
Sprachen lernen sich leichter, wenn man mit einem Muttersprachler spricht. Deshalb kam die 20-jährige Deutsch-Studentin Hannah Tarcadon von der Uni Lancaster Ende September nach Deutschland und deshalb haben die Schüler des Gemündener Friedrich-List-Gymnasiums in den vergangenen Monaten besondere Freude am Englisch-Unterricht gehabt.
„Ich wollte in den Süden Deutschlands, am liebsten in eine Gegend mit schöner Natur“, sagt Hannah Tarcadon. Ein Deutschland-Aufenthalt gehört zu ihrem Bachelor-Studium in Deutsch und Psychologie dazu. Die meisten Studenten aus dem Ausland zieht es nach Berlin oder München, in die Metropolen. Hannah wollte ins Grüne – so kam sie nach Gemünden.
Erste Assistentin am FLG
„Das FLG gibt's seit 1969. Seit Jahren beantragen wir Fremdsprachen-Assistenten. Hannah war überhaupt die erste, die uns je zugeteilt wurde“, berichtet Beate Stetten, Fachbetreuerin für Englisch am List-Gymnasium. Die Lehrerin ist begeistert von der jungen Engländerin. „Sie war offen für alles, ist auf die Schüler zugegangen. Und die Kinder haben unermesslich davon profitiert. Auf einmal waren sie richtig motiviert, Englisch zu sprechen.“
Zwei Tage in der Woche war Hannah am FLG und hat dort überwiegend Konversations-Unterricht besucht und selbst gehalten. „Natürlich war Brexit ein Thema, um das es häufig ging“, erzählt sie. Ihre privaten Hobbys flossen ebenfalls in den Unterricht ein. „Ich bin Mitglied einer Cheerleader-Gruppe an der Uni in Lancaster. Das hat die Schüler interessiert.“ Also hat Tarcadon in Gemünden einen Cheerleading-Workshop unterrichtet.
Von der Isle of Man
Auch ihre Herkunft von der Isle of Man, einer kleinen Insel mit 80 000 Einwohnern und einer Sonderstellung im Vereinigten Königreich, interessierte die Kinder. „Wir wollten, dass möglichst viele Schüler von einer Muttersprachlerin lernen können, deshalb hat Hannah auf Anfrage der Englischlehrer fast alle Jahrgangsstufen besucht“, berichtet Stetten. An zwei weiteren Wochentagen war Tarcadon am Frobenius-Gymnasium in Hammelburg tätig und dort festen Klassen zugeteilt.
Die junge Engländerin wohnt zurzeit in Gräfendorf – von dort aus ist sowohl Gemünden als auch Hammelburg gut erreichbar. „Anfangs war es für mich nicht leicht, in diesem kleinen Dorf Kontakte zu knüpfen“, erzählt sie. Doch über eine religiöse Jugendgruppe in Schweinfurt und Wochenendreisen nach Würzburg, Bamberg, Nürnberg, München und Frankfurt hat sie Gleichaltrige kennengelernt.
Zwei Aufsätze
„Ich hatte hier eine wunderbare Zeit; es ist wunderschön in dieser Region“, sagt Tarcadon. Auch ihre Eltern seien bei einem Wochenendbesuch begeistert gewesen. Am 6. Juni tritt sie die Heimreise an. Bis dahin möchte sie noch einige Reisen unternehmen, muss aber für ihr Studium während der Pfingstferien auch noch zwei Aufsätze schreiben – einen über ihr Praktikum und einen zu einem gesellschaftlichen/kulturellen Thema. „Vielleicht schreibe ich über die Bedeutung der Religion“, sagt Tarcadon, die in einer Pfingstgemeinde aufgewachsen ist. Überall sehe sie Kreuze und Kapellen und erkenne einen „großen kulturellen Einfluss“ der Religion. Aber im täglichen Leben der Jugendlichen sei der christliche Glaube „nicht so so präsent“.
Grundsätzlich gebe es keine allzu großen Unterschiede zwischen Deutschland und England. „Die Kinder sind überall gleich“, sagt Hannah Tarcadon lachend. Vermisst habe sie eigentlich nur „cheesy chips“, mit Käse überbackene Pommes Frites. In England werde sie dafür das gute deutsche Brot vermissen – „und die Natur“.