Eine äußerst bewegte Baugeschichte hat die Neustadter Klosterkirche. Bei einer Führung am Sonntag zeigte Johannes Sander rund 80 Geschichtsinteressierten viele Details auf.
Die Volkshochschule Lohr-Gemünden und der Geschichts- und Museumsverein Lohr veranstalteten diese Führung im Rahmen des Jubiläums "1250 Jahre Neustadt". Sein Fachwissen würzte der Referent mit Humor. Johannes Sander ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für fränkische Kirchengeschichte der Universität Würzburg sowie Lehrbeauftragter am Institut für Kunstgeschichte.
Die Frühgeschichte der ehemaligen Benediktinerabtei liegt im Dunkeln. Die Gründung geht auf den zweiten Würzburger Bischof Megingoz im 8. Jahrhundert zurück. Neustadt hatte von Beginn an eine große Bedeutung, an der Weihe haben bedeutende Persönlichkeiten teilgenommen. Neustadt war fortan ein Zentrum der Christianisierung in der Region Würzburg.
Für rund 200 Jahre schweigen dann die Quellen, erst 993 wird Neustadt wieder an Würzburg "zurückgegeben". Neustadt hat immer wieder versucht sich von Würzburg unabhängig zu machen.
Im Bauernkrieg, so Sander, wurde das Kloster geplündert und die Altäre zerstört. Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn ließ das Kloster wiederherstellen. Im 30-jährigen Krieg kam es erneut zu Beschädigungen und Plünderungen durch die Schweden.
Die 1000-jährige Geschichte des Benediktinerklosters endet mit der Säkularisation 1803. Das Kloster gelangte als Entschädigung für Gebietsverluste an das Fürstenhaus Löwenstein-Wertheim-Rosenberg.
Baumeister des Wiederaufbaus
Ein fürchterlicher Brand nach einem Blitzschlag im Jahr 1857 zerstörte die Anlage in weiten Teilen. Mit der Wiederherstellung war der Architekt Heinrich Hübsch beauftragt, eine Größe seiner Zeit. Hübsch war es auch, der den Dom zu Speyer restauriert hat. Sander sprach von einer respektvollen Leistung, aus einer Bauruine wieder etwas Positives zu machen. 1879 erfolgte die Neuweihe.
1907 ging der Klosterkomplex an die Missions-Dominikanerinnen, die ein Noviziatshaus für ihren Missionsnachwuchs in Südafrika aufbauten.
Immer wieder Umbauten
Beim Rundgang um die Klosterkirche zeigte Sander, dass es immer wieder zu An- und Umbauten kam. Der Wiederaufbau nach dem Großbrand sei fast einem Neubau gleichzusetzen. Die Reromanisierung sei besonders an den Fenstern sichtbar. Ein Blick von Osten zeigt die Verschiedenartigkeit der beiden Kirchtürme, die nicht symmetrisch sind. Die Apsis und die Turmobergeschosse sind, so verrät es auch das Mauerwerk, neu. Deutlich wurde bei der Betrachtung, dass die Kirche einen Vorgängerbau hatte.
Völlig neu ist die Westfassade der Kirche, wie Sander bedauerte, gibt es auch keine Abbildungen der Fassade aus der Zeit vor dem Brand.
Romanische Baukunst
Die jetzt aufgestellten Altäre sind nicht aus dem ursprünglichen Bestand, verzichtet wurde in der Kirche auf reiche Gestaltung. Geblieben ist ein mittelalterlicher Raumeindruck der allemal einen Besuch in der Neustadter Klosterkirche lohnenswert mache. Schließlich gehört die Klosterkirche in Neustadt zu den eindrucksvollsten Zeugnissen romanischer Baukunst in Franken, zugleich wurde die mittelalterliche Architektur nach dem Brand neu interpretiert.
Erschienen im April 2019 beim Verlag Königshausen & Neumann aus Würzburg.