
Für Luis Freitag (21) aus Frammersbach hatte es das Jahr 2024 in sich. Und 2025 hat für ihn vielversprechend begonnen. Hinter dem Fahrrad-Akrobaten liegt eine 2500 Kilometer lange Radtour: in 19 Tagen von Freiburg im Breisgau bis nach Marokko. 2024 hat er Mina kennengelernt, die jetzt seine Freundin ist. Kurz vor Weihnachten kam die Zusage einer privaten Schauspielschule in München für Herbst 2025.
Die Idee zur Fahrradtour mit seinem Cousin Jonathan Reinhart (22) aus Schweinfurt sei schon im Jahr zuvor entstanden. Mit Blick auf die Videos für Youtube und die Sponsoren sollte der Titel der Tour krass klingen, erklärt Rad-Profi Freitag beim Gespräch in einem Frammersbacher Café. So sei der Gedanke gekommen, einen anderen Kontinent anzupeilen und im Titel zu haben. Aufgrund eines beschränkten Zeitkontingents – für Reinhart begann am 7. Oktober das Semester in München – war Afrika so oder so naheliegend.
Wind und Schmerztabletten
Nachdem sie das Okay der Sponsoren hatten, starteten sie am 17. September in Freiburg im Breisgau. 2500 Kilometer in 19 Tagen – das macht im Schnitt Tagesetappen à rund 130 Kilometer. Die Route entlang der Rhône und anschließend hauptsächlich der Küste folgend ist kein Komfort-Weg. Davon kann man sich auf der Online-Video-Plattform Youtube ein Bild machen. Dort lässt sich die Tour in vier Teilen zu je einer Viertelstunde nachverfolgen.
Mal geht es auf einer mehr oder weniger befahrenen Straße lang, mal auf Feldwegen, steinigen Pisten, sandigem Untergrund und auch mal auf gepflegten Radwegen. Durch Freitags Drohnenaufnahmen ist die Strecke gut zu sehen. "In Spanien sind die Wege teils katastrophal", berichtet er. Aufgehalten habe auch Großstadtverkehr wie in Barcelona.
Gegenspieler waren außerdem Wind von vorn, Knieschmerzen und trotz Spätsommer Hitze, erzählt Freitag im Film wie im Café. Bei ihm hätten die Knieschmerzen nachgelassen, als er den Sattel höher gestellt habe. "Beim Freestyle-Mountainbiken habe ich den Sattel immer sehr tief. Aber für die Tour war das Fahrrad professionell eingestellt worden", berichtet Freitag. Für ihn habe es trotzdem nicht gepasst.
Den Knie- und Achillessehnenschmerzen seines Cousins standen sie ratlos gegenüber. "Was willst Du dann machen auf so einer Tour?" fragt Freitag auf den Hinweis, dass das Wort Schmerztablette in den Videos relativ häufig vorkommt. Bei Jonathan habe zwischenzeitlich sogar die Fortsetzung der Tour auf der Kippe gestanden.
Wenig Spielraum
Bis zur Hälfte der Strecke hatten sie ein Begleitfahrzeug. Freitags Vater hatte sich spontan entschieden, diesen Teil per Auto zurückzulegen. Allerdings transportierten die Jungs ihr Gepäck einschließlich Zelt, Kameras und Drohne in Taschen an ihre Fahrräder geschnallt. Der Tag, an dem Freitags Vater sich auf den Rückweg machen musste, war für Reinhart der Tag der Entscheidung: Er will durchhalten.
Durch den eng getakteten Zeitplan bleibt wenig Spielraum, die Etappen bei Beschwerden zu reduzieren. Treten sie kürzer, heißt es für den nächsten Tag, mehr Kilometer als geplant zurücklegen zu müssen. Kilometer sind das eine. Auch die Höhenmeter gehen in die Beine. 1000 Höhenmeter bei 100- bis 170-Kilometer-Tagesetappen sind keine Seltenheit.
Wie schafft man das, sich jeden Tag wieder für rund acht Stunden auf den Sattel zu setzen? Entsprechende Etappen hätten sie vorher nicht trainiert. "Wir sind ja an sich nicht unsportlich. Der Rest ist reine Kopfsache", sagt Freitag und lacht. An Tag 15 erzählt er in die Kamera: "Man bekommt nicht mehr so schnell Muskelkater." Je näher sie dem Ziel kommen, umso besser die Laune und Motivation.
