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Frammersbach
Ein Frammersbacher ist fasziniert vom Gewimmel am Himmel
Günther Weiß aus Frammersbach beobachtet für sein Leben gern Flugzeuge. Es werden immer mehr. Er hat dabei schon einige verblüffende Erkenntnisse gewonnen.
Dieses Bild mit rund 20 Kondensstreifen großer Flugzeuge über Lohr hat Dieter Daus im September 2018 von Sendelbach aus aufgenommen.
Foto: Dieter Daus | Dieses Bild mit rund 20 Kondensstreifen großer Flugzeuge über Lohr hat Dieter Daus im September 2018 von Sendelbach aus aufgenommen.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:07 Uhr

Der Frammersbacher Günther Weiß blickt täglich fasziniert aus dem Fenster, mitunter stundenlang. Der Flugverkehr am Himmel hat es ihm angetan. "Wenn du siehst, was da so alles rumfliegt – das kann man sich nicht vorstellen." Wie die Bienen kämen sie manchmal aus allen Richtungen, allein aus einem Fenster sehe er mitunter zehn gleichzeitig. Der 67-Jährige mit dem grauen Schnauzer sagt über seine schon Jahrzehnte alte Leidenschaft: "Jeder Mensch hat seine Spinnereien, ich spinne halt auf die Flugzeuge." Flugzeugspotting nennt sich auf Neudeutsch sein Hobby.

Meistens hat er den Blick gen Westen in Richtung Frankfurt gerichtet. Die winterliche Abendsonne, die dort untergeht, macht die Kondensstreifen der Flieger besonders gut sichtbar, lässt sie nachmittags golden leuchten. Auf dem Klo, dessen Fenster gen Westen zeigt, hat er außerdem seine Ruhe. Die weiteren Himmelsrichtungen kann er durch andere Fenster abdecken.

Mit seinem geübten Auge erkennt der 67-Jährige sofort jedes neue Flugzeug, das am Himmel auftaucht, auch wenn ein paar Wolken zu sehen sind. Er kann noch lange nach dessen Verschwinden die verblassenden Streifen erkennen. Im Frühjahr, wenn es kalt und klar ist, sehe man die Streifen am besten, sagt er. Der gelernte Zimmermann, der frühmorgens Zeitungen austrägt, hat als Rentner immer wieder Muße, zum Fernglas zu greifen.

"Jeder Mensch hat seine Spinnereien, ich spinne halt auf die Flugzeuge."
Günther Weiß über sein Hobby Flugzeugegucken

Weiß weiß durchaus Verblüffendes zu erzählen. Wenn etwa ein Flugzeug von der Sonne wegfliege und sie direkt dahinter stehe, könne man als dünnen schwarzen Strich dem Flieger dessen langen Schatten vorauseilen sehen. Während der Flieger nur ein Pünktchen sei, erstrecke sich der Strich über ganz Frammersbach hinweg. Wie ein negativer Kondensstreifen. Es gebe auch unterbrochene Kondensstreifen, womöglich durch Temperaturunterschiede, sowie zickzackförmige, die aussehen, als sei der Pilot besoffen – "Verwirbelungen", weiß der Frammersbacher.

Günther Weiß aus Frammersbach hat vor zwei Jahren spaßeshalber die Flugzeugbewegungen innerhalb einer Stunde auf einer Folie am Fenster festgehalten.
Foto: Annette Helfmann (Main-Echo) | Günther Weiß aus Frammersbach hat vor zwei Jahren spaßeshalber die Flugzeugbewegungen innerhalb einer Stunde auf einer Folie am Fenster festgehalten.

Besonders angetan hat es ihm der A380. "Du meinst, der bleibt stehen, der fliegt nicht", erzählt er. Er vermutet, weil der Airbus so groß ist. Er erkenne den Riesenflieger schon an seinem charakteristischen Summen. "Jede Maschine hat einen anderen Ton." Heutige Modelle seien generell leiser als ältere. Leicht zu erkennen sei durch seinen Buckel und sein Geräusch auch der Jumbo, die Boeing 747. Und Flugzeuge der ehemaligen Fluglinie Air Berlin habe er durch ihr rotes Heck immer gut erkannt.

