Der Frammersbacher Christian Staab ist ein fröhlicher Zeitgenosse. Auf Beatabenden ist er früher regelmäßig auf die Bühne und hat AC/DC geschmettert. Als Keyboarder hat er in mehreren Bands gespielt, zuletzt bei der Cover-Rock-Band „Bandits“. Und auch seinen Lebensunterhalt bestreitet Staab mit Keyboards – er handelt mit elektronischen Tasteninstrumenten und Musikequipment. In Zeiten großer Online-Händler kein leichtes Unterfangen, aber er hat seine Nische gefunden.
„Keysworld – Die Welt der Tasten“ heißt der Fachhandel des 48-Jährigen in Frammersbach. Sein Geschäft sieht mehr aus wie das eines Musikbegeisterten oder wie der Vorraum zu einem Aufnahmestudio als wie die Räumlichkeiten eines Instrumentenhändlers: Stapel mit alten und neuen Keyboardzeitschriften, an der Wand hängt irgendwelches Equipment mit langen Kabeln, Lautsprecher, ein paar Kartons und Keyboards stehen herum.
Als normales Musikfachgeschäft gestartet
Staabs Fachgeschäft ist nicht für Laufkundschaft gedacht. Zu ihm kommt man nur mit einem vereinbarten Termin. Früher war das mal anders. Als er Ende 1994 eröffnete, war es ein normales Musikfachgeschäft, damals schon mit dem Schwerpunkt Tastenbereich, dazu Soundanlagen und Zubehör. „Es lief gut an“, sagt Staab, der ursprünglich aus Heinrichsthal (Lkr. Aschaffenburg) kommt. Die Keyboarder fast aller Beatabend-Bands der Region waren früher seine Kunden. Doch das lokale Geschäft ließ irgendwann nach.
Der „Toto“-Fan kommt ins Schwärmen, wenn er von den 90ern erzählt, der Hoch-Zeit der Beatabende. „Das war eine tolle Zeit.“ An einen Abend, er tippt auf 1996, habe er abends bei Justice AC/DC gesungen, danach noch Plakate geklebt und sei dann heimgefahren, um noch Geräte versandfertig zu machen. Voller Einsatz.
Schwerpunkt von Anfang an Versand
Von Anfang an lag sein geschäftlicher Schwerpunkt jedoch im Versand. Irgendwann gab er die festen Öffnungszeiten auf und konzentrierte sich auf Modelle für Profis. Schaltete er früher noch Kleinanzeigen in Fachzeitschriften, verkauft er heute über Ebay. Der inzwischen größte Musikalienhändler Europas, Thomann aus Oberfranken, der bis vergangenes Jahr seine einzige Filiale in Retzbach hatte, habe schon zu Vor-Internetzeiten mehrseitige Anzeigen geschaltet, erzählt Staab. Beim Massengeschäft kann der Frammersbacher auch heute nicht mithalten.
Seine Nische ist sogenannte B-Ware: von Kunden an Händler zurückgesandte Geräte, Demo- und Präsentationsinstrumente oder solche mit kleinen Kratzern. „B-Ware hat so einen negativen Touch“, sagt Staab, „ich verkaufe keine fehlerhaften Geräte“. Er bezieht die Versandretouren von Großhändlern meist mit 15 Prozent Rabatt und kann sie so günstiger anbieten als komplett neue Ware.
Clou Inzahlungnahme
Staab bietet außerdem die Inzahlungnahme gebrauchter Geräte an, wenn diese ein Neugerät, keine B-Ware, bei ihm kaufen. „Grundsätzlich kann ich alles anbieten.“ Gerade habe er von einem Kunden aus Irland ein Keyboard in Zahlung genommen und ihm dafür im Gegenzug eine Hammond-Orgel verkauft.

Der 48-Jährige macht seit seiner Jugend Musik. Er ist als Keyboarder in die Fußstapfen seines Vaters getreten, der schon seit Jahrzehnten in die Tasten greift. Mit zwölf hatte Staab seinen ersten Synthesizer. Damals habe er alle sechs Monate das neueste Keyboard gewollt. Deshalb kenne er sich aus und könne gebrauchte Geräte selbst auf ihre Funktion testen. „Der Keyboarder ist der technikaffine Typ.“ Für nötige Reparaturen hat er einen Techniker bei der Hand.
Er verkauft Neu- und Gebrauchtware
Die in Zahlung genommenen Instrumente verkauft er anschließend wieder. Immer wieder schaut er auch Kleinanzeigen von Privatleuten nach interessanten und günstigen gebrauchten Instrumenten durch, zugute komme ihm sein gutes Gedächtnis für Modelle und Preise. So boxt er sich in seiner Nische durch.
Der gelernte Bürokaufmann, der zwischendurch auch mal Anzeigenverkäufer war, macht den Musikhandel seit rund 15 Jahren hauptberuflich. Inzwischen könne er sich keinen anderen Beruf mehr vorstellen. „Es ist ein schöner, abwechslungsreicher Job, man hockt nicht nur am Computer.“ Mal sitzt er tatsächlich am Computer, mal macht er den Versand, mal testet er Instrumente, mal fährt er zu Kunden oder Großhändlern. „Es wird einfach nicht langweilig.“
Trotz Online-Handel setzt er auf Emotionen
Hatte er vor dem Internet am Tag bis zu 50 Anrufe, läuft heute fast alles über Mail. Er sei praktisch immer erreichbar, erzählt er und versuche sich über eine persönliche Note von anderen Online-Händlern abzusetzen. „Bei Musikinstrumenten sollen die Emotionen doch auch ein bisschen mitspielen.“ Er habe auch langjährige Stammkunden, manche sind zu Kumpels geworden.

Einen eigenen Online-Shop hat er nicht. „Dann kann man einen Mann damit beschäftigen, der nur das macht, aber dann ist noch nix verkauft.“ Auf der Webseite www.keysworld.de sind fast nur seine Kontaktdaten sowie der Link zur Ebay-Seite zu finden. Neben elektronischen Tasteninstrumenten bietet er auch B-Ware von DJ-Equipment, Studiomonitore und Digitalmischpulte an.
Rund 500 Geräte im Jahr
Er konzentriert sich bei Keyboards auf fünf Markenhersteller, „keine chinesischen No-Name-Geräte“. Im Schnitt verkaufe er etwa 500 Geräte im Jahr, schwerpunktmäßig Instrumente für 2000 bis 3000 Euro, aber auch mal Lautsprecher für 300 Euro. Seine Kunden findet er in ganz Europa.
Er bedauert, dass in Zeiten des Online-Handels der Kontakt mit Kollegen nicht mehr ist wie früher, alles sei anonymer geworden. Abgesehen von einem Mitarbeiter, der ihm stundenweise hilft, macht Christian Staab alles selbst.