Keine Frage, reden kann er. Im Gespräch mit Thomas Doell ist dieser manchmal kaum zu bremsen. Gleichzeitig strahlt er grenzenlosen Optimismus aus. Beides sind geeignete Voraussetzungen für seinen Beruf als Persönlichkeitstrainer und Berater. "Eigentlich wollte ich erst Priester werden", schildert er seinen Werdegang. Nun aber hat er seit mittlerweile 30 Jahren ein erfolgreiches Unternehmen, das anderen zeigt, wie sie ebenfalls erfolgreich sein können. Allerdings hat er sein ursprüngliches Ziel quasi "nebenbei" auch erreicht. Er ist ehrenamtlicher Weihbischof der Christkatholischen Kirche.
In Mühlbach ist der Sitz des "Teams Thomas Doell". Hier arbeiten vier Personen im "Backoffice", kümmern sich um Verwaltung und Buchhaltung. In dem Team selbst sind 20 bis 30 Mitarbeiter deutschlandweit und darüber hinaus freiberuflich tätig. Als ihre Leistungen führt die Gruppe auf: Führungskräfteentwicklung, Vertriebs- und Verkäuferentwicklung, Teamentwicklung sowie Organisations- und Kulturentwicklung.
"Ohne Werte ist alles nichts"
Kulturentwicklung? "Es geht um die Firmenkultur, darum, welchen Umgang die Menschen miteinander haben", erklärt Doell. Ganz wichtig sind ihm Werte. Ohne sie sei alles nichts. Von einem Bauernhof im 120 Einwohner zählenden Hofstetten bei Königsberg (Lkr. Haßberge) stammend, studierte er in Würzburg Theologie, Philosophie und Religionspädagogik. "Als ich mit 24 mein Studium beendet hatte, geriet ich in eine Lebenskrise – nicht wegen des Zölibats, sondern weil mir das Priesterseminar zu eng war."
Knapp zwei Jahre habe er als Verkäufer und Tellerwäscher gejobbt. "Da habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, dass alle Menschen größeren Respekt verdienen." An Günter Wallraff erinnert Doells Feststellung: "Ich war ganz unten." Es gebe Menschen, die die Bedienung nicht grüßen. Das stört ihn. "Denn da beginnt Leben."
Nach seiner Lebenskrise machte er sich als Berater und Coach für Führungskräfte selbstständig. "Ich habe das in der Kaltakquise begonnen", blickt er zurück. Das bedeutet: einfach potenzielle Kunden anrufen und seine Leistung anbieten. Zwei bekannte Unternehmen in Main-Spessart gehörten zu den ersten Auftraggebern. So fand er sein heutiges Metier. "Ich entwickle immer Menschen." So knapp fasst er seine Tätigkeit zusammen.
Das "Team Doell" bietet schwerpunktmäßig Trainings für Teams und zur Organisationsentwicklung an. Doell selbst macht Trainings für Führungskräfte und gibt Inspirationsimpulse.
Weihbischof der Christkatholischen Kirche
Neben dem Geschäftsmann Doell gibt es den spirituellen Doell. 2002 gründete er die gemeinnützige Stiftung "Life Spirit", um Menschen in Lebenskrisen "Impulse für ein starkes Leben" zu geben. Die Palette dieser Stiftung ist weit gefächert. Sie reicht bis hin zu den Gottesdiensten der Christkatholischen Kirche, die Doell einmal im Monat in der alten Wernfelder Kirche hält. Auch werden Tauf-, Hochzeits- oder Beerdigungszeremonien angeboten.
Der Christkatholischen Kirche (CKK), die sich 2011 von der Alt-Katholischen Kirche (nicht zu verwechseln mit der römisch-katholischen Kirche) getrennt hat, hat sich Thomas Doell in ihrer Gründungszeit zugewandt. Anders als die Alt-Katholische Kirche lehnt die CKK die Weihe von Frauen zu Priesterinnen und die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ab. In Bayern gibt es zwei Gemeinden – die in Dachau und die im Raum Karlstadt. Das Einzugsgebiet der Karlstadter Gemeinde deckt sich ungefähr mit Unterfranken. Im Mai 2019 ließ sich Thomas Doell zum Weihbischof ernennen.
Auch die Ausbildung zum Diakon und Grabredner ist über "Life Spirit" möglich. Das hat der Karlstadter Dietholf Schröder wahrgenommen. Er fungiert jetzt als Projektleiter des Waldfriedhofs "Am Trauberg" zwischen Marktheidenfeld und Esselbach.
Reden über Leben und Tod
Und dann gibt es den Redner Thomas Doell. Anfang Februar beteiligte er sich am internationalen Speaker-Slam in München. 54 Redner präsentierten dort ihr Talent. Jeder hatte fünf Minuten Zeit, um das Publikum für sich zu gewinnen. Am ersten Tag, so berichtet Doell, trat er mit nacktem Oberkörper und einer herablaufenden "Blutspur" auf. Er berichtete, wie er seinen Bruder fast erschossen hätte. Am zweiten Tag berichtete er im Bischofshemd über den Tod des verunglücken Bruders. Am dritten Tag sprach er über Inspiration.
Nicht wegzudenken aus seinem Leben ist der Sport. Tägliches Training ist für ihn als Marathonläufer selbstverständlich. Und über den Sport hat er auch seine Frau kennengelernt, als er in einem Karlstadter Fitnessstudio als Trainer arbeitete. Damit ist auch die Frage geklärt, wie er nach Mühlbach fand.