Ein eindrucksvolles Comeback nach drei Jahren Corona-Zwangspause hat am Samstag das Rock Open Air im Industriegebiet gefeiert. Die 19. Auflage, 2020 wegen der Pandemie abgesagt, hatte mit vier tollen Bands und mehreren hundert Besucherinnen und Besuchern auf der Wiese neben dem Obi-Markt Festivalatmosphäre.
Dabei fiel überhaupt nicht ins Gewicht, dass das Gelände kleiner war als vor der Pandemie, weil sich das Open Air die Wiese mit der Baustelleneinrichtung einer Firma teilen musste, die beim Glasfaserausbau in Lohr derzeit neue Tiefstwerte in der Beliebtheitsskala auslotet. Die aufgeschütteten Abraumhalden waren für zahlreiche Kinder eine willkommene Spielmöglichkeit.
Ihnen fehlt eben noch das Verständnis dafür, warum ihre Eltern und Großeltern so begeistert von der Musik sind, die aus zwei großen Lautsprechertürmen neben der Bühne erheblichen Schalldruck erzeugte. Bevor die erste Band überhaupt auf der Bühne stand, waren beinahe alle Sitzmöglichkeiten auf den aufgestellten Bierbänken bereits belegt – was zeigt, wie heiß die Leute auf den guten alten Rock 'n' Roll sind.
Grablichter für die Bühne
Die drei Jungs von White Trash Voodoo aus Würzburg brachten als erste Band das Publikum schnell auf Betriebstemperatur. Screaming Witchdoctor B. (Gesang, Bass), Ferdi Frenzy Jankins (Gitarre, Gesang) und Maggi Madness (Schlagzeug) spielen nach eigenen Angaben "Heavybluesrock'n'rollmadness". Die meisten Songs stammten von den beiden digitalen Alben der Band, die ihre eigenen Grablichter für den Bühnenrand dabei hatte.
Seit über zehn Jahren räumt Slingshot mit Luca Nätscher (Gitarre), Marco Gresser (Gesang), Kevin Seubert (Bass) und Klaus Kasperschinski (Schlagzeug) in Lohr bei den Fans von Hard- und Bluesrock ab. Die Songs unter anderem von AC/DC, ZZ Top, Led Zeppelin und Deep Purple waren meistens nicht gerade kurz, was Seubert zur Bemerkung veranlasste: "Was spielt man, wenn man nur 45 Minuten Spielzeit hat? Songs von acht Minuten." Gresser blieb noch Zeit für Small Talk mit seinen barfüßigen Kollegen: "Hast du dir die Fußnägel geschnitten?"
Band als "Familienunternehmen"
Luca Nätscher konnte anschließend gleich auf der Bühne bleiben, spielt er doch auch im "Familienunternehmen" Babao Boogie mit den Brüdern Christian Nätscher (Bass) und Frank Nätscher (Schlagzeug), deren Neffe er ist. Sängerin Svea Schwitalla absolvierte mit ihrer eindrucksvollen Stimme ein für die Band vergleichsweise rocklastiges Programm, bei dem selbst ein New-Wave-Klassiker wie "Heart of glass" von Blondie sehr druckvoll 'rüberkam.
Frank Nätscher behielt Platz, denn er ist auch der Schlagzeuger der Hauptband des Festivals Rollin' Deepa, in der er mit dem Marktheidenfelder Gitarristen Tim Jäger und dem Würzburger Bassisten Joachim "Chui" Lang auftritt. Das Trio hatte sich mit der Frankfurter Gitarrenlegende Matthias Baumgardt als Gastmusiker verstärkt. Mit "Roadhouse Blues" der unvergessenen Doors und "Sunshine of your love" von Cream startete die Band mit zwei Krachern und hielt das Niveau zwei lange Sets bis nach Mitternacht.
Fazit: Bestes Festivalwetter, vier tolle Bands, ein zufriedenes Publikum und eine völlig friedliche Atmosphäre waren wieder einmal ein Beleg dafür, wie richtig eine Weisheit der Rolling Stones aus dem Jahr 1974 auch heute noch ist: "Es ist nur Rock 'n' Roll, aber ich mag es." Das Wombacher Organisationsteam hat erneut Großes geleistet.