Einmal hat Erich Rudolph die Schlagzeilen der Lokalpresse bestimmt. Der gebürtige Unterwittbacher war mit 24 Jahren im Januar 1956 der erste Rekrut im damaligen Landkreis Marktheidenfeld, der dem Ruf zur neu gegründeten Bundeswehr nach Andernach folgte.
Der Musiker, der 1949 unter den ersten Studenten am Würzburger Konservatorium war, verfolgte damit einen eigenen Lebensplan. „Und den musste ich auch niemals bereuen“, meinte Rudolph am Samstag, als er im Marktheidenfelder Hotel „Zur schönen Aussicht“ seinen 85. Geburtstag im Kreis seiner Familie und Freunde feierte.
Die Nachkriegsjahre waren nicht einfach. Rudolph spielte Klarinette, Saxophon und Geige sowie später auch noch Klavier. Er trat in verschiedenen Combos und Bands auf, musizierte bei Feiern, Bällen und Hochzeiten. Finanziell und menschlich waren Engagements in den Clubs der US-Army besonders interessant. Um leben zu können, musste der leidenschaftliche Blasmusiker zwischendurch aber auch als Thermometerbläser arbeiten.
Rudolph dirigierte kurze Zeit die Lohrer Stadtkapelle und als sich Anfang der 1950er Jahre in Röttbach ein Blasorchester zusammenfand, war er zunächst auch unter den Gründern. Deshalb kam am Samstag auch die heutige Musikkapelle der Freiwilligen Feuerwehr Röttbach mit ihrem Leiter Reinhard Kaufmann nach Marktheidenfeld, um dem Jubilar ein Ständchen zu spielen.
Aus der Gründerzeit sind noch Karl Jessberger und Engelbert Wolf in den Reihen des Orchesters und waren damit selbstverständlich unter den Gratulanten. Im weißen Sakko adrett wie gewohnt gekleidet, genoss es Erich Rudolph, einen schwungvollen Marsch für die Kapelle zu dirigieren, um anschließend mit seiner Frau Erika eine lässige Tanzrunde auf dem Hotelparkplatz zu drehen.
Nach seiner militärischen Grundausbildung wechselte der junge Mann zum Stabsmusikchor der Bundeswehr in Bonn. Als Berufsmusiker erlebte er dort mit unterschiedlichen Aufgaben viele der großen Ereignisse in der damaligen Bundeshauptstadt. Vielen ausländischen Staatsgästen kam er nahe. Die Väter des Grundgesetzes wie Bundeskanzler Konrad Adenauer oder den Staatsrechtler Carlo Schmid begleitete er auf ihrem letzten Weg bis zum Grab.
30 Jahre lang blieb Erich Rudolph bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1986 der Militärmusik treu. Im Rheinland fand er in all den Jahren bei der Leitung großer Chöre Anerkennung. 1991 kehrte der Jubilar aus Siegburg an den Main zurück und nur ein Jahr später entdeckte er mit dem Marktheidenfelder Männerchor eine weitere Leidenschaft. Seine Sänger trieb der Dirigent in rund eineinhalb Jahrzehnten zu ungewöhnlichen Leistungen an und machte den Chor zu einem wichtigen Kulturträger in der Region.
An manches Konzert denkt Erich Rudolph noch gerne zurück und deshalb war er auch etwas traurig, dass ihm „seine“ früheren Männer, deren Freundschaft er so schätzte, an seinem Jubiläumstag kein Ständchen mehr singen konnten. Der 1953 gegründete Chor hatte sich vor Kurzem nach über 60 Jahren in Marktheidenfeld aufgelöst.