
Gemünden ist ein beliebtes Ausflugsziel in Mainfranken. Die malerische Kulisse von der Scherenburg über die spätgotische Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul in der Fussgängerzone bis zum barocken Huttenschloss am Saaleufer sind den meisten Besuchern wohl bekannt. Dass die Drei-Flüsse-Stadt jedoch vom späten Mittelalter bis weit in das 19. Jahrhundert hinein auch Weinanbaugebiet war und bis heute einen Weinberg in der Nähe des Ronkarzgarten besitzt, wissen nur wenige.

Robert Lampert, ehemaliger Stadtkämmerer von Gemünden, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte des Weinanbaus in Gemünden Besuchern schmackhaft zu machen. Als zertifizierter Gästeführer des Labels "Weinerlebnis Franken" bietet er informative Stadtführungen an, die nicht nur für Weinliebhaber zum Genuss werden.
Begrüßung mit Secco und Trinkspruch
Eine Besuchergruppe von elf Personen hat sich diesen Samstag angemeldet. Lampert begrüßt seine Gäste am Marktplatz. Gläser stehen bereit und nach dem kurzen Vorstellen untereinander wird ein Winzersecco aus Gambach eingeschenkt. Mit dem Trinkspruch "Ein Secco zur rechten Zeit, bringt Freude und Gemütlichkeit", eröffnet Lampert seinen Vortrag. Er veranschaulicht die Historie des Gemündener Weinanbaus anhand von Lithographien und Zeichnungen aus dem Stadtarchiv.

Nach der Uraufnahme von 1845, der ersten Vermessung Bayerns, zogen sich die Weinberge der Stadt von der Scherenburg und vom Oberen Tor den Berghang entlang bis zum Baumgartenweg und den Reisengraben hinauf bis zum Eselspfad, erläutert er. Die Weinbergslagen in Mainfranken umfassten einstmals bis zu 40.000 Hektar. Durch Strukturkrisen innerhalb der letzten Jahrhunderte schrumpften die Rebflächen auf weniger als ein Drittel. Die Weinkultur konzentrierte sich fortan in den Gebieten entlang des Maindreiecks und -vierecks. Gegenwärtig gehört Franken zu den vielschichtigsten Weinregionen innerhalb Deutschlands.
Raben ranken sich um Kirchenfenster
Die Stadt Gemünden birgt so manche Zeichen des Weinbaus aus der Vergangenheit. Reben an Kirchenfenstern und Heiligenstatuen erinnern an eine Zeit, in der vor allem Klöster den Anbau von Wein förderten. Lamperts Rundgang führt durch die Fußgängerzone, vorbei an Fachwerkhäusern, zum städtischen Weinberg, der bislang der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth gehörte. Heute ist er an den Weinfachberater Ralf Schwarz verpachtet, der anstatt Müller-Thurgau ausschließlich die fränkische Leitrebsorte Silvaner anbaut, die problemlos mit allen Gesteinssorten der fränkischen Schichtstufenlandschaft zurechtkommt, vom Muschelkalk über Buntsandstein bis zum Keuper.

Einer der Weine von Schwarz wird am Fuß des Weinbergs probiert. Dabei spricht Robert Lampert über Aromen, alte und neue Rebsorten, und die, die aufgrund der Klimaveränderung vermutlich an Bedeutung verlieren werden, wie beispielsweise der Bacchus. Er stellt die reblausresistente Pfropfrebe vor und erheitert die Gemüter mit weiteren Sinn-und Trinksprüchen wie "Sorgen bringt das liebe Leben, Sorgenbrecher sind die Reben" oder "Was hat das Efeu mit dem Wein zu tun?". Er führt ein wenig in die griechische Götterwelt ein.
Abschluss im Ronkarzgarten
Weiter geht es an alten Weinterrassen vorbei, auf denen nun Streuobstbestände wachsen. Unter den Bäumen findet man Kräuter und Stauden wie Weissdorn, Scharfgarbe, Mauerpfeffer oder Wilde Möhre. Letzte Station ist nach fast zwei Stunden Stadtspaziergang mit Trinkpausen der nach oberitalienischem Vorbild angelegte Ronkarzgarten. In schöner Atmosphäre wird hier ein Gambacher Weißburgunder geöffnet, geplaudert, Fragen gestellt und von Robert Lampert bestens beantwortet. Für dieses Jahr war es seine letzte Führung, doch im nächsten Jahr geht es weiter.


