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SEIFRIEDSBURG
Ein Korn aus Einkorn
Alles bio: Der Seifriedsburger Franz Köhler ist seit über 25 Jahren überzeugter Biobauer. Anfangs musste er sich für den Verzicht auf Chemie sogar rechtfertigen.
Foto: Björn Kohlhepp | Alles bio: Der Seifriedsburger Franz Köhler ist seit über 25 Jahren überzeugter Biobauer. Anfangs musste er sich für den Verzicht auf Chemie sogar rechtfertigen.
Von unserem Redaktionsmitglied Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 28.08.2012 12:02 Uhr

Andere Landwirte haben Franz Köhlers Schritt hin zum biologischen Anbau 1986 fast schon als Provokation empfunden. „Es war ein schwieriger Start“, erzählt Köhler. In der Wirtschaft musste er sich regelrecht rechtfertigen dafür, dass er künftig auf Kunstdünger und Spritzmittel verzichten wollte. „Du willst wohl schlauer sein als die Alten?“, habe er zu hören bekommen. Dabei, meint Köhler, waren „die Alten“ früher, als es noch keine „Chemie“ auf dem Feld gab, doch auch Biolandwirte.

Angefangen hat der Biolandbau bei Köhler, der hauptberuflich Bus fährt, mit einer Lehrerin, der er Stroh und Weizen für ihre Hühner brachte. Die habe ihn gefragt, ob er nicht mal auf Chemikalien verzichten könne. Irgendwann schenkte sie ihm dann ein Buch von Karl Stellwag. Stellwag war ein studierter Landwirt und in Deutschland Vorreiter der biologischen Bodenbearbeitung. In dem Buch beschreibt er seine Versuche mit Kalkstickstoff und wie der Dünger Regenwürmer vertrieben hat. Das Buch hat Köhler die Augen geöffnet.

Zwar erntet er heute keine 60 bis 70 Doppelzentner Weizen pro Hektar mehr, wie er es früher mit dem Einsatz von Chemikalien tat, sondern nur noch 40 bis 45 Doppelzentner. Dafür spart sich Köhler aber die Kosten für Kunstdünger, für Insekten- und Unkrautvernichter. „Das rechnet sich genauso“, sagt Köhler. Erst recht, da wegen der – aus seiner Sicht staatlich geförderten – Überproduktion die Preise für mit chemischen Hilfsmitteln angebauten Weizen in den vergangenen Jahren gesunken seien.

Was normale Landwirte als Unkraut bezeichnen, also Disteln, Gras oder Kamille, sind für Köhler „Beikräuter“. Was nach dem Beifang bei Fischern klingt, sind für Köhler Pflanzen, die dem Getreide sogar nützen, da sie als Nahrungsquelle für Nützlinge dienen. Sie lockern den Boden auf, schützen ihn vor Erosion und führen dem Korn Nährstoffe zu, glaubt er.

Seltenes Getreide in der Region

An Getreide baut Köhler neben Weizen noch das Urkorn Emmer sowie Dinkel, Roggen, Nackthafer und Nacktgerste an – und das andere Urgetreide: Einkorn. Voller Stolz steht der 64-Jährige in seinem zwei Hektar großen Feld zwischen Seifriedsburg und Reichenbuch, auf dem er Einkorn anbaut. Das Einkorn mit den typischen flachen Ähren steht auf langen, dünnen Halmen. Köhler lässt die Ähren durch die Hände gleiten und schaut, wie reif es ist. Inzwischen ist es geerntet. Einkornfelder gibt es nicht viele in Franken. Die nächsten, so Köhler, sind ihm aus der Nähe von Fürth und Coburg bekannt.

Dabei sei Einkorn im Mittelalter das Hauptnahrungsmittel gewesen. Erst vor etwa 100 Jahren wurde es aus der Züchtung genommen worden, weil damals begonnen wurde, auf Menge zu züchten, und weil das Urgetreide nicht viel an Stickstoffverbindungen verträgt, die als Dünger eingesetzt werden. Köhler hat einen Ertrag von 20 bis 25 Doppelzentner pro Hektar.

„Alle Hausfrauen, die schon mal mit Einkorn Plätzchen gebacken haben, kaufen wieder Einkorn“, schwärmt Köhler. Das mineralstoffreiche Getreide eigne sich hervorragend für Feingebäck, Pfannkuchen und Spätzli. Dass es sich auch für Schnaps eignet, hat Köhler ebenfalls bewiesen. Ihm wurde zwar abgeraten, daraus Alkohol zu brennen, da der Eiweißgehalt zu hoch sei, aber er hat es trotzdem versucht.

Köhler war schon immer probierfreudig, hat beispielsweise auch den ersten Apfelsecco in der Region angeboten. Aus einem Zentner Einkorn hat er im vergangenen Jahr etwa zehn Liter Schnaps gebrannt. Sein Einkornbrand hat bei der Branntwein-Prämierung des Fränkischen Klein- und Obstbrennerverbands prompt eine Silbermedaille erhalten.

Alles, was Köhler anbaut, baut er ohne „Chemie“ an, neben seinem Getreide auch Kartoffeln, Äpfel und Zwetschgen. Der 64-Jährige ist Überzeugungstäter: „Es gibt keine halben Sachen.“ Und auch sonst kaufe er ausschließlich Bioprodukte – Biobrot, Biowurst von seinem Nachbarn oder Biokäse aus Dittlofsroda. „Was brauch ich viel?“ Damit wolle er die Natur und andere Biobauern unterstützen, und er glaubt, dass die Haltbarkeitsstoffe in nicht biologisch angebauten Produkten nicht gesund sein können. Allerdings gibt er zu, dass er ein großes Laster hat: Kaffeesahne in kleinen Becherchen. Da achte er nicht auf bio. Immerhin reiche ihm aber eines für drei Tassen Kaffee.

Whisky aus Dinkel

Momentan reift bei Köhler in zwei kleinen, unscheinbaren Holzfässern der erste Whisky aus Dinkel. Die Fässer hat er mit Holzspänen und Rosinen geräuchert. Drei Jahre muss der Whisky reifen. Weihnachten 2013 ist er fertig. Schon jetzt ist er goldgelb und schmeckt angenehm mild und abgerundet. Spätestens, wenn der Whisky reif ist, soll auch die Probierstube fertig sein, in der die Gäste – mit Blick auf die Brennanlage und zu einer Hausmacher-Brotzeit – während eines Brennvorgangs Schnaps probieren. Köhler darf sich als Edelbrand-Sommelier laut einer Urkunde immerhin „Botschafter des geistigen Genusses“ nennen.

Schnapsidee: Aus Einkorn brennt Köhler Hochprozentigen.
| Schnapsidee: Aus Einkorn brennt Köhler Hochprozentigen.
 
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