Drei Kameras im Einsatz
Nur mit der Nahrungsaufnahme ist es so eine Sache: Wer selbst schon mal solche Etappen gefahren ist, weiß, wie gigantisch der Hunger ist. Doch Ende September sind – wie auf den Filmaufnahmen zu sehen ist – kaum noch Touristen unterwegs und dementsprechend etliche Restaurants auf den Campingplätzen bereits geschlossen. Da kommt jeder Kiosk und Supermarkt recht.
Am Ende stehen in der Bilanz auf dem Online-Tourenplaner Komoot 153:09 Stunden Fahrzeit, 2.505 Kilometer, eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 16,4 Kilometern pro Stunde, 12.660 Höhenmeter rauf und 12.950 Höhenmeter runter. Von Algeciras 60 Kilometer westlich von Gibraltar in Spanien ging es dann mit der Fähre nach Tanger-Medina in Marokko: Der afrikanische Kontinent ist erreicht. Luis Freitag strahlt in die Kamera. Für den Rückweg nach Deutschland stiegen sie ins Flugzeug.
Freitag, der über seine Freestyle-Akrobatik in Videos auf digitalen Kanälen berichtet, hatte nach eigenen Angaben drei Kameras im Einsatz. An die Hauptkamera angeschlossen waren die Mikrofone, die Reinhart und Freitag angeheftet hatten. So erfährt das Youtube-Publikum von den Startbedingungen am jeweiligen Tag, wo's wehtut und welche Streckenlänge geplant ist. Unterwegs gibt es Infos, wie's läuft.
Zur Nachrichtenlage gehört, dass sie meist schlecht geschlafen haben – mal wegen der Hitze, aber öfter, weil nach 100 und mehr Kilometern Strampeln Isomatte, Schlafsack und Zelt nur eingeschränkt zur Regeneration beitragen. Außerdem kommt heraus, dass sie nicht eben Frühaufsteher sind.
Stunt-Workshop und Gespräche
Auch wenn's wehtut, wird gewitzelt, geblödelt und sich Mut zugesprochen. Mit ihrem Lachen stecken sie an. Mit den Drohnenaufnahmen von wechselnden Landschaften zünden sie Fernweh. Wer allerdings gerne wüsste, wo gerade dieser Blick aufs Meer entstand, an welchem Fluss sie entlang fahren oder welche Strandpromenade sie gerade passieren, erfährt meist nur, dass es "geil" ist. "Es ging um die Kilometer", sagt Freitag entschuldigend. Und den Film.
Im Tour-Video ist Freitag er selbst. Ab Herbst wird er professionell lernen, in andere Rollen zu schlüpfen. Der 21-Jährige hat einen Platz an der privaten Schauspielschule Zerboni in München bekommen. Das hat viel mit bisherigen Videos zu tun: Zusammen mit Simon Büdel hat Freitag Filme wie "Catch me if you can", "Swimmingpool Take-over" und "Biker vs. Gangster" realisiert. Fahrrad-Akrobat Freitag ist darin vor allem der Action-Held, Büdel mehr Kameramann und Produzent. Als die Filme entstanden, studierte Büdel noch, baute aber schon seine Filmproduktionsfirma Cine Thrill auf.
Filmproduzent und gebürtiger Lohrer Hermann Joha (Action Concept) hatte sich im Sommer 2023 "Biker vs. Gangster" kurz vor der Premiere auf der Frammersbacher Skihütte angesehen. Weil er durchaus Potenzial sah, lud er die beiden spontan zu einem wenige Tage später geplanten Stunt-Workshop nach Hürth bei Köln ein.
Freitag war später noch einmal als Komparse beim Dreh für "Alarm für Cobra 11" in Köln. "Ich habe dort mit vielen Beteiligten gesprochen", erzählt Freitag. "Dadurch bin ich auf die Idee gekommen, mich an Schauspielschulen zu bewerben." Dass es ausgerechnet in München geklappt hat, freut ihn besonders, denn seine neue Freundin Mina aus Neuhütten arbeitet ebenfalls in München.

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