In Lohr ist die H. Günther GmbH mit ihrem etwas versteckten Sitz in der Friedenstraße nur auf den zweiten Blick zu finden. Die von dem Lohrer Spezialisten für Schilder und Beschriftungen aller Art gefertigten Produkte indes finden sich in der ganzen Welt, im Bolschoitheater in Moskau ebenso wie am Eiffelturm in Paris. Tausendfach prangen sie im Spessartwald genauso wie auf allen Kontinenten an Maschinen und Anlagen, die die Lohrer Bosch Rexroth AG und andere Hersteller aus der Region ausgeliefert haben.
Mehr als eine halbe Million Schilder und Aufkleber in unterschiedlichsten Farben, Formen und Größen verlassen pro Jahr die Lohrer Firma. Das kleinste Schild ist zehn auf 25 Millimeter groß, das größte zwölf Meter lang.
So viele Mitarbeiter wie noch nie
Der Betrieb beschäftigt derzeit 15 Mitarbeiter. So viele wie noch nie, sagt Geschäftsführer Jürgen Günther (54), der Sohn des 2006 gestorbenen Firmengründers Hans Günther. Auch dessen Kinder Frank (47) und Karin Väthjunker (51) sind Gesellschafter und im Betrieb tätig. Schwiegersohn Georg Väthjunker leitet die Produktion des klassischen Familienunternehmens. Das ist seit 2015 auch Ausbildungsbetrieb für Kaufleute für Büromanagement.
Beim Start 1972 handelte es sich freilich noch um ein klassisches Ein-Mann-Unternehmen. Hans Günther hatte es zunächst als Nebenerwerb gegründet – im heimischen Keller in Partenstein.
Erster Kunde: Rexroth
Hauptberuflich war er bei Rexroth für die Beschaffung der Typenschilder zuständig, die auf Aggregaten und Maschinen prangen. Weil manche Schilder nicht schnell genug oder gar nicht zu bekommen waren, startete Günther die Produktion in Heimarbeit. Die erste Fräsmaschine stellte Rexroth zur Verfügung, Günther kaufte sie wenig später ab.
Denn neben Rexroth kamen weitere Kunden hinzu, zunächst fast ausnahmslos aus der Industrie, meist aus der Region. Industriekunden sind auch heute noch Hauptabnehmer der Schilder und Aufkleber aus Lohr. Im Bemühen sich gegen konjunkturelle Auftragsschwankungen zu wappnen, suchten und fanden die Günthers jedoch neue Geschäftsfelder. Beispielsweise in Schildern für den öffentlichen Raum: Über 3000 Wegweiser für die Wanderwege im Spessart stammen aus Lohr, ebenso zahlreiche Schaufensterbeklebungen sowie Schildchen, die in Ruheforsten und Friedwäldern letzte Ruhestätten markieren. Und schließlich: Auch der mittlerweile zu einiger Bekanntheit und Verbreitung gelangte Lohrer „Horrorwittchen-Aufkleber“ stammt aus dem Hause Günther. „Nur Autonummernschilder machen wir nicht“, sagt Frank Günther.
Technischer Wandel
Die heutige Produktvielfalt vom Prüfaufkleber auf Feuerlöschern bis hin zur Edelstahlfrontplatten für große Maschinen sei anfänglich undenkbar gewesen, erinnern sich er uns sein Bruder. Ihr Vater habe noch mit einer Art mechanischen Kopiervorrichtung gefräst. Die erste computergesteuerte Fräsmaschine habe 1986 Einzug gehalten, der erste Laser um die Jahrtausendwende. Wie die Farbfülle ist auch die Materialvielfalt gewachsen. Alu, PVC, Plexiglas, Edelstahl, Holz – es gibt fast nichts, was nicht gefräst oder bedruckt werden kann.
Gewachsen ist über die Jahre auch die G. Günther GmbH. Weil das Unternehmen in Partenstein aus allen Nähten platzte, entschied man sich 2008 zum Umzug nach Lohr und den dortigen Neubau, der rund 400 Quadratmeter Nutzfläche umfasst.
„Unser Markenzeichen ist, dass wir schnell sind und ein großes Angebotsspektrum haben“, sagt Jürgen Günther über das Erfolgsrezept. Allerdings sei der Erfolg längst kein Selbstläufer, betonen die Brüder, beides Ingenieure. Da viele Kunden aus dem Maschinenbausektor und aus der Automobilbranche kommen, sehen die Günthers die derzeitige weltkonjunkturelle Entwicklung mit einiger Sorge.
Zwar sitzen 95 Prozent der Kunden in Deutschland, doch viele exportieren in alle Welt, weswegen die Krise in China ebenso auf den Lohrer Betrieb durchschlage wie das russische Embargo für Importwaren oder Turbulenzen bei VW.
„Es wird härter“, sagt Frank Günther auch mit Blick auf die Tatsache, dass heute Maschinensteuerungen häufig nicht mehr hinter beschrifteten Frontplatten versteckt sind, sondern hinter Touch-Displays von digitalen Bedienelementen.
Auf der anderen Seite sorgten zunehmende Dokumentations- und Kennzeichnungspflichten dafür, dass der Bedarf an Beschilderungen fortbestehe. Deswegen sehen Jürgen und Frank Günther auch keinen Grund zum Schwarzmalen. Sie betonen stattdessen: Das Firmengelände an der Friedenstraße böte sogar noch Platz für eine Erweiterung.