Den Schwager am Himmel gesehen

Vor zwei Jahren hat er sich einmal die Mühe gemacht und eine Stunde lang auf einer transparenten Folie sämtliche Flugzeuge mit Kondensstreifen, die er aus dem Westfenster gesehen hat, aufgemalt. Was sich im Landeanflug auf Frankfurt befinde, sei so tief, dass es gar keine Streifen habe – solche Flugzeuge hat er bei seiner Zählung gar nicht berücksichtigt. Mit einem Pfeil vermerkte er die Flugrichtung, dazu schrieb er die Uhrzeit und die Anzahl der Triebwerke. Außer dem A380 und der 747 hätten sie eigentlich alle zwei Turbinen, erzählt Weiß. Er kam auf 45 Flugzeuge. Würde er es heute noch einmal machen, käme er bestimmt auf 60, so sehr sei das Flugaufkommen gestiegen, sagt er.

Im Internet gibt es Seiten, auf denen man schauen kann, welche Flugzeuge gerade wo unterwegs sind. Ob er das schon ausprobiert hat? Vor ein paar Jahren sei sein Schwager von Thailand nach Frankfurt geflogen, da habe er anhand der Flugnummer mit seiner Frau den Flug den ganzen Tag am Bildschirm verfolgt. Und als der Schwager dann im Landeanflug über Frammersbach geflogen ist, haben sie den Jumbo, in dem er saß, in echt über sich gesehen. "Du hast ganz genau gewusst: Das ist seine Maschine." Aber das mit dem Computer sei nichts für ihn. Er glaubt, dass er dann nur noch davor sitzen würde. Da schaue er lieber daheim aus dem Fenster.

"Das sind richtige Straßen in der Luft."
Günther Weiß über Flugrouten

"Ich hab schon immer gern Flugzeuge geguckt, schon als Kind", sagt er. Manchmal sehe man drei scheinbar parallel fliegen, dabei seien sie wohl auf verschiedenen Höhen. "Das sind richtige Straßen in der Luft." Er berichtet von Luftkorridoren bei Fulda und Coburg. Etwas mit Flugzeugen zu arbeiten, vielleicht als Pilot, sei für ihn trotz seiner Leidenschaft nicht in Frage gekommen. "Ich hab ja nur Volksschule." Früher sei das nicht so einfach gewesen.

Im Winter konnte er mit seinem geübten Blick seine Enkelin besonders beeindrucken. Es sei gerade dunkel gewesen und Vollmond, als er einen vom Mondlicht beschienenen Kondensstreifen eines Flugzeugs sah, das genau auf den Mond zuhielt. Er sagte ihr, dass der Flieger gleich in den Mond fliege und tatsächlich flog er "durch" den Mond. "Das war ein Bild für die Götter." Leider, bedauert er, hatte er in dem Moment keine Kamera parat.

 
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  • M. M.
    wie ist das eigentlich mit der Luftverschmutzung bei den Flugzeugen? Oder kontolliert das keiner! Flugverbote wären ja auch doof. Kondensstreifen sollten ja auch nur durch die Wärme/Kälte-Unterschiede da oben entstehen!
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  • C. H.
    Mit dem A380 hat er recht. Durch die schiere Größe wirkt das Flugzeug sehr langsam am Himmel. Aber auch die Flughöhe wird bei derartigen Maschinen regelmäßig unterschätzt, wie auch die Berichte in der MP zeigen. Während eine Boeing 737 keinerlei Aufmerksamkeit erregt, schafft es ein A380 oder eine B747 in die Medien. Bei gleicher Flughöhe. So erscheint ein A380 deutlich größer am Himmel als eine B737....obwohl letzere 2500m tiefer fliegt und man dadurch die Flughöhe falsch einschätzt.

    Der Airbus A380 ist übrigens durch sein einmaliges Flugbild sicher zu erkennen, die Form der Kondensstreifen direkt nach dem Flugzeug ist einzigartig. Eine B747 lässt sich aus der Entfernung dagegen sehr schwer von einem A340 (auch Vierstrahler!) unterscheiden, das gelingt erst bei Annäherung.

    Akustisch kann man den A380 gut erkennen, wie auch die Boeing 777, welche sehr aggressiv klingt.
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