
Er steht seit etlichen Monaten da: ein Kleinwagen an der Rodenbacher Straße. Kurz hinter dem Abzweig von der Südtangente parkt er leicht schräg am Fahrbahnrand. Umgeben ist er von am Boden liegenden Eicheln. Eine Dreckschicht bedeckt die Windschutzscheibe. Es ist offensichtlich: Dieses Auto wurde schon länger nicht mehr bewegt. Diese Tatsache beschäftigt nicht nur Anwohner, sondern auch Behörden. Doch Abhilfe ist zumindest vorerst wohl nicht in Sicht.
Aufgefallen ist der silberne Wagen womöglich schon vielen. Schließlich ist die Rodenbacher Straße derzeit aufgrund verschiedener Baustellen in der Umgebung von reichlich Ausweichverkehr frequentiert. Eine Frau, die sich wegen des Zustands an die Redaktion wandte, sieht in dem Fahrzeug gar eine Verkehrsgefährdung. Sie habe deswegen bereits Polizei und Landratsamt kontaktiert.
Halter ist bekannt
Doch der Wagen steht noch immer dort. Und das darf er laut Landratsamt auch. Schließlich sei das Fahrzeug noch angemeldet, so die Behörde auf Anfrage der Redaktion. "Grundsätzlich ist das Abstellen eines Fahrzeugs an dieser Stelle zulässig", so Pressesprecher Markus Rill. Der Halter sei dem Landratsamt bekannt.
Nach Informationen der Redaktion konnte der Halter seinen Wagen bislang wegen eines Aufenthalts hinter Gittern nicht wegfahren. Allerdings dürfte das Auto aktuell auch gar nicht fortbewegt werden, zumindest nicht auf eigenen Rädern. Das liegt laut Landratsamt daran, dass der Wagen bereits am 18. März wegen fehlenden Versicherungsschutzes von der Polizei entstempelt wurde.
Von der Lohrer Polizei ist zu erfahren, dass das Fahrzeug seinerzeit für eine Kontrolle gestoppt wurde. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Frau am Steuer keinen Führerschein besaß. Die Weiterfahrt wurde daher unterbunden. Seither steht das Fahrzeug dort.
Für die Polizei ist die Sache damit erledigt, nicht jedoch für die Behörden. Dieter Daus, Pressesprecher der Stadt Lohr, erklärt gegenüber der Redaktion, dass aktuell mit dem Landratsamt verhandelt werde, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Versetzung oder das Abschleppen des Fahrzeugs in Betracht komme.
Einfach wegschaffen könne man solch "herrenlose" Fahrzeuge nicht, legt das Landratsamt dar. Grundsätzlich sei in solchen Fällen zunächst die jeweilige Kommune zuständig. Folgender Ablauf sei üblich und vorgeschrieben: Zunächst müsse der Fahrzeughalter mit einer Fristsetzung zum Entfernen seines Vehikels aufgefordert werden. Eine Möglichkeit sei auch das Anbringen eines mit der Frist versehenen Aufklebers am Fahrzeug.
Lediglich wenn von dem Fahrzeug eine Gefahr ausgehe, beispielsweise durch austretende Betriebsmittel oder eine akute Verkehrsgefährdung, könne die Polizei im Zuge der Verkehrsüberwachung tätig werden, so das Landratsamt. Als letztes Mittel könne ein Auto dabei auch abgeschleppt werden.
Abfallrecht als letztes Mittel
Sollte der Halter nicht zu ermitteln sein – was hier nicht der Fall ist – handle es sich bei einem solch herrenlosen Fahrzeug im rechtlichen Sinne um Abfall. Über das Abfallrecht könne das Landratsamt in solchen Fällen die ordnungsgemäße Entsorgung veranlassen. "Dies sollte jedoch immer das letzte Mittel darstellen", so Behördensprecher Rill.
Die bei einer Entsorgung eines solchen Autos entstehenden Kosten hätte der Halter zu tragen, sofern dieser doch zu ermitteln wäre. Bis zur Vollstreckung könne dies gehen. Wenn indes beim Halter nichts zu holen wäre, würden die Kosten einer Entsorgung der öffentlichen Hand zur Last fallen.
Allerdings sind solche Fälle laut Landratsamt eher selten. Zuletzt seien der Behörde bei solchen Aktionen keine Kosten entstanden. Das liege daran, dass für die mit der Beseitigung beauftragten Unternehmen der Weiterverkauf des beim Schreddern solcher Fahrzeuge anfallenden Materials in der Regel kostendeckend ist oder gar einen Überschuss ergibt.
Doch wie geht es nun mit dem im Dornröschenschlaf liegenden Wagen an der Rodenbacher Straße weiter. Laut Landratsamt kann es sein, dass sich irgendwann doch noch was an dem Zustand ändert. Und zwar dann, wenn es zu einer Zwangsabmeldung des Fahrzeugs durch die Behörde komme. Derzeit würden verschiedene Optionen geprüft, ob und unter welchen Voraussetzungen beziehungsweise auf welcher Grundlage eine solche Zwangsabmeldung machbar wäre.
Unter den jetzigen Gegebenheiten jedoch könne weder die Stadt als die für unzulässig abgestellte Autos zuständige Instanz, noch das Landratsamt als für Abfall zuständige Behörde den Halter des Autos dazu auffordern, das Auto zu entfernen. Dazu müsste das Auto abgemeldet sein, vom Halter selbst oder eben per Zwangsabmeldung durch das Landratsamt.
Und so könnte es also sein, dass der Kleinwagen seinen Dornröschenschlaf an der Rodenbacher Straße noch ein ganzes Weilchen fortsetzt. Immerhin: Postalisch erreichbar wäre der Halter selbst nach einem Umzug recht problemlos. Jedenfalls hat der Wagen einen Einwurfschlitz für Briefe – in Form eines ein ganzes Stück geöffneten Seitenfensters.