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LOHR
Ein fragiles Schwert und prunkvolle Humpen
Roland Pleier
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:51 Uhr

Am Donnerstag wurden sie abgeholt: das Schwert aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, das Sandschöpfer 1962 nahe der Alten Mainbrücke aus dem Fluss geholt hatten, der Reichsadlerhumpen aus der Zeit um 1650 und ein original Kupferstich mit der Stadtansicht aus Lohr in etwa aus derselben Zeit. Die Exponate aus dem Spessartmuseum traten, gut verpackt, eine 400 Kilometer lange Reise nach Belgien an. Ein halbes Jahr lang werden die Leihgaben aus Lohr im Kulturzentrum des Schlosses Alden Biesen der Gemeinde Bilzen in der flandrischen Provinz Limburg zu sehen sein.

Sonderausstellung über die Grafschaft Loon

„Limburg zwischen Stab und Thron – 1000 Jahre Grafschaft Loon“ ist die Sonderausstellung überschrieben, die am 25. Oktober eröffnet wird. Barbara Grimm, die Leiterin des Spessartmuseums, wird dort den Landkreis Main-Spessart vertreten. Schließlich will sie auch wissen, wie die insgesamt 13 Exponate mit einem Versicherungswert von rund 118 000 Euro dort präsentiert werden.

Was aber bitteschön hat eine ehemalige Grafschaft in Flandern mit der Grafschaft Rieneck und Lohr zu tun? Es ist die gemeinsame Geschichte, die beide Regionen verbindet. Denn 125 Jahre lang, bis ins frühe 13. Jahrhundert hinein, wurden die beiden Grafschaften gemeinsam verwaltet. Die Grafen von Loon waren es, die sich im 11. Jahrhundert Gebiete in Franken erheirateten. Gesichert ist, dass Ludwig I. 1156/57 als erster den Titel „Graf von Loon und Rieneck“ trug. Noch heute zieren die rot-goldenen Balken die Wappen von 23 belgischen und 20 deutschen Orten – Lohr und Rieneck eingeschlossen.

Beide Häuser sind schon lange erloschen

Gemeinsam ist den beiden Grafschaften zudem das Ende. Das Haus Loon erlosch bereits 1336. 1559 starb dann mit Philipp III. auch der letzte Vertreter der Rienecker Grafen im Lohrer Schloss. 100 Jahre später jedoch findet sich auf dem Reichsadlerhumpen immer noch das Rienecker Wappen. Zudem tauchen die Frauen der Familien Loon/Rieneck „in fast allen Stammbäumen des mitteleuropäischen Hochadels auf“, verdeutlichte Grimm. Auch dies wird durch ein Exponat dokumentiert: Ein Kupferstich aus dem Jahr 1773 zeigt ein Fantasieporträt der Agnes von Loon, die laut Grimm „zur Stammmutter der Wittelsbacher und des bayerischen Königshauses wurde“.

Neben Kupferstichen von Lohr und Rieneck wird auch eine Kreidelithografie der Stadt Rothenfels mit der Rieneck'schen Burg aus dem Jahr 1835 entliehen. „Die Belgier haben kein einziges vollständig erhaltenes Schloss und keine Burg mehr“, erläuterte Grimm das besondere Interesse der Looner an diesen Exponaten.

Mit 13 Jahren schon verheiratet

Schließlich schickten die Lohrer auch noch sechs Pappkameraden mit auf die Reise: Sie zeigen Grabmale von Rieneckern, von denen drei in der Lohrer Stadtpfarrkirche zu finden sind. Einen kleinen Exkurs in die Geschichte kann sich Grimm dabei nicht verkneifen: Denn der erste in der Reihe, Thomas von Rieneck, steht neben seiner dritten Ehefrau, Katharina von Hanau. Diese hatte er geheiratet, nachdem seine ersten beiden Ehefrauen gestorben waren. Bei der Hochzeit im Jahre 1421 muss Thomas von Rieneck bereits über 60 Jahre alt gewesen sein, seine Gemahlin hingegen, Jahrgang 1408, war gerade mal ein Teenager von 13 Jahren.

Im Frühjahr 2019 kommen die Exponate dann wieder zurück – rechtzeitig zur Sonderausstellung „Von Flandern nach Franken. Die Grafen von Loon und Rieneck – Spuren aus 1000 Jahren“. Womöglich, so hofft Grimm, sind dann auch einige Leihgaben aus Flandern dabei.

Ein Detail des Reichsadlerhumpens. Mittendrin: Das Wappen von Reineck (Rieneck) mit den rot-gelben Balken.
Foto: Roland Pleier | Ein Detail des Reichsadlerhumpens. Mittendrin: Das Wappen von Reineck (Rieneck) mit den rot-gelben Balken.
Barbara Grimm, Leiterin des Spessartmuseums, zeigt den Reichsadlerhumpen aus der Zeit um 1650, der für eine Sonderausstellung nach Flandern entliehen wird.
Foto: Roland Pleier | Barbara Grimm, Leiterin des Spessartmuseums, zeigt den Reichsadlerhumpen aus der Zeit um 1650, der für eine Sonderausstellung nach Flandern entliehen wird.
 
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