in der neuen Stadtbibliothek möglichst wenig fest eingebaut, um flexibel für die Zukunft zu bleiben. „Es gibt keine eigenen Räume mehr, das Gebäude ist ein einziger großer Raum“, sagte der Architekt.
Jochen Lange, Vizepräsident der Regierung von Unterfranken, wies auf die Wichtigkeit solcher Projekte hin, die die Innenstädte attraktiver machen. Trotz des Zuschusses von Bund und Freistaat von 1,8 Millionen Euro bleibe an der Stadt Marktheidenfeld bei dem Vier-Millionen-Euro-Bau noch ein „gehöriger Batzen an Eigenmitteln“ hängen. Für dieses Engagement für eine schöne Stadt dankte er allen Beteiligten.
Dass Bibliotheken freiwillige Leistungen von Kommunen seien, darauf wies Ralph Deifel als Leiter der Bayerischen Staatsbibliothek hin. Doch sie seien „starke Vermittler von Bildung und Kultur“, zu denen sie freien Zugang für alle gewährten. Bibliotheken seien „reale Orte der Zusammenkunft“, so Deifel, und damit wichtig im digitalen Zeitalter.
Lange in einem „Provisorium“
Die Festrede zur Eröffnung hielt Hans-Jürgen Maetschke, der von 1975 an 25 Jahre lang ehrenamtlicher Leiter der Stadtbücherei war. Er riss die Geschichte der Bücherei in Marktheidenfeld an, die nach seinen Worten schon 1941 mit der wilden Geschichte eines Bücherschranks begann, der drei Jahre später auch aufgebaut war – Maetschke brachte ein selbst gebautes kleines Modell des Schranks mit. 1945 endete auch die erste Episode der Bücherei in der Stadt. Maetschke zeigte den Weg der Stadtbücherei von der Obertorschule über das alte Rathaus bis zum „Provisorium von 1986 bis 2018“ neben der Grundschule. „Ein weiter Weg vom Schrank bis zu dem, was wir heute hier sehen“, sagte Maetschke, „doch er hat sich gelohnt.“