Was für ein Fest der Sinne! Die Ballettabteilung des TSV Lohr feierte am Wochenende in der Egerberghalle in Birkenfeld ihr 30-jähriges Bestehen und 220 Mitglieder aus Kinder- und Jugendballett und der zehnköpfigen Erwachsenengruppe machten sich mit klassischen bis modernen Darbietungen selbst ein Geburtstagsgeschenk, das an Anmut, Eleganz und tänzerischer Perfektion kaum zu übertreffen war.
Der Abend stand unter dem Titel „Der Spiegel und seine Träume.“ Ihn honorierte ein restlos ausverkauftes Haus mit tosendem Applaus.
Den bezaubernden Auftakt gestalteten die kleinsten „Tanzmäuse“ im weißen Tutu aus der Bewegungsvorschule 6 zu Rolf Zuckowskis-Lied „Ich kenn' ein Haus.“ Im nachfolgenden Ensemble der Vorschule 5 A tanzte als einziger Junge der siebenjährige Simon Mund, mit Grazie. Die einzelnen Vorschulen präsentierten „Tanz der kleinen Schwäne“ von Tschaikowski aus Schwanensee, dessen „Tanz der Zuckerfee“ (Nussknackerballett), „Nussknackervariationen“ und den modernen Tanz „True love's first kiss“ von John Power. Ihnen folgten die Jahrgangsstufen 1 bis 4 mit herrlichen Beiträgen.
Welche intensive Arbeit hinter der Stufe 1 liegt, bewiesen die Tänzerinnen in „Song of the caged bird“ von Lindsey Stirling. Die Mädchen tanzen seit Beginn diesen Jahres erst auf Spitzenschuhen. Für Wahnsinnssoli sorgten die 18-jährige Caroline Schmidt aus der Mittelstufe und die Oberstufentänzerinnen Katrin Heimbach und Blanka Mantel. Bevor sie auf die Bühne traten, schloss Trainerin Cornelia Hoffmann sie in die Arme: „Keine Angst, euch kann nichts passieren!“
So führt die einstige professionelle Bühnen- und Balletttänzerin – mit fachlich perfekter und die menschlich ungemein sensibler Hand. Die drei jungen Frauen beherrschen die Arabesque oder die Attitude so mühelos wie die rasche peitschenartige Bewegung in der Fouetté.
Den umfangreichsten Part des Abends hatte Gabriele Ruf inne. Die 34-Jährige tanzt seit ihrem sechsten Lebensjahr. Sie ist Perfektionistin im besten Wortsinn. Balancen und Drehungen in sämtlichen Positionen scheinen ihr auf den Leib geschneidert. Eine rasante Pirouette gestaltet sie mit derselben Leichtigkeit, in der sie in die Kniebeuge Plié übergleitet.
Das Prädikat „hoch talentiert“ und eine perfekte Körperbeherrschung darf sich auch Maximilian Gärtner anheften. Der 22-Jährige kommt aus dem Hip Hopp und eroberte vor einem knappen Jahr die Ballett-Oberstufe mit Furore. Zum Augenschmaus pur, begleitet von nicht enden wollendem Beifall, gedieh das Pas de deux mit Gabriele Ruf im „Kusswalzer“ von Johann Strauß.
Große Freude am Tanzen strahlten auch die grazilen, harmonischen Bewegungen der 2001 gegründeten Frauenformation in ihrem Ballett Workout aus. Das „Grand Allegro“ bildete im Anschluss das Ende des ersten Programmteils. Den zweiten Teil leitete ein Solo von Gabriele Ruf ein.
Trotz anhaltender Hitze wirkte die Primaballerina wie auch das Ensemble, als könnten ihnen die Temperaturen nichts anhaben. Sie arbeiteten einen Blick in den Spiegel mit allen Facetten der Emotionen heraus. Da waren sie, die Träume, die Freude, die Liebe, auch die Zweifel, der Schmerz und die Zurückweisung, die ein Menschenleben prägen.
Nach dreieinhalb Stunden zollte das Publikum stehend Beifall. Ulla Menzel, Vorsitzende des TSV lobte: „Danke, ich bin stolz auf euch! Besser geht's nicht!“ Cornelia Hoffmann versagte für einen Augenblick die Stimme. Sie zeichnete als Trainerin, Choreografin und künstlerische Leiterin für die Galaveranstaltung verantwortlich. „Wir hatten Höhen und Tiefen, Tränen und Lachen über ein ganzes Jahr an Vorbereitung.“ Dann dankte sie denen, die einen Traum möglich gemacht haben: Allen voran Katrin Heimbach und Isabell Wölfel, beide Mitglieder der Abteilungsleitung. „Sie standen in der Planung und Ausführung der Jubiläumsveranstaltung Tag und Nacht an meiner Seite.“
Ihr Dank galt ebenso Marianne Drexler, die die Ballettabteilung 1984 mit einst 15 „Tanzmäusen“ ins Leben gerufen und auf sichere Füße gestellt hatte. 2002 übergab sie 150 Ballettmädchen an Hoffmann, die an der Staatlichen Ballettschule in Berlin ihre Ausbildung absolviert und an verschiedenen Theatern, darunter die Bayerische Kammeroper Veitshöchheim, Berufserfahrung gesammelt hat. Seit 1992 unterrichtet sie im TSV und hat seit 2000 die Abteilungsleitung inne. Heute macht die Abteilung die zweitgrößte im TSV Lohr aus.